Tierschutz leben

Abschied nehmen

Tierschutz leben

Abschied nehmen

Wenn der eigene Hund, die Katze oder das Pferd todkrank sind, ist das für jeden Halter schwer zu akzeptieren. Niemand möchte seinen treuen Begleiter gehen lassen. Doch leider kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem Tierbesitzern nichts anderes übrig bleibt, als loszulassen und Abschied zu nehmen. DU UND DAS TIER zeigt, welche Möglichkeiten Sie in dieser schmerzvollen Zeit haben.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Dr. Esther Müller hat die Urne ihres Pferdes Delano im Garten ihrer Eltern beigesetzt.

Dr. Esther Müller hat die Urne ihres Pferdes Delano im Garten ihrer Eltern beigesetzt.

Delano hat Dr. Esther Müller 25 Jahre lang durchs Leben begleitet – von der Schulzeit über das Studium bis hin zum Berufsleben hat die Geschäftsführerin Wissenschaft und Referentin für Pferde beim Deutschen Tierschutzbund jeden Tag Zeit mit ihrem Wallach verbracht. Doch Anfang dieses Jahres wurde ihr bewusst: Sie muss sich von ihrem geliebten Pferd verabschieden. „Ihm ging es bis ins hohe Alter sehr gut, doch plötzlich ging es rapide bergab“, schildert Müller. „Er konnte zum Beispiel nicht mehr alleine aufstehen, sodass wir ihn jeden Tag mit mehreren Leuten auf die Beine stellen mussten. Außerdem wollte er nicht mehr rausgehen oder fressen – er war einfach nicht mehr dasselbe Pferd und sein Lebenswille schien nicht mehr vorhanden.“ Im Februar fasste sie schließlich schweren Herzens den Entschluss, das 32-jährige Tier einschläfern zu lassen.

Der letzte Gang zum Tierarzt

Vor genau diesem Moment fürchten sich wohl alle Tierhalter. Doch leider wird früher oder später jeder von ihnen mit der Situation konfrontiert, in der dem Tier nicht mehr zu helfen ist und es an der Zeit ist, Abschied zu nehmen. Die Entscheidung, ob ein Tier eingeschläfert werden soll oder nicht, trifft letztendlich nicht der Tierarzt, sondern der Besitzer. „Der Tierarzt muss natürlich prüfen, ob es einen vernünftigen Grund für diesen Schritt gibt, und sollte dann dem Besitzer helfen, eine Entscheidung zu fällen“, erläutert Dr. Moira Gerlach, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Dieser Punkt sei zum Beispiel erreicht, wenn es dem Tierarzt unwahrscheinlich erscheint, dass das Tier schmerzfrei oder zumindest mit erträglichen Schmerzen weiterleben kann. „Abhängig von der Lebenserwartung prüft der Tierarzt unter anderem, ob weitere Therapiemöglichkeiten sinnvoll sind und welche Belastungen damit verbunden wären.“

Wenn Tiere wie dieser Hund noch Lebensfreude ausstrahlen, ist das ein gutes Zeichen.

Wenn Tiere wie dieser Hund noch Lebensfreude ausstrahlen, ist das ein gutes Zeichen.

Ganz entscheidend sei auch, wie viel Lebensfreude das Tier noch im Alltag ausstrahlt, sagt Gerlach. „Wenn zum Beispiel ein betagter Hund sich nicht mehr wie früher über Streicheleinheiten freut und weder Appetit noch Energie zeigt, ist das leider ein schlechtes Zeichen.“ Nicht nur Tierhalter tun sich mit dieser Einschätzung schwer: „Auch für einen Tierarzt ist es nicht immer einfach, die Lebensqualität eines Tieres zu beurteilen“, weiß Gerlach. „Er sieht das Tier nur in der Praxis und muss sich in vielerlei Hinsicht auf die Aussagen der Besitzer verlassen.“ Wer ein Tier ohne vernünftigen Grund einschläfert, würde sich selbstverständlich strafbar machen.

Bei chronisch kranken Tieren könne es hilfreich sein, wenn Besitzer eine Art Tagebuch führen, in dem sie das Verhalten ihres Schützlings dokumentieren. „Hier sollten sie ein besonderes Augenmerk auf die Aktivität und die Motivation ihres Tieres legen – möchte zum Beispiel der Hund oder die Katze regelmäßig fressen und rausgehen? Auf diese Weise können Halter auch besser einschätzen, ob sich der Zustand verschlechtert hat.“

Der richtige Zeitpunkt

Ob Hund, Katze, Kaninchen oder Pferd – jedes Tier verdient einen würdevollen Tod. Dabei ist entscheidend, dass Halter den richtigen Zeitpunkt finden, Abschied zu nehmen.

