Im Einsatz für die Tiere
Helden des Tierheimalltags

Taubenschutz mit Vorbildfunktion

Im Einsatz für die Tiere
Helden des Tierheimalltags

Taubenschutz mit Vorbildfunktion

Tauben sind aus unserem Stadtbild nicht wegzudenken und polarisieren wie kaum ein anderes Tier. Zu Unrecht leiden sie unter einem schlechten Image und werden vielerorts mit grausamen Mitteln bekämpft. Dass es auch einen tierfreundlichen Weg gibt, die Taubenbestände zu regulieren, beweist der Tierschutzverein Augsburg und Umgebung seit rund 25 Jahren.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

„Wir müssen gut zu den Tauben sein, und ihnen statt mit Gewalt auf freundliche Art und Weise begegnen“ – Sabina Gaßner, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Augsburg und Umgebung, ist überzeugt, dass tiergerechte Lösungen Taubenbestände viel besser regulieren als jegliche Vergrämungs- und Tötungsaktionen. Sie spricht aus Erfahrung, denn bereits seit 25 Jahren betreibt der Verein, der dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossen ist, erfolgreiches Taubenmanagement. Heute gelten die Stadt Augsburg als Vorreiterin und das sogenannte Augsburger Modell als wegweisend für zahlreiche weitere Städte und Kommunen. Während Stadttauben unter einem schlechten Image leiden und Verantwortliche oft versuchen, sie mit spitzen Metallstäben auf Simsen und Dächern, Netzen, Jagdmethoden oder Gift aus den Zentren fernzuhalten, beweist das Augsburger Modell, dass es besser geht: Im gesamten Stadtgebiet wurden seit 1996 13 Taubenschläge und -häuser eingerichtet, die überwiegend von ehrenamtlichen Helfern des Tierschutzvereins Augsburg betreut werden. Die Idee ist, die Taubenbestände zu kontrollieren, indem ihre Eier durch Attrappen ausgetauscht werden. Hierfür werden die Vögel in Taubenschlägen angesiedelt, wo sie bessere Nistmöglichkeiten sowie artgemäßes Futter finden und versorgt werden. Und wenn sie einmal einen Taubenschlag als neues Zuhause ausgewählt haben, bleiben die standorttreuen Tiere meistens dort, sodass es weniger zu Konflikten mit Menschen kommt. „Das Ziel ist nicht, die Tiere auszurotten, sondern ein friedliches Miteinander zu ermöglichen“, betont Gaßner.

Wenn Tauben einmal einen Taubenschlag als neues Zuhause ausgewählt haben, bleiben die standorttreuen Tiere meistens dort.

Zusammenarbeit zwischen Stadt und Tierschützern

Etabliert wurde das Konzept von dem inzwischen verstorbenen Tierschützer Rudolf Reichert. Nachdem die Stadt Augsburg in den 1990er Jahren für Aufregung sorgte, als sie die Tauben erschießen ließ, setzte Reichert sich für sie ein und überzeugte die damalige Stadtverwaltung von seiner tierschutzfreundlichen Idee. Als Heinz Paula den Vorsitz des Tierschutzvereins Augsburg übernahm, übergab Reichert das Projekt an den Verein. „Unser Modell hat sich vor allem in den historischen Bauten der Altstadt und im umliegenden Areal bewährt. Dort finden die Tiere heute ein engmaschiges Netz an Taubenschlägen vor“, so Gaßner. „Obwohl es in der Augsburger Innenstadt viel Tourismus und Außengastronomie gibt, stellen die Tauben kein Problem dar, weil sie attraktivere Alternativen haben – das erspart Konflikte, Reinigungskosten und Tierleid.“ Die meisten Menschen merken es nicht einmal, dass im unmittelbaren Umkreis mindestens tausend Tauben leben, schildert die Tierschützerin. Anders dagegen sei die Situation am Hauptbahnhof. „Dort hält die Deutsche Bahn an Vergrämungsmethoden fest. Das Ergebnis: Es leben hier zahlreiche Tauben, von denen einige krank und verletzt sind, und die Menschen fühlen sich von ihnen gestört“, sagt Gaßner. Die Vertreter der Stadt hingegen standen dem Projekt von Beginn an aufgeschlossen gegenüber, sodass auch in mehreren Verwaltungsgebäuden Taubenschläge eingerichtet wurden. Sie seien erleichtert, dass die Vögel die Fassaden und die Altstadt deutlich weniger mit Kot verschmutzen und somit weniger Kosten für die Reinigung anfallen. „Da die Mitarbeiter der Stadt zudem Beschwerden und Anfragen rund um die Tauben an uns weiterleiten können, sind sie entlastet“, so Gaßner. Zum Beispiel wenden sie sich an den Tierschutzverein, wenn etwa eine Brücke saniert werden muss und dieser die dort lebenden Tauben vorher umsiedeln soll. Ohnehin plädiert der Verein dafür, dass Bauherren und Städteplaner die Tiere schon bei anstehenden Baumaßnahmen berücksichtigen, damit unerwünschte Nistplätze gar nicht erst entstehen.

