Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Während wir unseren Haustieren das Leben im Sommer zumindest etwas erleichtern und sie dadurch schützen können, müssen sich Wildtiere in diesen Monaten oder in besonders heißen Regionen der Erde selbst helfen. Denn wie bei uns Menschen kann eine Überhitzung schnell gefährlich werden und im Ernstfall gar tödlich enden. „Bis zu einer gewissen Toleranzgrenze, die von Art zu Art unterschiedlich ist, nutzen Tiere ganz unterschiedliche Strategien, um sich gegen die Auswirkungen extremer Hitze zu schützen“, berichtet Katrin Pichl, Referentin für Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Manche schwitzen oder hecheln, andere werfen ihr Winterfell ab, finden Abkühlung im nächstgelegenen Gewässer oder suchen sich schattige Plätzchen. Dafür hat das Afrikanische Borstenhörnchen einen besonderen Trick. Denn dieses nutzt einfach seinen buschigen Schwanz, um sich selbst etwas Schatten zu spenden. Damit ist es nicht allein, da einige Tierarten Tricks und körperliche Mechanismen entwickelt haben, die weit über diese bekannten und teils auch von Menschen angewandten Techniken hinausgehen.
Elefanten gehören zu den Tieren, die keine Schweißdrüsen haben. Darum baden sie gern und viel, suhlen sich in matschigen Wasserlöchern und bespritzen sich dank ihres langen Rüssels selbst mit Wasser, und Schlamm oder pusten Staub auf ihre Körper. Darüber hinaus nutzen sie auch ihre großen und relativ dünnhäutigen Ohren, um sich abzukühlen. Denn mit denen können sie fächern. Dabei geht es weniger um den Wind, mit dem sie sich ihre Schultern abkühlen könnten. „Vor allem können sie auf diese Weise bei Hitze mehr Blut durch das erweiterte Gefäßnetz in den Ohren pumpen. So geben sie Wärme ab und transportieren das kühlere Blut wieder zurück in den Körper“, berichtet Pichl. Außerdem können Elefanten bei steigenden Temperaturen Wasser durch ihre Haut verdunsten lassen. Das kühlt ebenfalls ab. Wissenschaftler*innen gehen davon aus, dass die Haut Afrikanischer Elefanten auch darum dicker und faltiger als die der Asiatischen ist, damit ihre Haut das verdunstete Wasser in ihren trockeneren und heißeren Lebensräumen besser halten kann.
Groß- und Zwergflusspferde haben ebenfalls keine Schweißdrüsen, weshalb sie sich bevorzugt im Wasser abkühlen. Zusätzlich produzieren sie aber auch noch den sogenannten Blutschweiß, um sich gegen die knallende Sonne zu schützen. „Dabei handelt es sich um eine zähe Substanz, mit der sie ihre Haut einölen, feucht halten und sie gleichzeitig gegen Bakterien schützen“, sagt Pichl. Seinen martialischen Namen hat das Sekret durch seine Farbe erhalten. In der Sonne verfärbt es sich, und daher hatten Forscher*innen einst vermutet, dass die Nilpferde Blut schwitzen.
Extreme Temperaturen betreffen auch Tiere im vermeintlich kühlen Nass. Einige unter ihnen haben ebenfalls faszinierende Lösungen entwickelt. Ein Beispiel ist der Afrikanische Lungenfisch. Wenn dessen Lebensräume wie Seen, Teiche, Bäche oder Sümpfe während der Trockenzeiten zu verschwinden drohen, gräbt er sich in den Schlamm ein. „Dabei bilden die Tiere eine Schleimschicht, die sie vor dem Austrocknen schützt, atmen nur durch ein kleines Atemloch und reduzieren ihren Stoffwechsel auf ein Minimum“, sagt Pichl. In diesem Zustand können Afrikanische Lungenfische Monate oder sogar Jahre ausharren. In der Regel reichen ihnen ihre eigenen Energiereserven dafür aus. Sie magern zwar ab, werden aber nach und nach aktiv, sobald der Regen die Gewässer wieder auffüllt.
Selbst Insekten werden zu wahren Akrobaten, wenn die Hitze zu groß wird. Eine Schwarzkäferart etwa, die in der Namib-Wüste in Namibia und Angola zu Hause ist, überlebt auch bei widrigen Bedingungen, indem sie sich früh morgens mit Tautropfen erfrischt. Das macht sie aber nicht irgendwie. „Die Schwarzkäfer positionieren sich in einer Art Kopfstand. So können sich die Tropfen an ihnen sammeln. Dann laufen sie wiederum an ihrem Panzer, der speziell geformt und mit Wachs beschichtet ist, hinab. So gelangen sie direkt zu ihrem Mundwerkzeug“, erläutert Pichl.
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Es ist bemerkenswert, welche Wege Tiere weltweit gefunden haben, um sich auf große Hitze oder lange, kalte Winter einzustellen. Dies hat evolutionsbedingt jedoch über sehr lange Zeiträume stattgefunden. Anders verhält es sich aktuell. Die Auswirkungen des Klimawandels, durch die viele Regionen der Erde schnell heißer und trockener werden, stellen auch die Tierwelt vor immense Herausforderungen. „Ihre Lebensräume, die durch den Raubbau an der Natur ohnehin schon knapp sind, schwinden weiter und es dürfte für sie immer schwieriger werden, Nahrung und geeignete Rückzugsorte zu finden“, schildert Pichl. Tiere sind flexibel und entwickeln oft neue Strategien, indem sie sich anders verhalten, in andere Regionen abwandern oder äußere Merkmale verändern. Zugvögel verändern Routen und Lebensräume. Und nicht immer fällt es den Tieren leicht, sich in einer neuen Umgebung anzupassen. „Die Forschung etwa beobachtet, wie temperaturempfindlich Fische in den Ozeanen reagieren und ihre Wanderrouten oder Lebensräume verlagern. Dabei ist dies aber nicht ohne Weiteres ein gleichwertiger Ausgleich, denn oftmals benötigen sie ein sehr fein abgestimmtes Zusammenspiel verschiedener Voraussetzungen, um sich erfolgreich fortzupflanzen“, sagt die Expertin. „Wenn Fische an bestimmten Orten laichen, dann in der Regel, weil dort alle Bedingungen passen.“ Dazu gehören etwa Strömungen, die die Jungtiere transportieren oder möglichst große Mengen an Plankton und anderen Leibspeisen. Wenn die Fische abwandern, weil die Gewässer, in denen sie bislang gelaicht haben, zu warm werden, finden sie anderenorts möglicherweise geeignete Temperaturen vor, aber nicht unbedingt die anderen notwendigen Voraussetzungen. Wohlmöglich sind ihre Wanderwege auch durch unser menschliches Handeln versperrt. Zudem können sie in ihren ursprünglichen Gebieten fehlen, wenn sie dort etwa als Nahrung für andere Tiere dienten. Um den Fischen, aber auch all den anderen Tieren dieser Welt zu helfen, sind wir alle gefragt, den Klimawandel zu verlangsamen: Politik, Wirtschaft und Verbraucher*innen. Setzen wir uns alle gemeinsam für die Tiere und unsere Erde ein, ist es noch nicht zu spät.
Bildrechte: Artikelheader: Pixabay - Stefan Niess (Käfer); Fotos: Pixabay - Udo (Nilpferd), Kevin Phillips (Elefant)