Milchkühe im Labelprogramm

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Milchkühe im Labelprogramm

Dem Gesetzgeber ist die Haltung von Milchkühen hierzulande herzlich egal. Schließlich macht er keine Vorgaben. Um auch für diese Tiere nachhaltig bessere Lebensbedingungen zu schaffen, hat der Deutsche Tierschutzbund sein Labelprogramm um Milchkühe erweitert.

In der konventionellen Haltung ist die Anbindehaltung nicht verboten, es gibt hinsichtlich des Platzangebots keine Mindeststandards.

In der konventionellen Haltung ist die Anbindehaltung nicht verboten, es gibt hinsichtlich des Platzangebots keine Mindeststandards.

Den Milchkühen geht es in Deutschland oft sehr schlecht. Die Mehrzahl von ihnen lebt das ganze Jahr über im Stall. Ihre Klauen haben noch nie einen Grasboden berührt, obwohl Kühe Weidetiere sind. Sie erhalten Kraftfutter, auch wenn ihr Verdauungssystem dafür nicht ausgelegt ist.

Wenn sie es sich aussuchen könnten, würden sie jeden Tag Gras fressen und danach stundenlang auf der Weide liegen, um es wiederzukäuen. Da aber die Milchleistung höchste Priorität hat, bleiben die Tiere im Stall und müssen große Mengen an energiereichem Futter fressen.

Mehr als ein Drittel der Milchkühe muss sogar noch in altmodischen Anbindeställen leben. Die Tiere stehen auf einer Stelle, sie können sich zwar hinlegen und aufstehen, aber weder umdrehen noch herumlaufen – vom Sozialverhalten und von der Körperpflege ganz zu schweigen. Oft bleiben diese Kühe auch im Sommer im Stall. Ein weiches Strohbett kennen sie nicht. Ein ungemütlich harter Betonboden zum Ablegen ist häufig die Realität. Daraus resultieren oft haltungsbedingte Verletzungen.

Das Tierschutzlabel für Milchkühe

Während der Gesetzgeber keine konkreten Anforderungen an die Haltung von Rindern stellt, sieht der Deutsche Tierschutzbund Handlungsbedarf und hat daher Milchkühe in das Labelprogramm aufgenommen.

Das Tierschutzlabel in der Einstiegsstufe sieht unter anderem ein Mindestplatzangebot von 6 m2 vor.

Das Tierschutzlabel in der Einstiegsstufe sieht unter anderem ein Mindestplatzangebot von 6 m2 vor.

Der Verband stellt in diesem verbindliche Forderungen hinsichtlich des Platzangebots. In der Einstiegs- und Premiumstufe müssen den Tieren mindestens sechs Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen. Eine Anbindehaltung ist verboten. Zugang zu einem Laufhof und einer Weide haben Kühe in der Premiumstufe – zusätzlich zur vorgeschriebenen Stallfläche. Sowohl in der Einstiegs- als auch in der Premiumstufe muss jede einzelne Kuh eine eigene Liegebox haben.

Auch die Anzahl der Fressplätze ist vorgeschrieben. Nur so können alle Tiere ungestört ruhen und Nahrung aufnehmen. Separate Krankenbuchten und ein geschützter Bereich, in dem die Kühe ihre Kälber auf die Welt bringen, gehören ebenfalls zum Standard. Das betäubungslose Veröden der Hornanlagen der Kälber ist verboten. Wenn überhaupt, darf der Eingriff nur unter Sedation, lokaler Betäubung und Schmerzmittelgabe erfolgen. In der konventionellen Milchkuhhaltung ist die schmerzhafte Enthornung ohne Betäubung bei den unter sechs Wochen alten Kälbern nach wie vor erlaubt.

Die Enthornung von Kälbern ist beim Tierschutzlabel in beiden Stufen nur unter Sedation, Lokalanästhesie und Schmerzmittelgabe erlaubt.

Die Enthornung von Kälbern ist beim Tierschutzlabel in beiden Stufen nur unter Sedation, Lokalanästhesie und Schmerzmittelgabe erlaubt.

