Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Weltweit gibt es über 570 Rattenarten. Hierzulande leben jedoch nur die Haus- oder Dachratte und die Wanderratte. Von Letzterer stammen auch die heutigen Heimtierratten ab (siehe auch V wie Vorfahren).
Ratten sind ausgezeichnete Kletterer, lieben aber auch das Buddeln. Halter*innen können ihnen eine Freude machen, wenn sie ihnen aus einfachen Pappkartons oder einer Katzentoilette eine Buddelkiste basteln. Als Füllung eignen sich Kleintiereinstreu, Papierschnipsel, zerknülltes Küchenpapier oder entstaubte Hobelspäne, in denen die Nager noch lieber wühlen, wenn sich in der Tiefe Leckerbissen verstecken.
Chemikalien sind nicht die einzigen Stoffe, für deren Zulassung unzählige Ratten und viele andere Tiere noch immer in Versuchslaboren leiden und sterben. Auch Arzneimittel, Schädlingsbekämpfungsmittel oder gentechnisch veränderte Pflanzen erfordern in Deutschland und anderen Ländern nach wie vor gesetzlich vorgeschriebene Tierversuche, die belegen sollen, ob sie gefährlich sind. Manche dieser Tierversuche, die für „Unbedenklichkeitsprüfungen“ oder „Sicherheitsprüfungen“ durchgeführt werden, wurden schon in den 1940er Jahren entwickelt. Ob ihre Ergebnisse auch wirklich relevant für den Menschen sind oder Verbraucher*innen schützen? Das wurde damals nicht überprüft. Solche Tierversuche müssen aus diesem und vielen weiteren ethischen und biomedizinischen Gründen verboten werden. Stattdessen könnten wir schon heute viele durch modernere, tierleidfreie Methoden ersetzen und weitere sind bereits in der Entwicklung. Mehr unter tierschutzbund.de/tierversuche
Ratten markieren nicht nur ihr Revier mit Urin (mehr unter R wie Revier), sondern auch Mitglieder ihrer Gruppe. Wenn sie übereinander klettern, benetzen sie sich damit. So können die Tiere ihre Artgenossen mit ihren feinen Nasen schneller erkennen und reagieren andererseits aggressiv, wenn ihnen der Geruch von Eindringlingen fremd erscheint.
Ratten sind Allesfresser. Doch sie ernähren sich vorwiegend vegetarisch. Dabei fressen sie bis zu zwölf Mahlzeiten pro Tag – den überwiegenden Teil davon am Abend und in der Nacht. Sie benötigen also über den Tag verteilt mehrere kleine Mengen Futter, nicht eine große Portion. In der freien Natur verbringen sie viel Zeit mit der Futtersuche, darum ist es auch in privater Haltung sinnvoll, dass die intelligenten Tiere etwas für ihr Futter tun müssen. Halter*innen können es beispielsweise im Gehege verstecken. Als Grundfutter dient ihnen im Gegensatz zu Meerschweinchen und Kaninchen kein Heu, sondern eine für Ratten geeignete Trockenfuttermischung. Ein Drittel der Tagesration sollte zudem aus Gemüse, frischem Grün und Obst bestehen. Daneben brauchen sie ein- bis zweimal pro Woche auch tierisches Eiweiß in Form von Mehlwürmern, Quark, Joghurt, Käse oder hart gekochten Eiern. Wie genau Rattenhalter*innen ihre Tiere füttern sollten, lesen Sie im Buch „Kleine Heimtiere – Artgerechte Haltung im Tierheim und zu Hause“.
Weil Ratten nachtaktiv sind, sind ihre Augen sehr lichtempfindlich. Sie können zwischen Hell und Dunkel unterscheiden und Bewegungen erkennen, ihre Farbwahrnehmung ist jedoch schlechter als unsere. Die kleinen Nager können Grün, Gelb, Orange und Rot nicht unterscheiden. Andere ihrer Sinne funktionieren aber umso besser (siehe auch D wie Duftsignale oder O wie Ohren).
Ratten sind überaus soziale Tiere. Sie fühlen sich nur in der Gruppe mit ihren Artgenossen wohl. Die Einzelhaltung ist trotz einer engen Verbindung zum Menschen tierschutzwidrig. Am besten adoptieren Rattenfans drei bis sechs Weibchen oder kastrierte Männchen.
Hülsenfrüchte gehören zu den Gemüsesorten, die Ratten nicht vertragen. Das gilt beispielsweise auch für Auberginen, Avocados, Lauch, rohe Kartoffeln oder Zwiebeln. Die Bandbreite an Grünfutter, Gemüse, Obst, Zweigen und Eiweißquellen, die Ratten vertragen und mögen, ist aber groß. Allein die Liste der Leckereien unter dem Buchstaben H ist mit Heidelbeer- und Himbeerblättern, Heidelbeeren, Himbeeren, Haselnusszweigen, Heimchen, Heuschrecken, Hundekuchen (selten), Hüttenkäse und Haselnüssen mit Schale beachtlich. Halter*innen tun ihren Schützlingen stets etwas Gutes, wenn sie sie abwechslungsreich verpflegen (siehe E wie Ernährung). Detaillierte Infos enthält das Buch „Kleine Heimtiere – Artgerechte Haltung im Tierheim und zu Hause“.
