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Moderne Zeiten?

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Moderne Zeiten?

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert die Missstände in der Fleischproduktion und kritisiert, wie Schweine und andere Tiere in einem auf Tempo und Effizienz getrimmten System leiden.

  • Autor: Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Die Corona-Pandemie führt uns eindrucksvoll vor Augen, wie verletzlich unsere globalisierte und schnelllebige Wirtschaft ist. Die eng getakteten, auf Tempo und Effizienz getrimmten Wirtschaftskreisläufe sind hoch anfällig für Störungen. Wie sehr Tiere unter diesem System leiden, zeigt die Situation der Schweinehalter: Kaum wird einer der Megaschlachthöfe aufgrund von Corona geschlossen, bricht das gesamte System zusammen. Die Schweine stauen sich auf den Höfen, neue kommen nach – und der Kollaps droht. Die Tiere leiden, die Landwirte kämpfen um ihre Existenz.

Man hätte damit rechnen können, rechnen müssen. Die Erkenntnis, wie entwürdigend ein solches System für Mensch und Tier sein kann, ist nicht neu. Kürzlich habe ich den Film „Moderne Zeiten“ aus dem Jahr 1936 geschaut. Die Szene, die mich am meisten beeindruckt hat, ist die, in der Charlie Chaplin in die Maschine gerät und zu einem Teil von ihr wird. Der Mensch ist nicht mehr Mensch, er ist ein Rädchen in einer gewaltigen Maschinerie, unbedeutend, geradezu versklavt.

Dieses Bild geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Ist es nicht genau das, was mit den Schweinen in der Fleischproduktion geschieht? Schweine sind intelligent, verspielt, sie fühlen, sind neugierig und haben Angst. Wer gibt uns das Recht, sie und all die anderen Tiere in ein System zu zwingen, das nur auf Effizienz und Rendite setzt? Ein System, in dem ein Tier zu nichts anderem degradiert wird als zu einem Produktionsfaktor? Wir werfen diese wunderbaren Geschöpfe in eine große Maschinerie und nehmen ihnen ihre Würde. Moderne Zeiten? Nein, das ist alles andere als modern.

Wir Tierschützer werden dafür kämpfen, dass eine der Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie sein wird, dieses System zu beenden. Es darf nicht sein, dass Menschen und Tiere leiden, damit Fleisch in großen Mengen zu Billigpreisen verramscht werden kann. Wir müssen den Tieren ihre Würde zurückgeben – und uns unsere.

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Bildrechte: Artikelheader: Jo-Anne McArthur; Foto: Deutscher Tierschutzbund e. V.