Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER
Frau Lummertzheim, Ihre Motive haben eines gemeinsam: Sie widmen sich dem Tierschutz und zeigen, wie wertvoll jedes einzelne Lebewesen ist. Wie kam es dazu, dass Sie Ihren künstlerischen Schwerpunkt auf Tierschutzthemen gelegt haben?
Janina Lummertzheim: Die Idee, Illustrationen für den Tierschutz zu zeichnen, kam damals im Studium. Ich habe an der Hochschule Niederrhein Kommunikationsdesign studiert. In einem Kurs haben wir Referate über verschiedene Plakatkünstler gehalten, die über Themen wie Krieg, Rassismus oder Krankheiten aufgeklärt haben. Alles gesellschaftlich wichtige Themen, aber keines dieser Plakate klärte über Tierrechte auf. Zum Kursabschluss sollten wir selbst ein Plakat zu einem frei wählbaren Thema erstellen. Meins hatte den Titel „Stop hunting animals“ und sprach sich gegen die Fuchsjagd aus. Vielleicht wäre es bei diesem einen Plakat geblieben, hätte eine Tierschutzorganisation nicht zeitnah einen T-Shirt-Designwettbewerb veranstaltet. Ich zeichnete die ganze Nacht an einer „Stop Animal Testing“-Illustration und belegte damit den zweiten Platz. Seitdem findet sich das Thema Tierschutz in allen meinen Illustrationen wieder. Über meine Social-Media-Kanäle veröffentliche ich diese, um möglichst viele Menschen zum Denken anzuregen.
Seit vergangenem Jahr arbeiten Sie mit dem Deutschen Tierschutzbund zusammen und haben verschiedene Kampagnenillustrationen kreiert. Warum ist es Ihnen wichtig, den Verband auf diese Weise zu unterstützen?
Lummertzheim: Der Deutsche Tierschutzbund leistet großartige Arbeit, die egal auf welche Art und Weise unterstützenswert ist. Ich bin der Meinung, dass jeder noch so kleine Schritt in Richtung Tierschutz wichtig ist und jeder irgendwie helfen kann. Ich kenne Menschen, die verletzte Tiere zu Pflegestellen fahren, bei Wind und Wetter auf Demos gehen oder unter fast jedes eigene Instagram-Foto „#vegan“ schreiben – auch wenn es thematisch nicht passt. Sie alle erreichen Menschen und bewegen diese dazu, sich ebenfalls mit dem Tierschutz auseinanderzusetzen. Ich mache das, indem ich zeichne.
Wie sind Ihre Motive für den Deutschen Tierschutzbund entstanden und welche Geschichten stecken dahinter?
Lummertzheim: Bei den Illustrationen an sich ist es mir wichtig, möglichst viele Menschen in den Sozialen Medien mit einzubinden. Einfach, um den Tierschutzthemen mehr Präsenz zu verleihen. Zeichne ich eine Gruppe von Tieren, frage ich zum Beispiel die Follower nach Fotos von ihren Lieblingen, damit ich diese für die Zeichnung verwenden kann. So habe ich für die „#RespektTaube“-Illustration das Taubenpärchen Ava und Kiwi ausgewählt. 2018 hatte ein mutmaßlicher Taubenhasser mehrere Tauben im Schalksmühler Tierheim Dornbusch getötet. Die beiden waren zwei der wenigen, die diese grausame Tat überlebt haben. Auf der „Lieblingstier Tierheimtier“-Illustration sind die Hündin Mona, die Katze Luna und das Kaninchen Pepe zu sehen, ehemalige Tierheimtiere, die bereits ein glückliches Zuhause gefunden haben – alles echte Tiere, die ihre eigene traurige Vorgeschichte haben.
Für die Tierheimtier-Illustrationen haben Sie Ihre Fans gebeten, Ihnen Fotos ihrer Tierheimtiere zu schicken. Diese dienten dann als Vorbild für Ihre Motive. Nach welchen Kriterien haben Sie die Auswahl getroffen – haben Sie zum Beispiel Tiere ausgesucht, deren Schicksal Sie besonders berührt hat?
