Hinter den Kulissen
Interview

„Greifvögel brauchen dringend eine Lobby“

Hinter den Kulissen
Interview

„Greifvögel brauchen dringend eine Lobby“

Im Interview berichtet Axel Hirschfeld, Sprecher des Komitees gegen den Vogelmord, über die Arbeit des Vereins, dessen genauen Ziele und den Kampf gegen Wilderer.

  • Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER

Axel Hirschfeld, Sprecher des Komitees gegen den Vogelmord

Wofür steht das Komitee gegen den Vogelmord?

Das Komitee ist seit seiner Gründung im Jahr 1975 auf die Bekämpfung von Vogelwilderei und Artenschutzkriminalität spezialisiert. Im Vordergrund stehen dabei Aktionen und Kampagnen zum Schutz von Zugvögeln im Mittelmeerraum. Ein zentrales Instrument sind dabei unsere Vogelschutzcamps, an denen jedes Jahr mehr als 150 Freiwillige und Aktivisten teilnehmen. Parallel dazu setzen wir uns auch hier in Deutschland für einen besseren Schutz unserer Vogelwelt ein, etwa durch unsere Kampagne gegen die illegale Greifvogelverfolgung durch Taubenzüchter und verantwortungslose Jäger.

Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Arbeit?

Grundsätzlich geht es uns darum, dass bestehende Gesetze zum Schutz von Wildvögeln – allen voran die Europäische Vogelschutzrichtlinie – vor Ort auch umgesetzt und überwacht werden beziehungsweise darum, dass Verstöße angemessen bestraft werden. In Italien, Zypern und Malta arbeiten wir zum Beispiel eng mit lokalen Behörden und der Forstpolizei zusammen, um so viele Vogelfänger und Wilderer zu überführen wie möglich. In Deutschland überwachen unsere Teams unter anderem Habichtfangkörbe und stellen Strafanzeigen gegen Vogelhändler, die illegal gefangene Singvögel als angebliche Nachzuchten verkaufen. Gleichzeitig müssen bestehende Schutzvorschriften ständig gegen die Interessen der Jagdlobby und mit ihr verbandelte Politiker verteidigt werden.

Wie genau sieht Ihr Engagement für den Schutz von Greifvögeln aus?

In Deutschland betreiben wir mit unserer Erfassungs- und Dokumentationsstelle Greifvogelverfolgung und Artenschutzkriminalität – abgekürzt EDGAR – ein bundesweites Monitoring aller bekannt gewordenen Fälle von Vergiftung, Abschuss, Fang oder illegalem Handel mit Greifvögeln. Durch unsere Recherchen und Strafanzeigen konnten in den letzten Jahren mehr als 90 Täter überführt und zu teilweise hohen Geldstrafen verurteilt werden. Parallel dazu kämpfen wir im Libanon und auf Malta gegen die illegale Jagd auf Schreiadler, Wespenbussarde, Weihen und andere Arten.

Wie gelingt es Ihnen, Täter sogar selbst zu überführen?

Durch intensive Recherchen und das Sammeln von Beweisen vor Ort. Darunter fällt auch das teilweise tagelange Überwachen von Fallen und Giftködern sowie der Einsatz von Kameras. Mit den so erstellten Beweisen wird dann Strafanzeige erstattet. Details sind Betriebsgeheimnis.

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Was wünschen Sie sich von Behörden und Politik?

Von den Behörden erwarten wir, dass die dort für den Artenschutzvollzug zuständigen Personen kompetent sind und genügend Zeit und Ressourcen haben, die von uns und anderen Stellen angezeigten Fälle zu bearbeiten. Leider ist dies nicht immer der Fall. Von Politikern wünschen wir uns, dass sie sich konsequent für den Schutz unserer Artenvielfalt einsetzen und dabei nicht auf die Wählerstimmen von Jägern, Taubenzüchtern und anderen Interessengruppen schielen. Leider sind diese Gruppen sehr stark und verhindern immer wieder, dass Schonzeiten ausgeweitet oder bessere Bestimmungen zum Tierschutz umgesetzt werden.

Wie kann jeder Einzelne zum Schutz von Greifvögeln beitragen?

Greifvögel wie der Habicht haben keinen guten Ruf und brauchen dringend eine Lobby. Wer sich in seinem Umfeld dafür einsetzen kann, dass sich das ändert, sollte das unbedingt tun. Außerdem rufen wir alle Naturfreunde dazu auf, bei Spaziergängen die Augen offen zu halten und verdächtige Fallen, Köder oder tote Greifvögel an uns zu melden beziehungsweise selbst Anzeige bei den Behörden zu erstatten.

Bildrechte: Artikelheader: Pixabay – TheOtherKev (Greifvogel); Foto: Komitee gegen den Vogelmord (Porträt)