Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER
Angesichts zahlreicher bedenklicher Entwicklungen in der internationalen Politik, die sich in vielerlei Hinsicht auf Deutschland auswirken, sehnen sich viele Bürger nach Sicherheit und einer stabilen Bundesregierung. Die Angst vor Terrorismus, Krieg und unsicherer Zukunft treibt die Menschen um. Unbestritten sind das sehr wichtige Themen. Doch auch der Tierschutz darf nicht in den Hintergrund geraten. Dass den Menschen dieser nicht egal ist, hat der weltweite Aufschrei nach der denkwürdigen Entscheidung der USA, sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückzuziehen, gezeigt. Klima- und Tierschutz gehen Hand in Hand. Dadurch haben auch die Tiere eine Chance, zum Wahlkampfthema zu werden. Bundestagswahl ist #Tierschutzwahl!
In den letzten vier Jahren ist die Bundesregierung im Bereich Tierschutz weit hinter ihren Möglichkeiten und Vorhaben zurückgeblieben. Die Bedingungen für Tiere in der Landwirtschaft haben sich nicht erheblich verbessert, der Handel mit exotischen Tieren wurde nicht wie versprochen bundeseinheitlich geregelt und die Tierheime sind nach wie vor unterfinanziert und überfüllt – um nur wenige der nicht erfüllten Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag der Bundesregierung zu nennen. Die kommende Bundestagswahl am 24. September 2017 ist daher sehr wichtig, da sie den Grundstein für den politischen Tierschutz der nächsten vier Jahre legt. Nach dem Willen der Wähler brauchen die Tiere in der Landwirtschaft bessere Lebensbedingungen und Tierversuche müssen deutlich zurückgehen. Um den Politikern diese Wählerwünsche und verbandseigene Forderungen zu verdeutlichen, hat der Deutsche Tierschutzbund noch vor den Parteiprogrammbeschlüssen seine sechs Kernforderungen an die politischen Vertreter übergeben.
Um die Kernforderungen des Verbandes zu verstehen, ist ein kurzer Rückblick nötig. Beginnen wir mit der ersten Forderung – die Finanzierung und Zukunft der Tierheime. 80 Prozent der Tiere betreuen die Tierheime im Auftrag der öffentlichen Hand. Dazu gehören Fundtiere, beschlagnahmte und sichergestellte Tiere. Es handelt sich also um eine Pflichtaufgabe der Gemeinden beziehungsweise der Landkreise. Die Kostenerstattung ist aber fast immer unzureichend: Im Schnitt decken die Kommunen nur etwa ein Viertel der tatsächlich entstandenen Aufwendungen für die Fundtierunterbringung ab. Die Vereine müssen die Differenz mit Spenden auffangen. Sie subventionieren sozusagen mit Spendengeldern die Kommunen. Grund für das Missverhältnis sind veraltete Fundtierverträge. Jene Verträge neu zu verhandeln ist schwer. Die Kommunen verweisen oft darauf, dass ihnen nicht mehr Gelder zur Verfügung stehen.
Der Deutsche Tierschutzbund fordert eine kostendeckende Tierheimfinanzierung durch die Politik. Die Länder beziehungsweise der Bund müssen für Abhilfe sorgen, wenn die Kommunen die Finanzierung der Fundtierkosten beziehungsweise die Landkreise die der beschlagnahmten oder sichergestellten Tiere allein nicht leisten können. Angesichts der prall gefüllten Kassen des Bundes ist es nicht länger hinzunehmen, dass die Tierheime zerbröckeln. Tierheime sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft. Sie geben jedem Tier eine warme und trockene Unterkunft, füttern es und schenken ihm Geborgenheit. Dabei kennen sie keine Sonn- und Feiertage. Kein Tier wird auf der Straße sitzen gelassen. Sie kümmern sich um Fund- und Abgabetiere jeder Art, füttern und kastrieren frei lebende Katzen, nehmen kurzfristig Hunde aus dem illegalen Welpenhandel auf, managen Hochwasser-Katastrophen und vieles mehr. Tierheime helfen – und das, obwohl sie vom Staat keine ausreichende, kostendeckende Unterstützung bekommen. Jetzt ist es an der Zeit, dass endlich den Tierheimen geholfen wird. Hier muss die Politik sofort tätig werden! Doch was sagen die Parteien im Bundestag dazu?