Ob Hund, Katze, Kaninchen oder Pferd – jedes Tier verdient einen würdevollen Tod. Dabei ist entscheidend, dass Halter den richtigen Zeitpunkt finden, Abschied zu nehmen.

So traurig es ist – manchmal ist das Leben für den treuen Weggefährten nur noch mit Leiden verbunden. „Wenn es so weit ist, sollten Tierhalter nicht egoistisch handeln, sondern eine Entscheidung im Sinne ihres Tieres treffen“, sagt Müller. „Für mich ist es ein Trost, dass ich Delano ersparen konnte, noch länger zu leiden.“ Haben Besitzer beschlossen, ihr Tier zu erlösen, ist es ratsam, weitere Rahmenbedingungen zu klären, fügt Gerlach hinzu. „Zum Beispiel sollten Halter von Hunden, Katzen und kleinen Heimtieren sich Gedanken machen, ob sie ihr Tier in der Praxis oder lieber zu Hause in vertrauter Umgebung einschläfern lassen möchten.“

Wer sich für die Praxis entscheidet, vereinbart am besten einen Termin am Ende der Sprechstunde – so fällt dort keine Wartezeit an und die Tierhalter können sich in ruhiger Atmosphäre von ihrem Liebling verabschieden. Außerdem ist es wichtig sich zu überlegen, wer in diesem Moment dabei sein sollte. „Natürlich ist es ein schwerer Schritt, aber für das Tier ist es am besten, wenn eine vertraute Person währenddessen anwesend ist.“ Damit die Besitzer sich einigermaßen vorbereitet fühlen, klärt der Tierarzt sie in der Regel im Vorfeld über jeden Schritt auf.

SO TRAURIG ES IST –
MANCHMAL IST DAS LEBEN
FÜR DEN TREUEN WEGGEFÄHRTEN
NUR NOCH MIT LEIDEN VERBUNDEN.

Was nach dem Tod geschieht, sollten Halter sich ebenfalls beizeiten überlegen. Es gibt mehrere Möglichkeiten, ein Heimtier zu bestatten – viele Halter wünschen sich eine Ruhestätte, die sie besuchen können. Der eigene Garten, in dem die geliebte Katze viel Zeit verbracht oder der Hund immer wieder gespielt hat, ist da für viele naheliegend. Auch wenn damit viele schöne Erinnerungen verknüpft sind – den Tierkörper auf privatem Grundstück zu vergraben, ist nur ausnahmsweise erlaubt, sagt Martin Wilmsen, Referent für Tierschutzrecht beim Deutschen Tierschutzbund. „Wenn Halter ihr Heimtier im eigenen Garten bestatten wollen, sind damit bestimmte Voraussetzungen verbunden – so müssen sie den Körper mindestens 50 Zentimeter tief vergraben, außerdem darf sich das Grundstück weder in Wasserschutzgebieten noch in unmittelbarer Nähe öffentlicher Wege oder Plätze befinden. Zusätzlich sollten Halter bei der Stadt- oder Kreisverwaltung nachfragen, ob weitere Anforderungen bestehen – zum Beispiel an die Größe des Tieres, die Todesursache oder das Material, in dem der Körper eingehüllt wird.“ Die freigesetzten Verwesungsgifte könnten Gewässer und Böden verschmutzen, daher gilt hier diese strenge Regelung.

Eine Erdbestattung in öffentlichen Flächen, beispielsweise im Wald oder im Park, ist strikt verboten. Stattdessen haben Besitzer die Möglichkeit, ihr verstorbenes Heimtier auf einem Tierfriedhof oder in einem Abschiedswald für Tiere zu bestatten – in Letzterem können sie es unter einem Baum beisetzen, den sie eigens vorher ausgesucht haben. Viele Halter lassen ihren verstorbenen Liebling jedoch gleich beim Tierarzt – dieser kümmert sich darum, dass der Leichnam in einer sogenannten Tierkörperbeseitigungsanlage verbrannt wird. Wer die Asche behalten möchte, kann sein verstorbenes Tier auch zur Einzeleinäscherung in ein Tierkrematorium geben. Ein paar Wochen später erhalten die Tierbesitzer dann eine Urne mit der Asche. „Was sie damit machen, können sie frei entscheiden“, sagt Wilmsen. Bei einer Sammeleinäscherung werden hingegen mehrere verstorbene Tiere anonym verbrannt und auf einer Wiese oder einem Waldstück, das die Halter auch besuchen dürfen, verstreut.

