Tierschutz leben

Kein Knabberspaß

Tierschutz leben

Kein Knabberspaß

Fish-Spas sind der neueste Schrei. Manche Menschen besuchen sie aus medizinischen Gründen, andere der Schönheit wegen. Kangalfische heißen die kleinen Helferlein, die Leidgeplagte von abgestorbenen Hautschüppchen befreien. Doch ist das wirklich tierschutzgerecht?

  • Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER

Ohne Aufwand samtig-weiche Füße und Hände bekommen – das versprechen die immer schneller aus dem Boden schießenden Fish-Spas. Für rund 25 Euro darf der schönheitsbewusste Besucher seine Füße, Hände oder Arme 30 Minuten lang in ein Wasserbecken tauchen, über die sich zügig viele kleine Helferlein – die Roten Saugbarben, auch Kangal- oder Knabberfische genannt – hermachen sollen. Das, was sich für den Menschen ganz angenehm anfühlt, ist jedoch für jeden einzelnen Fisch mit Stress verbunden. Sie nehmen den „krossen Snack“ zwar dankbar an, aber ihre Lebensbedingungen sind in den Wellnesstempeln häufig alles andere als ideal. So werden sie mehrmals am Tag vom Haltungs- in das Behandlungsbecken umgesetzt.

„Das Handling führt bei den Tieren nicht selten zu Unruhe und Verletzungen. Darüber hinaus ist es für die Fische sehr irritierend, wenn die Spa-Gäste ihre Arme oder Beine in das Beckenstrecken und sich bewegen. Rückstände von Seife,Parfüm, Schweiß oder teilweise sogar giftige Nikotinreste tun ihr Übriges“, sagt Moira Gerlach, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Oft sind die Wasserbecken viel zu klein und unstrukturiert. Zudem unterscheidet sich die Temperatur im Haltungsbecken häufig von der in den Behandlungsbecken. Dies führt zu weiterem Stress. Wasserqualität, Lichtquellen und zusätzliches Futter sind ebenso selten an die Bedürfnisse der Fische angepasst.

Das sagt das Tierschutzgesetz

Der Kangalfisch (Garra rufa) ist ein bis zu 14 Zentimeter großer Fisch aus der Familie der Karpfenfische (Cyprinidae).

Der Kangalfisch (Garra rufa) ist ein bis zu 14 Zentimeter großer Fisch aus der Familie der Karpfenfische (Cyprinidae).

Laut Tierschutzgesetz muss immer der sogenannte vernünftige Grund vorliegen, wenn mit einer Handlung an einem Tier Leiden, Schmerzen oder Schäden verbunden sind. Bei einer reinen kosmetischen Behandlung des Menschen liegt definitiv kein vernünftiger Grund vor, der im Sinne des Tierschutzgesetzes zu rechtfertigen wäre. Auch der Deutsche Tierschutzbund spricht sich hier deutlich gegen den Einsatz von Kangalfischen aus. Bei medizinischen Behandlungen kann die Sache schon wieder anders aussehen. Hier ist der im Tierschutzgesetz verankerte „vernünftige Grund“ rechtlich anders zu bewerten.

Patienten, die unter Schuppenflechte (Psoriasis) oder Neurodermitis leiden, greifen nämlich nicht aus Wellnessgründen, sondern auf medizinischen Rat hin auf eine Behandlung mit Kangalfischen zurück. Schließlich soll eine Fisch-Sitzung dazu führen, dass Krankheitssymptome gelindert werden. Aus Tierschutzsicht ist aber auch nur dann eine Behandlung akzeptabel, wenn sie an Bedingungen und Auflagen geknüpft wird. Dazu zählen zum Beispiel eine an die Beckengröße angepasste Anzahl gehaltener Fische, eine vernünftige Wasserqualität, ein nicht übertriebener Einsatz der Fische et cetera. Die arttypischen Bedürfnisse der Fische sollten dann auch im Vordergrund stehen. Ein ständiges Umsetzen der Fische von einem Becken in das andere lehnt der Deutsche Tierschutzbund ab, da damit großer Stress für die Tiere einhergeht.

Infektionsschutz ist wichtig

Daneben darf auch die Infektionsgefahr nicht in den Hintergrund geraten. Knabbert ein Kangalfisch an unterschiedlichen Patienten, kann er Krankheitserreger von Mensch zu Mensch übertragen. Konkret heißt das, dass der mehrfache Einsatz von Kangalfischen bei verschiedenen Patienten aufgrund des Infektionsschutzes nicht erfolgen darf. Betreiber müssen vorab klären, wie eine tierschutzgerechte Lösung für die Fische nach ihrem Einsatz aussieht. Der Deutsche Tierschutzbund lehnt strikt ab, dass die Fische getötet werden. Ob ein Fish-Spa genehmigt wird, hängt von den jeweiligen Bundesländern beziehungsweise Landkreisen ab. Die Umweltministerien von Hessen, Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Niedersachsen haben ein Verbot für den kosmetischen Einsatz von Kangalfischen erlassen. Im medizinischen Bereich haben sie Auflagen erhoben. Manche Betreiber von Fish-Spas haben dagegen geklagt und teilweise Recht erhalten. Auflagen hat das Gericht aber auch in diesen Fällen erteilt.

In einigen Teilen der USA und Kanadas sind Fish-Spas verboten

So reizvoll Wellnessangebote mit Kangalfischen sein sollten – nicht umsonst sind diese in Teilen der USA und Kanadas verboten. Auch wenn Deutschland ihren Einsatz etwas lockerer handhabt, sollte jedem klar sein, dass die Fische in der Regel nicht artgerecht gehalten werden. Und für den Menschen gibt es Alternativen, verhornte Haut zu behandeln. Aus kosmetischen Gründen sollte also niemand ein Fish-Spa besuchen. Die Fische werden es Ihnen danken.


Fazit für Kangalfische:

  • Kangalfische sollten für kosmetische Zwecke tabu sein
  • Der medizinische Einsatz von Kangalfischen bedarf Auflagen
  • Das Tierschutzgesetz ist in jedem Fall zu beachten