Parteien im Tierschutzcheck
„Wird Ihre Partei sich auf föderaler Ebene für einen bundeseinheitlichen Rahmen für die kostendeckende Erstattung der von Tierheimen übernommenen staatlichen Leistungen einsetzen?“
Bündnis 90/Die Grünen: „Ja. Die wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben der Tierheime beziehungsweise die Übernahme der Pflichtaufgaben der Kommunen müssen kostendeckend erstattet werden, so dass Tierheime nicht auf den ihnen entstehenden Kosten sitzen bleiben.“
CDU/CSU: „Ja. Die Unterbringung von Fundtieren ist Aufgabe von Städten und Gemeinden. Sie müssen die Kosten übernehmen, wenn Tierheime sich hier engagieren. […] Eine unionsgeführte Bundesregierung wird weiterhin die moderierende Rolle ausfüllen und auf entsprechende Leitlinien für die Kostenerstattung hinwirken.“
DIE LINKE: „Ja. Um im Sinne des Tierschutzes eine artgerechte Unterbringung der vielen verschiedenen Tiere garantieren zu können, ist es nötig, Tierheime finanziell ausreichend auszustatten. Obwohl Tierheime diese wichtige gesellschaftliche Aufgabe übernehmen, ist dies nicht der Fall. Der Bund darf sich dabei nicht aus der Verantwortung stehlen und diese Aufgabe allein den damit überforderten Kommunen aufbürden. Schließlich ist die hohe Auslastung der Tierheime auch eine Folge tierschutz- und sozialpolitischen Versagens des Bundes.“
SPD: „Ja. Wir fordern klare und bundesweit einheitliche Rahmenregelungen für die Fundtierkostenerstattung. Tierheime müssen die Ausgaben für staatliche Aufgaben kostendeckend erstattet bekommen. […]“
Der im Februar verstorbene Ehrenpräsident des Deutschen Tierschutzbundes, Wolfgang Apel, hat lange dafür gekämpft, dass der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz aufgenommen wird. Vor 15 Jahren trug der Kampf endlich Früchte und doch hat sich im Tierschutzgesetz bis heute nur wenig geändert. Im Kern ist es ein Tiernutzgesetz geblieben – schließlich liegt es am Bundesgesetzgeber, das Staatsziel im Tierschutzgesetz konkret auszugestalten.
Es ist unabdingbar, das Tierschutzgesetz grundlegend zu überarbeiten, sodass es dem Staatsziel Tierschutz entspricht. Nach wie vor beinhaltet es viel zu viele Ausnahmeregelungen, die keinen tiergerechten Umgang zur Folge haben. Dazu zählen zum Beispiel Manipulationen an Tieren in der Landwirtschaft.
Der Deutsche Tierschutzbund ist entschieden dagegen, Tiere in vorgegebene Haltungssysteme zu zwängen und dafür zu manipulieren. Gekürzte Hühnerschnäbel, abgeschnittene Ringelschwänze bei Schweinen und ausgebrannte Hornanlagen bei Kälbern sind nach wie vor üblich – entweder um Missstände in der Haltung auszugleichen oder bestimmte Produktionsziele zu erreichen. „Die Ausnahmen im Tierschutzgesetz, die diese Manipulationen zulassen, müssen gestrichen werden. Wir brauchen tiergerechte Haltungssysteme, die sich an dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen der Tiere orientieren. Wir fordern ein neues Tierschutzgesetz und von der Politik Rahmenbedingungen, die eine tiergerechte Haltung ermöglichen“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.
