Hinter den Kulissen
Feuersalamander

Unter die Haut

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Feuersalamander

Unter die Haut

Der gefährliche Hautpilz Bsal hat in den Niederlanden beinahe die komplette Population der Feuersalamander ausgelöscht. Ohne menschliche Hilfe droht hierzulande dasselbe Schicksal, denn auch in Deutschland mehren sich die Infektionen unter den prächtigen Amphibien.

  • Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER

Zwangsläufig haben wir alle in den zurückliegenden Monaten mehr über die Ausbreitung von Infektionskrankheiten erfahren, als wir uns dies je hätten vorstellen können. Während das Virus SARS-CoV-2 die Welt in Atem hält, beschäftigt der Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal) vorwiegend Biologen und Tierschützer. Obwohl Bsal bereits seit 2013 wissenschaftlich beschrieben ist und binnen kürzester Zeit tötet, ist seine Bekanntheit eher gering, da er seine verheerende Wirkung nicht bei Menschen, sondern vorwiegend bei Feuersalamandern entfaltet. Seine Opfer leben meist nachtaktiv und für uns im Verborgenen. Breitet sich der Pilz weiter aus, dürfte die Chance auf eine Sichtung der prächtigen Amphibien trotz ihrer auffälligen gelben Flecken auf dem schwarzen Körper bald gegen Null gehen. Denn wie schnell die Krankheit ein Massensterben verursachen kann, zeigt sich am dramatischen Verlauf in den Niederlanden. Dort hat der Pilz seit 2008 99,9 Prozent der dortigen Population infiziert und ausgelöscht. Auch in Deutschland ist er längst angekommen und wurde hierzulande erstmals 2015 in einer Privathaltung von Salamandern und Molchen in Hessen nachgewiesen. Schon damals erachteten Tierschützer diesen Fall als sehr bedenklich, weil die Tiere in einer Freilandanlage gehalten wurden. Das erhöhte die Gefahr einer Übertragung auf heimische Wildbestände deutlich. Mittlerweile sind über 70 Fälle im Ruhrgebiet, der Eifel und in Bayern bekannt. In ganzen Talzügen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gilt der Feuersalamander bereits als verschwunden. Die Dunkelziffer unerkannt gebliebener Fälle dürfte weitaus höher liegen.

Gefahr durch vielfältige Übertragungswege

„Amphibien gehören ohnehin zu den weltweit am stärksten bedrohten Wirbeltiergruppen. Die Gefahr einer weiteren Ausbreitung dieser tödlichen Krankheit in ganz Deutschland und Europa ist real und akut“, sagt Patrick Boncourt, Referent im Tierschutzzentrum Weidefeld des Deutschen Tierschutzbundes. Doch was macht den Pilz so gefährlich? Bsal wird von Tier zu Tier übertragen, kann sich aber auch über schwimmfähige Sporen im Wasser ausbreiten oder verkapseln und so über längere Zeiträume, beispielsweise im Waldboden, überleben. Auf diesen Übertragungswegen kann er an andere Träger wie Wild, Vögel oder Menschen, Schuhe und Fahrzeuge anhaften. „Für Menschen ist der Hautpilz zwar ungefährlich, aber sie tragen zu einer schnellen Verbreitung über größere Strecken bei“, berichtet Boncourt. Ist ein Feuersalamander infiziert, weist er häufig kreisförmige Verletzungen der Hautoberfläche und Geschwüre darunter auf, die von Bakterien besiedelt werden. Trägheit und Appetitlosigkeit sind ebenfalls mögliche Symptome der Infektion, die bei den Tieren meist innerhalb von zwei Wochen zum Tod führt. Auch andere Salamander- und Molcharten sind anfällig für den Pilz, der beispielsweise schon zu Todesfällen bei Bergmolchen geführt hat. Im Gegensatz zum Feuersalamander überleben die meisten Arten eine Infektion jedoch, dienen aber als Träger und Infektionsquelle.

