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Die Küken ziehen wieder den Kürzeren

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Die Küken ziehen wieder den Kürzeren

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts enttäuscht: Obwohl es gegen das Tierschutzgesetz verstößt, dürfen Küken weiterhin millionenfach getötet werden – zumindest bis es alternative Methoden gibt.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Etwa 45 Millionen männliche Küken müssen
hierzulande jährlich nach dem Schlüpfen sterben.

Eine ungeheuerliche Zahl. Grund für das Massentöten: Konventionelle Brütereien haben keinen Nutzen für die kleinen Hähne, da die auf Höchstleistung gezüchteten Tiere ganz auf die Produktion von Eiern ausgerichtet sind und kaum Fleisch ansetzen – somit werden die „wertlosen“ männlichen Küken vergast. Dass diese Methode nicht mit dem Tierschutzgesetz und dem Staatsziel Tierschutz vereinbar ist, hat das Bundesverwaltungsgericht Leipzig im Juni klargestellt. Wirtschaftliche Interessen seien demnach „für sich genommen kein vernünftiger Grund“, der laut Tierschutzgesetz aber gegeben sein muss, um einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen. Dieses Signal lässt hoffen, dass die Agrarindustrie zukünftig nicht mehr wie bisher Tiere quälen und töten darf, um Kosten zu sparen.

Da das Gericht aber keine Frist festlegte, ab wann genau diese Praxis verboten wird, geht das massenhafte Kükentöten erst mal weiter. Die Richter gaben an, dass die Geschlechterbestimmung im Ei ohnehin „in Kürze“ serienreif werde – deshalb wollen sie den Brutbetrieben nicht zumuten, zuerst auf die Aufzucht männlicher Küken und kurz darauf auf ein alternatives Verfahren umzustellen. Bis es tatsächlich so weit ist, wird es aber noch länger dauern. Geprüft werden verschiedene Verfahren: Bei der endokrinologischen Methode, die das Bundeslandwirtschaftsministerium unter anderem fördert, ist es anhand einer Flüssigkeitsprobe des Embryos möglich, das Geschlecht zu ermitteln. Da die Eier dann aber bereits acht bis zehn Tage bebrütet werden, kann niemand ausschließen, dass der Embryo Schmerzen empfindet.

In konventionellen Betrieben werden männliche Küken nach dem Schlüpfen getötet.

In konventionellen Betrieben werden männliche Küken nach dem Schlüpfen getötet.

Die Hochleistungszucht beenden

Der Deutsche Tierschutzbund ist daher für ein anderes Verfahren: „Kurzfristig gesehen sollte die spektroskopische Methode vorangetrieben werden – eine spezielle Laser-Technologie, die schon am vierten Bruttag angewandt wird“, so Mareike Petersen, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund. „Die Alternative der Geschlechterbestimmung im Ei sollte aber nur eine Übergangslösung sein – langfristig wäre es am besten, wenn die Agrarbranche zu Zweinutzungshühnern zurückkehrt und zugleich mehr Menschen Eier durch pflanzliche Alternativen ersetzen würden.“ Anders als bei den Hochleistungsrassen würden solche Hühner sowohl Eier legen als auch genügend Fleisch ansetzen. „Die Zucht auf Höchstleistung und damit verbundene Tierschutzprobleme sind ohnehin das eigentliche Problem“, sagt Petersen. Die Rückkehr zu Zweinutzungshühnern könnte die Bundesregierung schon jetzt vorantreiben.

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