Bisher stehen wirtschaftliche Interessen meist über dem Schutz der Tiere. Die Politik versucht vor allem auf freiwilliger Basis Verbesserungen für die Tiere umzusetzen. Die Politik der „verbindlichen Freiwilligkeit“ von Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt hat bisher jedoch kaum etwas geändert. Der Deutsche Bundestag als Gesetzgeber muss endlich aktiv werden und das Tierschutzgesetz novellieren. All dies muss eingebunden sein in eine übergeordnete nationale Strategie für Tiere in der Landwirtschaft.
Parteien im Tierschutzcheck
„Ist Ihre Partei für eine grundlegende Neufassung des Tierschutzgesetzes?“
Bündnis 90/Die Grünen: „Ja. Wir setzen uns für eine grundlegende Überarbeitung des Tierschutzgesetzes ein. Damit ist es uns so ernst, dass wir als Oppositionspartei selbst einen Entwurf ausgearbeitet haben, der das Leben der Tiere deutlich verbessern würde. Tiere müssen um ihrer selbst Willen und in ihrer Integrität besser geschützt werden. Das Staatsziel Tierschutz muss endlich mit Leben gefüllt werden.“
CDU/CSU: „Nein. […] Das Tierschutzgesetz hat sich bewährt. Eine grundlegende Novellierung ist deshalb unseres Erachtens nicht notwendig. Die gesetzlichen Regelungen werden wir kontinuierlich überprüfen und insbesondere mit Blick auf neue Erkenntnisse weiterentwickeln. Zudem gibt es eine Reihe von Verordnungsermächtigungen, die bei Bedarf ausgefüllt werden können. […]“
DIE LINKE: „Ja. Wir setzen uns für eine Reform des Tierschutzgesetzes ein. Weitergehende Regelungen, die den Umgang mit Tieren zum Gegenstand haben, müssen überdacht werden, um dem Tierschutz als Staatsziel gerecht zu werden. Ebenso müssen neue hohe Standards für die Tierhaltung eingeführt werden. Wichtig bei einer Tierschutzgesetznovelle ist ein Verbot von Amputationen in der Nutztierhaltung.“
SPD: „Ja. Wir wollen ein modernes Tierschutzgesetz schaffen, das die Würde und das Wohlergehen der Tiere schützt. Die gesetzlichen Vorgaben zum Tierschutz müssen dem gesellschaftlichen Anspruch und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen.“
Tiere sind juristisch durch das Grundgesetz, das Tierschutzgesetz und durch Verordnungen geschützt. Wenn sich Tierhalter, Tiernutzer oder Behörden nicht an die gesetzlichen Bestimmungen halten, müssen seriöse Tierschutzorganisationen das Recht haben, diesen Schutz einzuklagen. Die Verbandsklage hilft, wenn Kommunen unberechtigte Tiertötungen anordnen, zum Beispiel von beschlagnahmten Tieren oder Stadttauben. Die Verbandsklage hilft auch, wenn die Behörden Missstände in der Landwirtschaft oder im Privathaushalt dulden, wenn in der Landwirtschaft Millionen Tiere getötet werden, zum Beispiel die männlichen Eintagsküken der Legehennenrassen, oder wenn Tierversuche rechtswidrig erfolgen, obwohl es längst tierversuchsfreie Alternativen gibt.
Bislang können sich nur Tierhalter beziehungsweise Tiernutzer an die Gerichte wenden: Ein Tierhalter kann gegen Tierschutzauflagen der Behörde klagen oder ein Wissenschaftler, wenn ihm die Behörde einen Tierversuch nicht genehmigen will. Das bedeutet also, wer weniger Tierschutz durchsetzen will, der darf klagen. Gegen untätige Behörden besteht derzeit kein Rechtsschutz. Wer den Tieren zu dem Schutz verhelfen will, der ihnen rechtlich zusteht, dem sind die Hände gebunden. Mit einem eigenen Klagerecht könnten seriöse Verbände den Tierschutz direkt und engagiert vor Gericht vertreten.
