Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER
Tierpatin Kerstin Askariaman schwärmt noch heute von ihrer ersten Begegnung mit Stute Bella: „Als ich sie zum ersten Mal sah, war es gleich um mich geschehen – sie hat so eine sanfte, ruhige Ausstrahlung.“ Askariaman reiste aus Lübeck zur Jubiläumsfeier im Tierschutzzentrum Weidefeld an, um wieder einmal ihren Schützling zu besuchen und sich mit anderen Paten auszutauschen. „Es ist wie eine Oase“, sagt die Patin. Bella und die anderen Tarpane, zurückgezüchtete Urpferde, gehören zu den ersten Bewohnern des Tierschutzzentrums, das 2003 offiziell eröffnet wurde. Heute leben zeitgleich stets rund 300 Tiere auf dem 13 Hektar großen Gelände – von ehemaligen Mastschweinen, über beschlagnahmte Affen und Papageien bis hin zu Tierheimhunden, die im Umgang problematisch sind. Sie alle wurden aus einer Notsituation gerettet und erhalten hier eine zweite Chance.
„Bis heute haben wir mehr als 4.600 Wild- und Haustiere aufgenommen, versorgt und ihnen vorübergehend oder dauerhaft eine artgerechte Bleibe gesichert“, sagt Leiterin Dr. Katrin Umlauf. „Dass dies möglich war, ist auch den zahlreichen Tierfreunden zu verdanken, die unsere Arbeit mit ihren Spenden und Patenschaften ermöglichen.“ Damit die zahlreichen Unterstützer sich selbst einen Eindruck der bundesweit einzigartigen Einrichtung verschaffen konnten, öffnete das Zentrum für seine zweitägige Jubiläumsfeier die Pforten: Während am ersten Tag mehr als 100 Paten empfangen wurden, kamen tags darauf mehr als 1.000 interessierte Besucher zum Tag der offenen Tür.
Nachdem Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, die Gäste begrüßt hatte, konnten sie an Führungen über das Gelände teilnehmen und die tierischen Bewohner aus nächster Nähe sehen. Minipig Herr Bert und dessen Kumpel, Wildschwein Simbo, zum Beispiel freuten sich über Leckerbissen und posierten fröhlich grunzend für Fotos, die die Besucher als Andenken für zu Hause machten. Dr. Umlauf und die Tierpfleger informierten die Gäste dabei nicht nur über ihren Arbeitsalltag und die besonderen Bedürfnisse der tierischen Bewohner, sie schilderten auch, wie sich das Zentrum im Laufe der Jahre entwickelt hat. „1995 hat der Deutsche Tierschutzbund dieses 13 Hektar große Gelände erworben – davor gehörte es der Bundeswehr, die hier Munition in Bunkern gelagert hatte.“ Der Verband richtete damals als Erstes eine Seevogelrettungsstation ein: „Hierfür gab es einen akuten Anlass: Nach einem Ölunfall auf der Nordsee nahmen wir 330 verölte Seevögel auf“, schildert Dr. Umlauf. Nach und nach zogen immer mehr Haus- und Wildtiere auf das Gelände, so kamen seit der offiziellen Eröffnung auch weitere Behausungen hinzu – zuletzt die Reptilienstation mit überdachter Freianlage für Schildkröten.
„Leider hat die Zahl der Reptilien in Tierheimen stark zugenommen“, schildert Dr. Rusche. Viele Halter wüssten nicht, wie sie zum Beispiel Schlangen und Bartagamen richtig halten, und seien schnell überfordert, so die Vizepräsidentin. „Allerdings sind auch die meisten Tierheime auf Hunde und Katzen ausgerichtet und nicht auf Reptilien. Im Tierschutzzentrum Weidefeld haben Tierheimmitarbeiter aber die Möglichkeit, sich im Bereich der Reptilienhaltung fortzubilden.“ Gerade weil es diese Schulungsangebote gibt, auch für die Haltung anderer Tierarten, sei das Zentrum wegweisend für Tierschutzvereine.
Ohnehin ist Weidefeld eine anerkannte Ausbildungsstätte: „Wir haben 19 Tierpfleger zu Gesellen ausgebildet, fünf davon wurden als Beste ihres Jahrgangs geehrt“, berichtet Dr. Umlauf stolz. „Ein Projekt, das mir besonders am Herzen liegt, ist das Lissi Lüdemann-Haus“, ergänzt die Leiterin. „Hier haben wir insgesamt 63 Hunde stationär und weitere 57 Gasthunde temporär aufgenommen.“ Tierschutzvereine haben nämlich auch die Möglichkeit, Problemhunde in Begleitung einer Betreuungsperson für einen bestimmten Zeitraum nach Weidefeld zu bringen. Gemeinsam wird ein Therapieplan erarbeitet und es wird aufgezeigt, wie mit den schwierigen Vierbeinern weitertrainiert werden kann.
Dank vieler Helfer des Deutschen Tierschutzbundes, seines Landesverbandes Schleswig-Holstein, des Shanty-Chors Kieler Förde, der Tierärztin Heike Madsen und der Freiwilligen Feuerwehr Kappeln-Olpenitz erwartete die Gäste auch ein gelungenes Rahmenprogramm. Kinder konnten nicht nur an einer Rallye teilnehmen, im „Bunker der Sinne“ lernten sie auch, wie Tiere ihre Umwelt wahrnehmen. Carolin Ostendarp, die in Weidefeld ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolviert, hatte den Bunker neu hergerichtet und einen Parcours zum Sehen, Hören, Tasten und Riechen geschaffen.
Demnächst erhält Weidefeld erneut Zuwachs: „Wir planen großzügige Gehege für drei Braunbären und zwei Kragenbären, die aus dem Anholter Bärenwald nach Weidefeld umsiedeln sollen“, verrät Dr. Umlauf. „Da kommt noch viel Arbeit auf uns zu, aber wir freuen uns, den Bären eine gute Unterkunft geben zu können.“