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Geld oder Tierschutz?

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Geld oder Tierschutz?

Ferkel leiden unter der schmerzvolle Entfernung der Hoden. Es wäre ein Armutszeugnis, wenn die Politik die Tiere weiter leiden ließe.

  • Autor: Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes

Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes

Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes

Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie weh es tut, wenn ohne Betäubung Samenstränge durchtrennt und Hoden entfernt werden. Darum steht auch im Tierschutzgesetz, dass die betäubungslose Ferkelkastration Anfang nächsten Jahres endlich verboten sein soll. Alternativen gibt es bereits länger, dennoch ist das Geschrei nun groß. Es bestehe, so die zuständige Ministerin Klöckner, ein hohes Bedürfnis der Branche, weiterhin chirurgisch zu kastrieren und dies dem Landwirt zu ermöglichen – womit maximal eine unzureichende lokale Betäubung einhergeht. Anderenfalls, so argumentiert die Branche, sei die internationale Wettbewerbsfähigkeit dahin, die Ferkelproduktion würde ins Ausland abwandern.

Das Bundesverwaltungsgericht in Kassel hat zudem festgestellt, dass die Haltung von Sauen in Kastenständen gegen geltendes Recht verstößt, weil diese zu klein sind und den Sauen die per Verordnung geforderte Bewegungsfreiheit verwehren. Neue Haltungssysteme zu bauen, so die Betroffenen, führe zum Ruin der Betriebe.

Auch das Abschneiden der Schwänze bei Schweinen ist seit Jahren europaweit verboten und dennoch gängige Praxis. Schweine mit langen Schwänzen brauchen mehr Platz, doch Platz ist Geld. Ob es den Tieren in der Landwirtschaft gut geht, ist also „nur“ eine Frage des Geldes. Oder anders: Wie viel Tierschutz den Tieren zugutekommt, richtet sich nicht nach ihren Bedürfnissen – also den Fakten –, sondern liegt in der Hand der Politiker. Die sind jetzt in einem Dilemma. Die Entscheidung für Geld statt für den gebotenen Tierschutz verbietet sich eigentlich in einem Land, das ein Staatsziel Tierschutz verabschiedet hat. Schmerzhafte Eingriffe wieder zuzulassen, ist mit unserer Verfassung nicht vereinbar.

Es ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, wenn unseren Politikern nichts anderes einfällt, als Tiere für Geld weiter leiden zu lassen, obwohl sie es besser wissen. Wo bleibt der Ruck, der durch die Reihen geht und den Kopf frei macht für bessere Lösungen?

Bildrechte: Deutscher Tierschutzbund e. V.