Da der Bund bislang untätig blieb, haben schon acht Bundesländer in Eigenregie Verbandsklagegesetze auf Landesebene erlassen. Diese sind zum Teil sehr unterschiedlich. Wie die übrigen Bundesländer verfahren werden, bleibt offen. Der Bund muss hier auch deshalb tätig werden, um endlich für gleiche Rechtsverhältnisse in ganz Deutschland zu sorgen. „Der Deutsche Tierschutzbund fordert ein durchgreifendes, bundeseinheitliches Tierschutz-Verbandsklagerecht. Wo der Tierschutz, der als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist, nicht verwirklicht wird, müssen seriöse Tierschutzorganisationen das Recht haben, ihn anstelle der Tiere gerichtlich einzuklagen“, so Evelyn Ofensberger, Leiterin der Rechtsabteilung beim Deutschen Tierschutzbund.
Parteien im Tierschutzcheck
„Ist Ihre Partei für die Einführung einer Tierschutz-Verbandsklage?“
Bündnis 90/Die Grünen: „Ja. Wir wollen die demokratischen Mitwirkungsrechte anerkannter Tierschutzorganisationen stärken und ihnen ein Klagerecht einräumen. Die Einführung eines Verbandsklagerechts hebt das bisherige Ungleichgewicht im Kräfteverhältnis zwischen Tiernutzern und Tieren auf und macht Tierschutzrecht gerichtlich einklagbar. Wir befürworten außerdem die Einführung eines/r Bundesbeauftragten für Tierschutz, die/der Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte besitzt und die für den Tierschutz zuständigen Behörden des Bundes kontrollieren und Rechtsverstöße beanstanden kann.“
CDU/CSU: „Nein. Verschiedene Bundesländer haben Tierschutz-Verbandsklagerechte eingeführt, um anerkannten Verbänden die Möglichkeit zu geben, an tierschutzrelevanten Verfahren mitzuwirken und tierschutzrelevante Entscheidungen von Behörden gerichtlich überprüfen zu lassen. Auf Bundesebene sehen wir dafür keinen Bedarf, insbesondere da der Vollzug des Tierschutzgesetzes bei den Ländern liegt. […].“
DIE LINKE: „Ja. Wir setzen uns für die gesetzliche Verankerung und vollumfängliche Ausweitung der Verbandsklagerechte für Umwelt-, Natur- und Tierschutzvereinigungen und Einzelne im Sinne der Aarhus-Konvention ein.“
SPD: „Ja. Tierschutzorganisationen brauchen eine rechtliche Handhabe, um wirkungsvoller gegen Verstöße gegen den Tierschutz vorgehen zu können.“
Sowohl in der Grundlagen- und angewandten Forschung als auch in der Risikobewertung und wissenschaftlichen Ausbildung muss endlich ein Paradigmenwechsel erfolgen. Erst dann besteht die Chance, tierversuchsfreie Verfahren zu entwickeln und durchzusetzen. Dies setzt auch beim Bundesgesetzgeber ein echtes, ernst gemeintes Engagement für die tierversuchsfreie Forschung, Risikobewertung und Ausbildung voraus.
„Wir brauchen einen klaren Förderauftrag im Tierschutzgesetz und eine Strategie mit konkreten Maßnahmen zur mittelfristigen Abschaffung von Tierversuchen“, fordert Kristina Wagner, Leiterin des Referats Alternativmethoden statt Tierversuche beim Deutschen Tierschutzbund. Alle Gesetze und Vorschriften, in denen Tierversuche noch verbindlich sind, müssen geprüft und auf den Einsatz tierversuchsfreier Verfahren ausgerichtet werden.