Im gesamten Stadtgebiet haben die Augsburger Tierschützer und die Stadt Augsburg 13 Taubenschläge eingerichtet. Ehrenamtliche Helfer besuchen diese mehrmals pro Woche.

Ehrenamtliche Helfer sind unentbehrlich

Einen Taubenschlag zuverlässig zu betreuen, sei das A und O, berichtet Gaßner. Viele Menschen würden glauben, dies sei eine öffentliche Aufgabe – aber das ist nicht der Fall. „Ein solches Projekt ist nicht möglich ohne unsere ehrenamtlichen Helfer. Sie kontrollieren mindestens dreimal pro Woche, ob die Tiere genügend Futter und Wasser haben und tauschen die Eier gegen Attrappen aus. Außerdem prüfen sie, ob die Vögel krank oder verletzt sind und päppeln sie dann im Tierheim auf.“ Einmal pro Monat säubern die Tierschützer gründlich die Unterkünfte. „Zusätzlich haben wir eine hauptamtliche Teilzeitkraft, die die Helfer anleitet, Begehungen für passende Standorte durchführt und Aufklärungsarbeit leistet“, erläutert die Geschäftsführerin. Generell spiele die Aufklärungsarbeit eine wichtige Rolle– eine oft mühsame Aufgabe, die sich aber lohne. „Stadttauben werden für so vieles beschuldigt, aber wenn man die Menschen beständig informiert, führt das mindestens dazu, dass sie die Tiere akzeptieren.“

Mehr Respekt für Tauben

Wie liebenswert, intelligent und sozial Tauben sind, zeigen die Helfer und Tierpfleger des Tierschutzvereins auch den Besuchern im Tierheim Augsburg und auf dem Gut Morhard – ein Gnadenhof sowie Bildungs- und Begegnungszentrum, dessen Träger der Tierschutzverein ist. „Hier erleben sie, was für unterschiedliche Charaktere die Tauben haben und dass es sowohl schüchterne als auch mutige, neugierige und vorwitzige gibt“, schildert Gaßner. „Viele Menschen verlieren dann die Scheu vor den Tieren und den Ekel, der den meisten heutzutage antrainiert wird.“ Genau das ist es, was sie und ihre Mitstreiter sich wünschen: Dass die Tiere nicht mehr verteufelt werden und jeder ihnen Respekt entgegenbringt. „Die großen Taubenpopulationen sind schließlich ein menschengemachtes Problem, denn Stadttauben sind Nachkommen entflogener Haustauben – wir sind für sie verantwortlich.“

#RespektTaube

  • Mit seiner Kampagne #RespektTaube ruft der Deutsche Tierschutzbund zu einem respektvolleren Umgang mit Stadttauben auf. Online finden Sie weitere Informationen rund um dieses Thema.
    tierschutzbund.de/taubenschutz
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Bildrechte: Artikelheader: Pixabay – Zainuzzaman Abdul Samad (Taube); Fotos: Fred Schöllhorn (fliegende Tauben, Taubenschlag)