Autor: Bernd Pieper, Geschäftsführer Kommunikation beim Deutschen Tierschutzbund
Frau Dr. Mackensen, die Pelzindustrie befindet sich global auf dem absteigenden Ast. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Nachdem die Pelzproduktion für lange Zeit eine Wachstumsindustrie war, kam es vor einigen Jahren zu einer jähen Umkehr. China hat die Produktion nahezu halbiert. In 14 von 27 EU-Staaten ist Pelztierzucht mittlerweile verboten. Weltweit laufen Gesetzesvorhaben, um die Produktion entweder strenger zu regulieren oder zu verbieten. In Kalifornien und einigen Städten der USA ist es mittlerweile sogar verboten, mit Pelz zu handeln.
Was sind die Gründe für diese Entwicklung?
Da spielen mehrere Faktoren zusammen. Zunächst der Tierschutz: Die grausamen Bilder aus den Pelzfarmen sind eindrücklich und lassen keine Chance, irgendetwas schön zu reden: Füchse und Nerze in engen Gitterkäfigen, verletzte Tiere, Vergasungen in kleinen Kammern. Dann der Umweltaspekt: Die Qualität der Böden, von Trinkwasser und Luft in den betroffenen Regionen leidet enorm, in Polen etwa sind in der Nähe von Farmen die Grundstückspreise massiv gesunken. Und dann spielten und spielen zwei Seuchen eine große Rolle, Vogelgrippe und insbesondere Corona. In der Europäischen Union waren auf mehr als 400 Nerzfarmen in zehn Staaten Tiere mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert.
Mit enormen Folgen …
Ja, alleine in Dänemark mussten 15,7 Millionen Nerze getötet werden. Vor Corona waren Pelze dort ein enorm wichtiges Exportgut. Nach dem zwischenzeitlichen Verbot haben dort lediglich zwölf von einstmals 1.200 Farmen den Betrieb wieder aufgenommen. Pelztierzucht ist wirtschaftlich unattraktiv geworden, ist auch als Beschäftigungsfaktor zu vernachlässigen. Die meisten Farmer*innen züchten Pelztiere im Nebenerwerb, im Schnitt sind weniger als drei Personen auf einer europäischen Pelzfarm beschäftigt.
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Wie ist die Situation in Deutschland?
Bei uns wurde die letzte Nerzfarm Anfang 2019 geschlossen. Es gibt zwar kein Komplettverbot, doch die Farmen haben aufgrund strengerer Vorgaben die Produktion eingestellt.
Welchen Anteil haben Nichtregierungsorganisationen wie der Deutsche Tierschutzbund an dieser grundsätzlich positiven Entwicklung?
Einen nicht zu verachtenden. Die Mitglieder der Fur Free Alliance arbeiten seit Jahren gut zusammen, sind sehr produktiv und unterstützen sich gegenseitig mit Infos und Materialien.
Die europäische Bürger*inneninitiative „Pelzfreies Europa“ hat mehr als 1,5 Millionen Unterschriften gesammelt, jetzt muss sich die EU-Kommission mit dem Thema befassen. Was erwarten Sie von der Kommission?
Ein klares Bekenntnis zu einem baldigen Pelzfarmverbot in Europa.
Bildrechte: Artikelheader: Oikeutta eläimille (Marderhund); Foto: Deutscher Tierschutzbund e.V. (Porträt)