„Wir fordern die vollständige Umsetzung der EU-Tierversuchsrichtlinie in deutsches Recht im Sinne des Staatsziels Tierschutz. Insbesondere soll, solange es noch Tierversuche gibt, eine wirkliche ethische Abwägung beim Genehmigungsverfahren möglich sein. Darüber hinaus soll sich die Bundesregierung für ein konsequentes Verbot von Versuchen, die für die Tiere mit schweren und anhaltenden Schmerzen verbunden sind, aussprechen“, so Wagner. Der Deutsche Tierschutzbund fordert zudem, Versuche an Menschenaffen zu verbieten und grundsätzlich alle Tierversuche genehmigungspflichtig werden zu lassen. Nur so kann den Tieren geholfen werden.
Parteien im Tierschutzcheck
„Wird Ihre Partei in der kommenden Legislaturperiode Schritte in die Wege leiten oder unterstützen mit dem Ziel, Tierversuche in den nächsten zehn bis 20 Jahren abzuschaffen?“
Bündnis 90/Die Grünen: „Ja. Wir wollen Tierversuche endlich konsequent reduzieren und schnellstmöglich überflüssig machen. Jedes Jahr werden Millionen Tiere in Tierversuchen regelrecht verbraucht. Dabei verursachen tierfreie Methoden deutlich weniger Tierleid, außerdem sind Erkenntnisse aus Tierversuchen nur bedingt auf den Menschen übertragbar. Hier brauchen wir einen Paradigmenwechsel. Damit das gelingt, wollen wir eine nationale Strategie mit konkreten Maßnahmenplänen sowie Zeit- und Zielvorgaben aufstellen. Wir wollen das Tierschutzrecht stärken und Alternativen zu Tierversuchen, wie zum Beispiel Organchips, bei denen der menschliche Organismus im Kleinstmaßstab simuliert wird, zügig voranbringen. Auch an Hochschulen wollen wir tierversuchsfreie Verfahren stärken, das Wissen in die Lehre überführen und Studierenden die Möglichkeit geben, ohne Tierversuche durch das Studium zu kommen.“
CDU/CSU: „Ja. Es ist unser langfristiges Ziel, Tierversuche komplett zu ersetzen. Wir begrüßen, dass in der EU-Tierversuchsrichtlinie die stetige Verringerung der für Tierversuche verwendeten Tiere verankert ist. Wir haben dafür ein klares Konzept. Wir setzen auf das 3R-Prinzip (replacement – Ersatz, reduction – Reduzierung, refinement – Verbesserung) – national, europäisch und international. Wir werden die Entwicklung und Anerkennung von Ersatzmethoden zum Tierversuch weiterhin auf hohem Niveau fördern und möglichst ausbauen […].“
DIE LINKE: „Ja. Hierfür hatte die Fraktion DIE LINKE den Antrag „Tierversuche beenden“ im Bundestag (Bundestagsdrucksache 18/11724) gestellt. Zudem setzen wir uns für die Umverteilung von Forschungsmitteln zugunsten der Weiter- und Neuentwicklung tierversuchsfreier Methoden sowie zur institutionellen Stärkung der ZEBET (Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch) sowie des ECVAM (Europäisches Zentrum zur Validierung alternativer Methoden) ein.“
SPD: „Ja. Wir wollen Tierversuche auf das absolut notwendige Mindestmaß reduzieren und soweit wie möglich abschaffen. Solange es jedoch keine Alternative gibt, um den Nutzen und das Risiko etwa eines neuen notwendigen Medikamentes für den Menschen zu bewerten, muss ein Test an Tieren im Einzelfall möglich bleiben.“
In Deutschland sind Elefanten, Tiger, Affen und viele andere Wildtiere weiterhin gezwungen, fragwürdige Kunststücke in der Manege vorzuführen. Weil immer wieder Zirkusbetriebe erheblich gegen das Tierschutzgesetz verstoßen, versuchen viele Städte und Gemeinden die Auftritte der entsprechenden Zirkusse in ihrem Einzugsgebiet einzuschränken.