Lummertzheim: Jedes Schicksal berührt mich und die Auswahl der Tiere fällt mir immer super schwer. Am schlimmsten ist es jedoch, wenn ich zwischen den vielen Fotos eins sehe und mir denke: „Oh, die Katze ist ja niedlich“ und dann lese ich in dem Kommentar, dass sie vor kurzem verstorben ist… Als empathischer Mensch muss ich dann erst mal schlucken. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie alle in einer Illustration unterbringen, aber das ist leider nicht machbar. Ich gehe deshalb nach meinem Bauchgefühl.
Im Rahmen unserer Kampagnen „Tierheime helfen. Helft Tierheimen!“ und „#RespektTaube“ wurden Ihre Motive der Tierheimtiere und der geretteten Tauben unter anderem auf Gratis-Postkarten sowie auf Großplakaten in zahlreichen Städten abgebildet. Wie fühlt es sich an, Ihre Illustrationen so prominent platziert zu sehen?
Lummertzheim: Ich kann das gar nicht so richtig zuordnen oder in Worte fassen. Es freut mich einfach riesig, dass mir der Deutsche Tierschutzbund diese Möglichkeit geboten hat, denn alleine hätte ich es niemals geschafft, so viele Menschen mit meinen Illustrationen zu erreichen. Und ich musste echt schmunzeln, als ein Kumpel mir aus dem 400 Kilometer entfernten Hamburg ein Foto meiner Postkarte zuschickte, die er in einem Lokal entdeckt hat.
Sie selbst haben auch eine Katze aus dem Tierheim. Warum wollten Sie speziell dieses Tier bei sich aufnehmen?
Lummertzheim: Das Schicksal wollte es so, denn geplant war das nicht – so viel kann ich schon mal sagen. Neun Jahre ist es jetzt her, seit ich die Katzenhilfe in Oberhausen beim Einfangen von frei lebenden Katzen unterstützen wollte, damit diese kastriert und wieder ausgesetzt werden können. Als ich in das Haus des Vorstandsmitglieds trat, kamen mir bestimmt sechs Katzen entgegengerannt. Vorneweg eine winzige, freche Babykatze – meine heutige Ga-Yaa. Sie wurde von der Müllabfuhr in einer Mülltonne gefunden – weggeworfen, wie Abfall. Die Katzenhilfe päppelte die Kleine auf und als es ein paar Wochen später hieß, dass sie noch kein neues Zuhause hat, habe ich gesagt, dass ich sie nehmen könnte. Für den einen war sie „Müll“, für mich ist sie ein Teil meiner Familie.
Sie haben zudem Katzen, die nicht aus dem Tierschutz stammen. Warum würden Sie heute eher empfehlen, im Tierheim nach einem passenden tierischen Begleiter zu suchen?
Lummertzheim: Das stimmt, zwei meiner drei Katzen stammen von „Hobbyzüchtern“. Ich wusste es damals nicht besser und habe mir keine Gedanken darüber gemacht. Aber durch meinen Kauf habe ich einem Tierheimtier die Chance auf ein Zuhause genommen, welches es dringender benötigt hätte. Erst mit meinem wachsenden Interesse für den Tierschutz habe ich mein Handeln hinterfragt. Wenn ein Tier, dann nur noch aus dem Tierschutz!
Welche künstlerischen Projekte planen Sie als nächstes?
Lummertzheim: Mir hat die Zusammenarbeit mit den Tierschutz-Kids und -Teens des Tierschutzvereins Groß-Essen im vergangenen Jahr viel Freude bereitet. In der Essener Innenstadt haben sie die Bürger an einem Info-Stand über Tierschutzthemen aufgeklärt und ich habe sie dabei unterstützt. Kinder sind unsere Zukunft – Projekte zum Beispiel mit Schulen, als Gastdozentin im (Kunst-)Unterricht, fände ich von daher super. Ich muss mal schauen, welche Menschen und Unternehmen ich von meinen Ideen begeistern kann, denn ich mag es auch, wenn Aufklärung über den Tierschutz nur subtil bei einem Projekt wiederzufinden ist. Auch da, wo man gar nicht damit rechnen würde. Aber das sind erst einmal nur Gedanken; mal schauen, was sich so ergibt.
Vielen Dank für das Gespräch.