Ratten sind sehr intelligent. Das hat in Verbindung mit ihrer Anpassungsfähigkeit dazu beigetragen, dass sich die Nagetiere nahezu auf der ganzen Welt ausbreiten konnten. Sie folgen uns Menschen und leben in unserer Nähe, weil sie um die Vorteile wissen. Da sie klug sind, gut lernen, sehr sozial sind und sich schnell vermehren, sichern sie ihre Bestände und konnten bislang auch alle Versuche von Menschen überstehen, die sie verfolgten und verfolgen. Denjenigen, die eine unerwünschte Ratte im Haus haben, empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund, sie in eine Lebendfalle zu locken und diese täglich zu kontrollieren. Haben Sie das Tier eingefangen, setzen Sie es möglichst mehrere Kilometer entfernt von Gebäuden aus, etwa am Waldrand, wo es Wurzeln und Büsche als Unterschlupf vorfindet. Sonst könnte es instinktiv zurückkehren.
Junge Ratten sind nach der Geburt nackt, taub und blind. Es dauert etwa zwei Wochen, bis die winzigen Ratten ihre Augen öffnen und die Umgebung erkunden. Nach etwa drei Wochen säugt die Mutter ihre Jungen nicht mehr, hält die enge Bindung zu ihrem Nachwuchs aber mindestens noch zwei weitere Wochen aufrecht.
Ratten brauchen viel Platz, Abwechslung und Möglichkeiten zum Klettern. Darum sollte ein geeignetes Gehege für eine vierköpfige Rattengruppe mindestens 100 Zentimeter breit, 50 Zentimeter tief und 120 Zentimeter hoch sein. Mehrere Etagen gehören ebenso dazu wie ein erhöhter, ruhiger und zugfreier Standort sowie täglicher Auslauf in einem rattensicheren Zimmer. Worauf genau Sie bei der Haltung achten sollten, lesen Sie im Buch „Kleine Heimtiere – Artgerechte Haltung im Tierheim und zu Hause“. Handwerklich geschickte Hobbytüftler*innen können ein Gehege auch selbst bauen, sollten sich dabei aber über die geeigneten Materialien informieren.
Ratten leben überall dort, wo Menschen ihnen Unterschlupf und Nahrung bieten. Das kann in feuchten Lebensräumen wie Kellern und Kanälen, aber auch in Ställen, Scheunen oder Lebensmittelbetrieben sein. Meist leben sie im Untergrund, wo sie weit verzweigte unterirdische Gangsysteme anlegen. Vor allem in Großstädten locken Essensreste im Müll oder in der Kanalisation die Tiere an.
Ratten und Mäuse scheinen sich äußerlich ähnlich, dürfen aber auf keinen Fall zusammengehalten werden. Die beiden Arten konkurrieren nicht nur um Nahrung, Ratten können Mäuse sogar verletzen und töten.
Ratten brauchen ständig geeignetes Nagematerial wie Äste, Rinde oder Nüsse mit harter Schale. Denn ihre vier Schneidezähne wachsen ihr Leben lang. Wenn sie sich nicht beim Fressen und Nagen abreiben, kann das für die Ratten sehr schmerzhaft sein. Das kann so weit führen, dass die Tiere trotz gefülltem Napf verhungern.
Ratten hören in einem Frequenzbereich von bis zu 80 Kilohertz. Dadurch hören sie auch Ultraschalllaute, die uns Menschen verborgen bleiben, und kommunizieren in diesen Höhen miteinander.
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Weibliche Ratten sind das ganze Jahr „polyöstrisch“. Das bedeutet, dass sie mehrere hintereinander wiederkehrende Zyklen haben. Alle vier bis fünf Tage sind sie für zehn bis 18 Stunden paarungsbereit. Daher ist es ratsam, Weibchen in Gruppen mit kastrierten Männchen zu halten.
Leider zählen viele Zuchtformen von Ratten zu Qualzüchtungen. Dazu gehören beispielsweise rotäugige Ratten. Ihre Netzhäute werden bereits geschädigt, wenn die Tiere wenig Licht ausgesetzt sind. Dumboratten haben zwar übergroße Ohren, hören aber vermutlich nicht sehr gut. Denn damit die Ohren so tief sitzen, ist ihr Gesichtsschädel unnatürlich entwickelt. Aus Tierschutzsicht handelt es sich auch bei sogenannten Fat Rats um Qualzuchten. Die genetisch bedingt fettleibigen Tiere leben kürzer, können sich schlechter putzen und leiden oft unter Herz-Kreislauf-Beschwerden.