Die kontrollierenden Veterinärämter sind jedoch überfordert und haben zudem mit den veralteten Haltungsvorgaben der „Zirkusleitlinien“ nur eine stumpfe Waffe im Kampf gegen Missstände zur Hand. Zwar hat sich der Bundesrat bereits 2003, 2011 und zuletzt 2016 für ein Wildtierverbot ausgesprochen, doch die Bundesregierung hat es über Jahre versäumt, ein solches einzuführen. Für den Deutschen Tierschutzbund liegt auf der Hand, dass ein Wildtierverbot unumgänglich ist, da die Tiere im Zirkus leiden und dort nicht ihren artgemäßen Verhaltensweisen nachkommen können.
Aus diesem Grund fordert der Verband von der neu gewählten Bundesregierung, die Haltung von allen Wildtieren in Zirkusunternehmen zu verbieten. Zunächst sollten zumindest – wie vom Bundesrat gefordert – Affen, Elefanten, Bären, Nashörner, Flusspferde und Giraffen nicht mehr im Zirkus zur Schau gestellt werden. Außerdem fordert der Deutsche Tierschutzbund die Haltungsanforderungen aller Zirkustiere umgehend zu verbessern. „Die Mindesthaltungsvorgaben für Zirkustiere gemäß der Zirkusleitlinien des Bundeslandwirtschaftsministeriums weichen eklatant von den Vorgaben für deren Artgenossen in Zoos, Tierparks oder in Privathaltung ab. Es kann nicht sein, dass Zirkustiere nur als Tiere zweiter Klasse angesehen werden“, so James Brückner, Leiter des Referats für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund.
Parteien im Tierschutzcheck
„Ist Ihre Partei dafür, die Haltung von Wildtieren im Zirkus generell zu untersagen?“
Bündnis 90/Die Grünen: „Ja. Wir setzen uns seit langem für ein Wildtierverbot im Zirkus ein. Wildtiere können im Zirkus nicht tiergerecht gehalten werden. In Ländern wie Österreich oder Bulgarien ist die Wildtierhaltung in Zirkussen bereits seit Jahren verboten. Wir wollen die Qual der Wildtiere im Zirkus in Deutschland beenden. Es gibt genügend Beispiele für Zirkusunternehmen, die allein durch ihre Akrobaten und Showeinlagen überzeugen.“
CDU/CSU: „Nein. CDU und CSU liegt sehr daran, dass der Tierschutz für Zirkustiere gewährleistet ist. Wo dies nicht möglich ist, dürfen keine Tiere gehalten werden. Deshalb haben wir eine Verordnungsermächtigung ins Tierschutzgesetz mit aufgenommen, die ein Verbot bestimmter wildlebender Tiere in Zirkussen ermöglicht. Ein Verbot, wie es auch der Bundesrat fordert, bedarf aber einer umfassenden Folgenabschätzung, da die Grundrechte von Tierlehrern und Zirkusunternehmern berührt sind. Die Verbotsmöglichkeit besteht nur dann, wenn bei Haltung und beim Transport dieser Tierarten der Tierschutz nicht sichergestellt werden kann und die Tiere an wechselnden Orten erhebliche Schmerzen oder Schäden erleiden müssen. […].“
DIE LINKE: „Ja. Wir unterstützen die Forderung eines Verbots zur Haltung wild lebender Tierarten im Zirkus. Siehe hierzu Antrag „Verbot der Haltung wild lebender Tierarten in Zirkussen“ der Fraktion DIE LINKE im Bundestag (Bundestagsdrucksache 18/12088).“
SPD: „Ja. Wir halten ein bundesweites Verbot für das Halten bestimmter wildlebender Tierarten im Zirkus für dringend erforderlich. Wildtiere stellen besonders hohe Ansprüche an ihre Haltung und Unterbringung. Dies gilt auch im besonderen Maße für Zirkustiere. Ein Verbot soll insbesondere für Affen (nicht menschliche Primaten), Elefanten, Großbären, Giraffen, Nashörner und Flusspferde gelten.“
Die Tiere sind für die industrialisierte Haltung und die extremen Produktionsziele nicht geschaffen – die einseitige Züchtung auf Hochleistung, tierwidrige Haltungsbedingungen und Langeweile machen sie krank. Die extreme Spezialisierung der Zucht auf rekordverdächtige und unphysiologisch hohe Leistungen führt darüber hinaus zu – aus wirtschaftlicher Sicht – unbrauchbaren Tieren, die wie Abfall entsorgt werden.