Bestattung von Mensch und Tier

Manche Tierbesitzer wollen sogar nach ihrem eigenen Tod mit ihrem Schützling vereint sein – für diesen Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen können ein Tier und dessen Halter sich eine gemeinsame Ruhestätte teilen. Hierbei werden eingeäscherte Heimtiere dem verstorbenen Halter als Grabbeigabe beigefügt. Die zweite Option sind spezielle Tier-Mensch-Friedhöfe. Dabei handelt es sich ausschließlich um Urnenfriedhöfe, bei denen es wiederum nicht möglich ist, dass ein Verstorbener gemeinsam mit seinem Tier bestattet wird. Stattdessen können die beiden Urnen separat entweder in einem Freundschaftsgrab auf einem Gräberfeld oder im Familiengrab beigesetzt werden. In diesem Fall ist es auch möglich, das Tier schon vor dem Halter zu bestatten. „Halter, die sich eine dieser beiden Bestattungsformen wünschen, sollten sich auch für den Fall vorbereiten, dass sie vor ihrem Tier sterben“, sagt Wilmsen. „Zum Beispiel ist es ratsam, dass sie schriftlich festhalten, welche Person sich um ihren Schützling kümmern und die Besetzung in die Wege leiten soll.“ Ebenso müssen sie sichergehen, dass die Friedhofsbetreiber diese Art der Beisetzung genehmigen.

Das Deutsche Reitpony Delano hat Dr. Esther Müller 25 Jahre lang begleitet.

Das Deutsche Reitpony Delano hat Dr. Esther Müller 25 Jahre lang begleitet.

Wenige Möglichkeiten für Pferde

Bei Pferden sind die Bestattungsmöglichkeiten begrenzter. Sie zu vergraben ist laut Tierseuchengesetz hierzulande nicht erlaubt. Nachdem ein Pferd im Stall eingeschläfert wurde, dürfen Halter es nur von einer Tierkörperbeseitigungsanlage abholen oder es in ein Tierkrematorium bringen lassen. Für Letzteres entschied sich auch Müller. „Die Trauernden erhalten nach der Verbrennung eine Urne – die Kosten hierfür hängen vom Gewicht des Pferdes ab und liegen zusammen mit der Abholung bei etwa 1.000 bis 3.000 Euro. Ich bin froh, dass ich diesen Weg gewählt habe, denn jetzt liegt Delano im Garten meiner Eltern.“ Wer sein Pferd hingegen von einer Tierkörperbeseitigungsanlage abholen lässt, müsse zwar weitaus weniger bezahlen. Allerdings ist diese Alternative auch unpersönlicher, schildert Müller. „Die Betreiber des Krematoriums, die mein Pferd eingeäschert haben, boten vor und nach seinem Tod eine richtige Trauerbegleitung und sind wirklich sehr respektvoll mit seinem Körper umgegangen.“

Bislang existiert hierzulande nur in Schwäbisch Hall ein Krematorium, das Pferde selbst einäschert. Einige andere Tierkrematorien bieten dafür an, den Pferdekörper ins Ausland überführen zu lassen, beispielsweise in die Niederlande oder die Schweiz – das Recht dazu hätten aber nur die Krematorien, nicht die Halter selbst, so Müller. „Auf jeden Fall muss das verstorbene Pferd innerhalb von 24 Stunden nach seinem Tod zu einem Tierkrematorium gebracht werden.“

Egal, für welchen Weg Tierhalter sich entscheiden, Abschied zu nehmen fällt niemals leicht. Doch wer sich ernsthaft mit diesem Thema auseinandersetzt, kann seinem geliebten Weggefährten hoffentlich einen würdevollen Tod ermöglichen und ihm Leid ersparen. So können Halter vielleicht auch den Verlust besser verarbeiten und vor allem die schönen gemeinsamen Erinnerungen bewahren.

 

Weitere Informationen zu diesem Thema hält auch der Bundesverband der Tierbestatter auf seiner Website bereit:
www.tierbestatter-bundesverband.de

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