Bereit zum Verzicht der Enthornung

Damit Betriebe in das Tierschutzlabelprogramm der Premiumstufe aufgenommen werden können, sollten sie dazu bereit sein, langfristig auf die Enthornung der Kälber zu verzichten. Zudem spielen auch die Gesundheit und das Wohlbefinden der Milchkühe bei den Kriterien des Tierschutzlabels in der Einstiegsund Premiumstufe eine große Rolle. Eine Klauenpflege muss einmal jährlich verpflichtend durchgeführt werden. Zu den Aufgaben des Landwirts gehört es, tierbezogene Indikatoren zu erfassen – zum Beispiel das Vorkommen von Euterentzündungen oder haltungsbedingte Verletzungen. Zudem muss er stets ein Auge auf seine Herde haben, um untypisches Verhalten bei den Kühen zu erkennen und darauf entsprechend reagieren zu können. Dadurch können der Ernährungs-, Pflege- und Gesundheitszustand der Herde bewertet und Rückschlüsse auf das Wohlbefinden der Tiere gezogen werden.

Darüber hinaus sehen die Kriterien des Labels vor, keine trächtigen Kühe zu einem Schlachthof transportieren zu lassen. Der Landwirt muss sicherstellen und dokumentieren, dass die Kuh nicht trächtig ist. Die Forderung gegen die Schlachtung trächtiger Rinder hat der Deutsche Tierschutzbund auch öffentlichkeitswirksam mit einer Kampagne unterstützt. So möchte der Verband zum einen eine verpflichtende Trächtigkeitsuntersuchung vor dem Transport zum Schlachthof, zum anderen ein nationales und EU-einheitliches Schlachtverbot für trächtige Tiere durchsetzen. Zudem plädiert der Deutsche Tierschutzbund für entsprechende Rechtsvorschriften, damit Verstößen Sanktionen folgen können. Die gesetzlichen Vorgaben bei der Haltung von Milchkühen müssten eigentlich diese Punkte bereits abdecken – leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Mit dem Label der Einstiegs- und Premiumstufe möchte der Verband diese Lücke schließen.

In beiden Labelstufen ist eine Trächtigkeitsuntersuchung vorgeschrieben. Die Schlachtung trächtiger Rinder ist verboten.

In beiden Labelstufen ist eine Trächtigkeitsuntersuchung vorgeschrieben. Die Schlachtung trächtiger Rinder ist verboten.

Nachdem Lidl bereits dauerhaft ganze Hähnchen in den Filialen bundesweit und Wurstprodukte sowie Eier mit dem Label „Für Mehr Tierschutz“ in einzelnen Regionen anbietet, geht der Discounter jetzt schon in Bayern den Weg mit der Milch in der Premiumstufe konsequent weiter. Derzeit gibt es bereits die Trinkmilch mit dem Tierschutzlabel. Ab Sommer werden dann bayernweit mehrere Milchprodukte mit der Premiumstufe gelistet. Auch ALDI wird bald mit Milchprodukten, die mit dem Tierschutzlabel gekennzeichnet sind, starten.

„In vielen Filialen von ALDI Nord und bayerischen Filialen von ALDI SÜD wird es Milch in der Einstiegsstufe geben. Auch Bio-Milch mit zusätzlicher Tierschutzlabel-Kennzeichnung der Premiumstufe wird bei ALDI SÜD und ALDI Nord gelistet werden. Bei ALDI SÜD ist die Milch dann in Filialen in Baden-Württemberg erhältlich. Die Verbraucher erhalten damit eine Kaufalternative, um einen anderen Umgang mit dem Tier zu unterstützen. Wir hoffen, dass dies ein Signal auch an andere Handelsunternehmen ist, ebenfalls mehr Tierschutz in den Sortimenten zu ermöglichen“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Weiterführende Infos

  • Hier finden sowohl Verbraucher als auch Anbieter alle Hintergrundinformationen zum zweistufigen Label des Deutschen Tierschutzbundes.
    www.tierschutzlabel.info

Bildrechte: Illustrationen: Deutscher Tierschutzbund e. V.