Ratten markieren ihr Revier mit stark riechendem Urin. Darüber sollten sich Halter*innen im Klaren sein und den gesamten Käfig regelmäßig gründlich mit heißem Wasser reinigen. Da sich die Tiere über den Geruch orientieren, ist es besser, nicht alles auf einmal zu reinigen oder beispielsweise Teile der benutzten Einstreu zurückzuhalten. Weil die Nager ihre Laufwege ebenfalls mit Urin markieren, empfiehlt es sich, ihnen den täglichen mehrstündigen Auslauf auch in leicht zu säubernden Räumen wie dem Badezimmer oder in immer neuen Bereichen von Wohnung oder Haus zu ermöglichen, die mit Tüchern abgedeckt sind..
Der vermeintlich nackte lange Schwanz schreckt viele ab, die Angst vor Ratten haben. Dabei ist er ein ausgesprochen vielseitiges Körperteil. Mit ihm können die Tiere beim Klettern balancieren und ihre Körpertemperatur regulieren. Zudem sieht er nur unbehaart aus. Denn in den Zwischenräumen der kleinen Schuppenreihen wachsen kleine Tasthaare. Mit diesen können sich die Tiere im Dunkeln orientieren. All dies ist schwanzlosen Tieren wie den Manx-Ratten nicht möglich. Zudem haben sie oftmals eine deformierte Wirbelsäule und Koordinationsstörungen (mehr unter Q wie Qualzucht).
Die meisten Ratten, die Tierheime in ihre Obhut nehmen, landen dort, weil die Besitzer*innen ihre Haltung, schnelle Fortpflanzung, Versorgung und Pflege unterschätzt haben. Gerade im Zuge der Coronapandemie geraten die Tierheime ans Limit und können kaum noch kleine Heimtiere aufnehmen. Diejenigen Halter*innen, die sich in Zeiten von Homeoffice und Schulunterricht in den heimischen vier Wänden unüberlegt Ratten – aber auch Hunde, Kaninchen und Co. – angeschafft haben, geben die Tiere nun ebenso schnell wieder ab: Weil Kinder und Erwachsene die Lust an ihnen verlieren, sie die Möbel annagen, Urin verspritzen oder viel mehr Platz benötigen als angenommen. Daher ist es einerseits wichtig, dass sich alle, die Tiere möchten, im Vorfeld immer gut überlegen, ob sie auch langfristig in das eigene Leben passen. Und wenn die Entscheidung zugunsten der Haustiere, beispielsweise Ratten gefallen ist, sollte die Suche am besten immer zuerst im Tierheim beginnen. Was die Einrichtungen leisten und wie Sie sie dabei unterstützen können, lesen sie unter tierheime-helfen.de.
Ratten bereiten im Alltag große Freude, wenn wir sie in der Wohnung beobachten. Als Urlaubsbegleiter sind sie hingegen nicht geeignet. Darum ist es wichtig, sich schon vor ihrer Adoption zu überlegen, wer die Tiere während eines Urlaubs – oder im Krankheitsfall – pflegen und versorgen kann.
Die Vorfahren aller domestizierten Farbratten, die heute als Haustiere gehalten werden, stammen von der Wanderratte ab. Sie war ursprünglich in Ostasien beheimatet und hat ihrem Namen alle Ehre gemacht, als sie von dort über die Handelswege des Mittelalters in alle Welt auswanderte.
Der Wurf einer Ratte kann aus bis zu 20 Jungtieren bestehen. Üblicherweise sind es aber sechs bis zwölf.
Ratten neigen wie Mäuse, Goldhamster, Meerschweinchen und weitere kleine Heimtiere bei falscher, zu zuckerhaltiger Ernährung zur Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus). Bei alten Ratten ist dies oft an einer getrübten Hornhaut oder häufigem Trinken und Urinieren zu erkennen. Da die Zuckerkrankheit nur durch eine Urin- oder Blutprobe festzustellen ist und betroffene Ratten nicht praktikabel mit Insulin zu behandeln sind, brauchen die Tiere eine zucker- und stärkearme Diät.
Bildrechte: Artikelheader: Pixabay – sapphoris (Ratte in Häuschen); Fotos: Barbara Maurer (weiße Ratten); Pixabay – Christine McCall (wilde Ratte), Karsten Paulteick (graue Ratte, weiße Ratte dahinr), Kira (Ratte auf Kürbis), Silvia (Ratte auf zwei Beinen); Deutscher Tierschutzbund e.V. (Rattenkäfig); Deutscher Tierschutzbund e.V. Wirosaf (graue Ratte von oben auf Streu); stock.adobe.com – alberto (Stier); Unsplash - Oxana Golubets