Handel mit lebenden Tieren riskiert Ausrottung

Eine Studie hat ermittelt, dass Bsal auch in den privaten Haltungen deutscher Züchter verbreitet ist. „Im Gegensatz zu den wilden Populationen, die dem Pilz wehrlos ausgeliefert sind, hat sich gezeigt, dass Tiere in menschlicher Obhut je nach Art und Herkunft teils symptomfrei bleiben oder mithilfe von Antibiotika oder einer Temperatur-Therapie behandelt werden können“, erläutert Boncourt. Dennoch gilt die private Haltung als ernstzunehmende Gefahrenquelle für die Bestände wilder Feuersalamander. „Bsal stammt ursprünglich aus Asien und wurde über den Lebendtierhandel nach Europa eingeschleppt“, sagt der Experte. Dies zeige mal wieder, welches Risiko der Handel mit lebenden Wildtieren berge. „Er kann Krankheitserreger unerkannt eintragen, die das heimische Ökosystem gefährden und im schlimmsten Fall ganze Populationen ausrotten“, so Boncourt.

Auf einen Blick

  • Feuersalamander erreichen eine Körpergröße von bis zu 20 Zentimetern. Damit gehören sie hierzulande zu den größten Schwanzlurchen. Laut Bundesnaturschutzgesetz und Bundesartenschutzverordnung gelten sie als „besonders geschützt“.
  • Mit seinem auffälligen Muster schreckt der Feuersalamander Feinde ab und signalisiert ihnen, dass er giftig ist. Tatsächlich ist dies kein Bluff, sondern er besitzt am Rücken Giftdrüsen, die auch größere Tiere vergraulen können.
  • Die Tiere sind nachtaktiv. Tagsüber ziehen sie sich meist in kleine Höhlen, unter Steine, Wurzeln oder Laub zurück. Ihre Larven setzen sie im Wasser ab, zum Beispiel in Bächen oder kleinen Teichen.

Ein Großteil importierter Tiere ist für den europäischen Heimtiermarkt bestimmt. Für Privathalter nicht-heimischer Wildtiere besteht keine Pflicht, einen Sachkundenachweis zu erwerben. „Darum verhalten sich viele Halter bei der Quarantäne von eingeführten Tieren oder deren Hygiene beim täglichen Umgang nachlässig.“

Importe verbieten

Bereits 2016 hat sich der Deutsche Tierschutzbund gemeinsam mit anderen Naturschutzverbänden an das Bundesumweltministerium gewendet und Sofortmaßnahmen gegen die tödliche Pilzinfektion gefordert – geschehen ist fast nichts. „2018 hat die EU eine Verordnung erlassen, die lediglich schärfere Quarantänebestimmungen für importierte Salamander vorschreibt. Den erwünschten Effekt hat dies nicht gebracht, und mittlerweile ist sie bereits nicht mehr in Kraft. Es braucht endlich ein sofortiges Importverbot für Amphibien, um weitere Verbreitungsmöglichkeiten einzudämmen.“ Außerdem fordert der Verband eine strenge Regulierung des Wildtierhandels. Denn Deutschland ist EU-weit der größte Importeur und Absatzmarkt für lebende Wildtiere. Während es hierzulande grundsätzlich verboten ist, heimische Wildtiere einzufangen, dürfen Jäger und Händler Tierbestände in Asien, Afrika und Lateinamerika für den Heimtiermarkt in Deutschland plündern. Hier verkaufen sie so hunderttausende wildgefangene Reptilien, Amphibien, Fische und Säugetiere legal und ohne Einschränkung – sogar vom Aussterben bedrohte Arten. Aus Sicht des Tierschutzes ist nicht nur der Handel, sondern auch die Entnahme von Wildtieren aus der Natur grundsätzlich zu untersagen.

Bildrechte: Artikelheader: AdobeStock – Vlasto Opatovsky (Salamander); Foto: Pixabay – Andreas Glöckner (Salamander hochkant)