Wir fordern einen längst überfälligen Systemwechsel und eine nachhaltige Strategie hin zu mehr Tierschutz in der Landwirtschaft. Förderprogramme müssen gezielt den Umstieg auf tiergerechte Zucht- und Haltungsformen unterstützen. Eine transparente und verlässliche Tierschutzkennzeichnung muss den Verbraucher in die Lage versetzen, deutlich tiergerechter erzeugte Produkte erkennen zu können. „Völlig unabhängig von der Kritik bleiben wir bei unserer Forderung an eine neue Bundesregierung nach einem staatlichen Tierschutzlabel und erweitern das um die Forderung nach einer nationalen Nutztierstrategie, die auf allen Ebenen für eine perspektivische Planungssicherheit sorgen kann“, so Thomas Schröder.
Parteien im Tierschutzcheck
„Wird Ihre Partei für neue Bundesförderprogramme zum Umstieg auf tiergerechte Zucht- und Haltungsformen sorgen und sich für ein staatliches Tierschutzlabel einsetzen?“
Bündnis 90/Die Grünen: „Ja. Wir wollen im Bundeshaushalt Gelder bereitstellen für: 1. ein Umbauprogramm zukunftsfähige Tierhaltung; 2. ein Bundesprogramm Nachhaltige Zucht; 3. die Schaffung eines Kompetenzzentrums für den Schutz und das Wohlbefinden von Tieren und eine/n Bundesbeauftragte/n für Tierschutz. Wir fordern die Einführung einer verbindlichen Haltungskennzeichnung für tierische Produkte, analog zur Kennzeichnung bei Eiern. Ein freiwilliges Label mit schwachen Standards werden wir nicht unterstützen.“
CDU/CSU: „[…] Ja. Verbraucher sollen Tierwohl sicher erkennen können. Deshalb wollen wir ein freiwilliges staatliches Tierwohllabel als Teil einer nationalen Nutztierstrategie. Die Einführung eines neuen staatlichen Tierwohllabels kann dazu beitragen, das Tierwohl zu erhöhen und die Marktchancen der betreffenden Betriebe zu verbessern. Die Weiterentwicklung im Tierschutz muss praxistauglich sein und darf kleine und mittlere Betriebe nicht überfordern.“
DIE LINKE: „Ja. Wir werden für neue Bundesförderprogramme zum Umstieg auf tiergerechte Zucht- und Haltungsformen sorgen und uns für ein staatliches Tierschutzlabel einsetzen.“
SPD: „Ja. Wir wollen ein staatliches Tierschutzlabel auf Grundlage der Kriterien des Deutschen Tierschutzbundes einführen.“
Jeder hat es zumindest ein bisschen in der Hand, auch den Tierschutz bei der Wahlentscheidung zu berücksichtigen. Ob die neu gewählte Bundesregierung ihre Versprechen halten wird, bleibt offen. Schlussendlich ist es aber die Pflicht eines jeden Bürgers, wählen zu gehen.
Der Deutsche Tierschutzbund darf als neutraler Verband keine Wahlempfehlung abgeben. Er möchte aber darüber aufklären, welche Rolle der Tierschutz im Bundestag spielt. Die hier genannten Forderungen und die Antworten der Parteien stellen einen Auszug dar. Der gesamte Tierschutz-Fragenkatalog und die ungekürzten Antworten der Parteien sind auf der Website des Deutschen Tierschutzbundes zu finden.
Wir appellieren an Sie: Gehen Sie am 24. September wählen und setzen Sie ein Zeichen für die Tiere. Ihre Wahlentscheidung legt den Grundstein für den Tierschutz in den nächsten Jahren!