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Setzen, Sechs!

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Setzen, Sechs!

Die Note Sechs und eine Runde Nachsitzen sind das, was Tierschützer dem Bundesverwaltungsgericht für sein aktuelles Urteil in puncto Fundtierkosten geben.

  • Autor: Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Die Note Sechs und eine Runde Nachsitzen sind das, was Tierschützer dem Bundesverwaltungsgericht für sein aktuelles Urteil in puncto Fundtierkosten geben. Sitzen bleiben in diesem Fall jedoch weder Gericht noch Politik, sondern die Tierschutzvereine – und zwar auf ihren Kosten. Denn in letzter Instanz hat das Gericht entschieden, dass Tierheime ohne entsprechende Verträge mit den Kommunen Fundtieraufwendungen – also die Kosten, die sie aufwenden müssen, um Fundtiere aufnehmen und versorgen zu können – nur dann erstattet bekommen, wenn das Tier vorher im Fundamt abgegeben wurde. Sprich: Für die Tiere, die neben Schlüsseln und verloren gegangenen Regenschirmen im Fundbüro landen, fühlt sich die Politik verantwortlich – für die, die direkt im Tierheim abgegeben werden, nicht?

In der Praxis soll ein Tierheim ohne Vertrag das Tier – nach Ansicht der Richter – also an der Tür ablehnen und den Finder damit zum Rathaus schicken. Eine Absurdität, die nicht nur das Tier belastet. Hat das Fundbüro geschlossen, ist der Finder gar gezwungen, das Tier zu Hause und auf eigene Kosten zu versorgen – nicht unwahrscheinlich, dass das draußen umherirrende Tier beim nächsten Mal niemanden findet, der diesen Aufwand betreibt. Kein Gericht kann verlangen, dass jeder wie selbstverständlich weiß, ob es in seiner Kommune einen Vertrag mit dem Tierheim gibt. Außerdem werden bedürftige Tiere nicht nur zu Bürozeiten gefunden. Das Urteil treibt Deutschlands Bürokratie auf die Spitze und ist ein herber Rückschlag für den Tierschutz. Bundestag und Regierung müssen nun Farbe bekennen, ob sie den praktischen Tierschutz vor Ort wirklich fallen lassen wollen. Für uns ist die Aufgabe der Politiker klar: Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist klarzustellen, dass eine Kommune für Tiere als Fundsache die volle Verantwortung trägt, unabhängig von Fundort oder Abgabestelle. Das ist das Mindeste, was ein Land tun kann, das den Tierschutz als Staatsziel auf der Fahne trägt.

Bildrechte: Artikelheader: Deutscher Tierschutzbund e. V.