Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Der diesjährige Pat*innentag im Tierschutzzentrum Weidefeld des Deutschen Tierschutzbundes lief seit etwa einer Stunde, als plötzlich Jutta und Raju Sharma vor Tierpfleger René Schleyer standen. Er hatte vor dem Lissi Lüdemann-Haus zu diesem Zeitpunkt schon viele Fragen zu den hilfsbedürftigen und problematischen Hunden beantwortet, die dort therapiert werden, als er kurz stutzte. Dann erkannte er die Zwei und die Wiedersehensfreude war groß. Denn das Ehepaar Sharma unterstützt das Hundeprojekt des Tierschutzzentrums nicht nur bereits seit 13 Jahren durch eine Patenschaft und war dort oft zu Gast. Es hatte sich auch just ein Jahr zuvor beim Pat*innentag 2022 in die 14-jährige Hündin Micky verliebt und sie kurz darauf adoptiert. Die Mischlingshündin war damals kurz nach Kriegsbeginn in der Ukraine aus dem Tierschutzzentrum Odessa des Deutschen Tierschutzbundes evakuiert worden. „Sie heißt jetzt Molly, und es geht ihr richtig gut bei uns“, berichtete Jutta Sharma zur Freude von Schleyer. „Das ist eine Geschichte, die auch mich sehr berührt. Für jedes Tier aus der Ukraine, das wir vermitteln konnten, insbesondere für die Hundeseniorin, freut es mich ungemein“, sagte Dr. Katrin Umlauf, Leiterin des Tierschutzzentrums.
Umlauf war es auch, die mit Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, den schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsminister Werner Schwarz, Kappelns Bürgermeister Joachim Stoll und die 189 Patinnen und Paten in Weidefeld begrüßte – 20 Jahre nach der offiziellen Eröffnung des Tierschutzzentrums. „Ein herzliches Willkommen Ihnen, die Sie uns unterstützen, teils jahrelang begleiten und teilweise weite Wege auf sich genommen haben.“ Stolze 900 Kilometer hatten etwa Chiara Boss und Pirmin Schneider zurückgelegt. Doch die Fahrt aus Albstadt in Baden-Württemberg bis an die Ostsee „war es definitiv wert“, so Boss. Sie ist seit 2019 Patin des Waschbären Tobi und konnte ihn und seine fünf Artgenossen erstmals persönlich in dem aufwendig strukturierten Gehege beobachten. Sie habe bewusst den Tierschutz fördern wollen, online das Tierschutzzentrum entdeckt, sich gezielt für ein Wildtier entschieden und fühle sich bestätigt: „Die Haltung aller Tiere hier gefällt mir sehr gut, besonders die vielen Rückzugsmöglichkeiten im Vergleich zu Zoos. Hier steht das Wohl der Tiere wirklich an erster Stelle.“ Auch das vegane Kuchenbuffet begeisterte sie: „Dieses Rundumkonzept zeigt, dass wirklich alle Tiere gleichermaßen zählen.“
Auf dem gesamten Gelände konnten sich die Patinnen und Paten in Ruhe umsehen. Wohin man blickte, suchten sie das Gespräch mit den Tierpfleger*innen, um mehr über die Schicksale, Bedürfnisse und Eigenheiten der Tiere zu erfahren. Andere machten es sich auf Campingstühlen oder im Gras gemütlich, um das jeweilige Pat*innentier in Ruhe zu beobachten. Auch Markus Post aus Bochum nahm sich viel Zeit an der Bärenanlage, wo er seinen Schützling, die Braunbärin Maya, ausgiebig fotografierte. „Bären sind einfach eine Tierart, die mir ganz besonders zusagt“, berichtete er. Darum spende er seit 2019 für sie und ihre Versorgung. Post staunte auch bei seinem zweiten Besuch nach 2022 über die zwei Hektar große Bärenanlage. „Es ist beeindruckend, wie weitläufig sie ist und dass sich die Tiere hier so natürlich und artgerecht wie möglich bewegen und verhalten können“, sagte der Pate, der zudem das Team lobte. „Sie kennen sich richtig gut aus, sorgen toll für die Tiere und nehmen sich enorm viel Zeit für unsere Fragen.“
Beeindruckt zeigte sich auch Minister Schwarz, der neben der Vielfalt der versorgten Tiere und der Bildungsarbeit die Resozialisierung der Hunde lobte. „Oft liegt der Fehler am Ende der Leine, nicht am Anfang.“ Die auffälligen Tiere in Weidefeld stammen oft aus nicht tiergerechter Herkunft oder müssen aufgrund des früheren Umgangs mit ihnen erst lernen, dass sie Menschen vertrauen können. Das ist auch ein Grund, warum Familie Sharma das Hundeprojekt fördert. „Ich bin Jurist und weiß, wie wichtig Resozialisierungsangebote für Menschen sind. Umso tragischer ist es, dass auffällige Hunde oftmals eingeschläfert werden, obwohl man ihnen helfen kann, wie wir hier eindrucksvoll sehen“, berichtete Raju Sharma. Wie er verließen am Nachmittag durchweg glückliche Besucher*innen das Gelände – sie alle konnten sich davon überzeugen, welch einzigartige Einrichtung sie in Weidefeld unterstützen. Zum Abschied bedankte Schröder sich bei ihnen: „Ohne Ihre Hilfe hätten wir hier kein einziges Tier retten können“, so der Präsident, dessen Stimmung zum Jubiläum gemischt war: „Wir freuen uns, 20 Jahre Weidefeld feiern zu können. Aber es ist auch ein weinendes Auge dabei, weil wir heute eher mehr gebraucht werden als weniger.“
Bildrechte: Artikelheader: Deutscher Tierschutzbund e.V. – Kristina Steiner (Wildschweine); Fotos: Deutscher Tierschutzbund e.V. – Kristina Steiner (Schwein, Rundgang, Rede Podium 2 x, Ziege); Deutscher Tierschutzbund e.V. (Pat*innen 3x, Waschbär, Bär)