Ein veganes Paradies

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Ein veganes Paradies

Veganer Wein gefällig oder lieber eine Macaron – auch ganz ohne tierische Produkte hergestellt? Die Messe VeggieWorld in Düsseldorf lässt nicht nur die Herzen von Veganern höher schlagen.

  • Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER

Jan Kreutz über vegane Weine

Jan Kreutz, Aussteller von veganen Weinen auf der VeggieWorld.

Die Nachfrage nach veganen Wein steigt. Jan Kreutz erläutert die Herstellung und zieht nach drei Tagen auf der Messe VeggieWorld eine Bilanz. Lesen

Wussten Sie schon, dass viele Weine mit Gelatine, Hühnereiweiß oder Fischblase geklärt werden? Nein? Da sind Sie sicher nicht die einzigen. Damit aber auch eingefleischte Veganer einen Bordeaux mit gutem Gewissen trinken können, beschäftigen sich laut Jan Kreutz, geschäftsführender Inhaber einer Wein Boutique, immer mehr Winzer mit dieser Thematik. „Ich wurde immer häufiger nach veganen Weinen gefragt, daher habe ich reagiert und entsprechende Weine in mein Programm aufgenommen“, so Kreutz. Neben Wein lockten auch diverse süße und herzhafte Köstlichkeiten an die Messestände. „Macarons gab es nur vegetarisch, aber nicht vegan – das war das einzige Produkt, was wir so noch nicht im Angebot hatten“, so Franziska Wenzel, Mitarbeiterin bei „Veganes Naschen“.

Und der Selbsttest beweist es: Sie schmecken wie das Original und es gibt sie in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen, von Apfel bis French Karamell. Eine besondere Herausforderung sei es gewesen, die für eine Macaron typische Kruste aus Eischnee durch eine vegane Alternative zu ersetzen. „Wir haben sehr lange herum experimentiert, bis wir die richtige Mischung aus Lupinenmehl und Kartoffelstärke hatten und auch wirklich zufrieden mit dem Ergebnis waren“, so Wenzel. Mit dem Onlineshop hat sich das Team einen Herzenswunsch erfüllt. „Es ist ein tolles Gefühl, unsere persönliche Überzeugung produktiv nutzen zu können, um einen kulinarischen Beitrag zur veganen Bewegung zu leisten“, heißt es auf der Webseite von „Veganes Naschen“.

VeggieWorld zieht viele Besucher an

An den drei Messetagen sollen sich laut Angaben des Vegetarierbundes Deutschland (VEBU), offizieller Partner der VeggieWorld, insgesamt 10.500 Besucher umgeschaut haben – und das in einem beeindruckenden Ambiente. Der Veranstalter Wellfair hatte sich für die Alten Schmiedehallen auf dem Areal Böhler entschieden – ein restaurierter Industriekomplex vergangener Tage aus Stahlkonstruktionen und verglasten Elementen des ehemals dort produzierenden Stahlkonzerns Böhler. Dort, wo einst zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges teilweise für die Rüstungsindustrie produziert wurde, reihte sich nun in entspannter Atmosphäre ein veganer Stand an den anderen.

Auch Lieferdienste, Reiseveranstalter und Hotelbetreiber scheinen die Chancen eines veganen Angebots für sich entdeckt zu haben. So auch Matthias Birkhölzer, der zusammen mit seiner Familie ein Naturkost-Hotel im Harz betreibt. Er präsentierte auf der Messe eine ganz besondere Delikatesse – ein veganes Spiegelei auf Rohkostbasis. Und auch hier beweist der Selbsttest, dass das aus Kohlrabischeiben bestehende Spiegelei tatsächlich nach Ei schmeckt.
„Das Geheimnis ist Kala Namak, ein Schwefelsalz“, sagt Birkhölzer. Das Mineral kommt in Indien und Pakistan in entsprechenden Vulkan- und Lavaminen vor, in denen es als Salz abgebaut wird. Das Mineral selbst weist einen schwefligen Geruch auf, der den Speisen das typische Ei-Aroma gibt. „Wir haben uns in unserem Hotel auf Rohkost spezialisiert, bieten aber auch vegetarische und
vegane Kost an“, so Birkhölzer über das Ernährungskonzept des Hotels. Insbesondere kämen Familien mit Kindern und ältere Besucher. Viele besuchten das Hotel auch aus gesundheitlichen Gründen.

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Profikoch Björn Moschinski in Aktion.

Ein weiteres Highlight der VeggieWorld sind die Kochshows. Der vegane Profikoch Björn Moschinski ist einer davon – er verwöhnt mit seinen Kreationen nicht nur anspruchsvolle Gaumen, sondern möchte auch die Idee des Veganismus verbreiten und massentauglich gestalten. „Vegan zu essen und zu leben, hat nichts mit Verzicht zu tun, das zu zeigen, ist mir wichtig“, so Moschinski.

Neben allerlei Lebensmitteln gab es auch vegane Mode zu bewundern. Ein Hersteller aus Wien präsentierte Taschen, Rucksäcke und Accessoires aus Kork. Alle Produkte aus dem reinen Familienbetrieb sind leicht, wasserabweisend und fleckunempfindlich. „Wir haben ganz klein begonnen und freuen uns sehr, dass unsere Produkte inzwischen so gut angenommen werden“, so
Ernst Weberstorfer. Die Begeisterung für das Produkt scheint groß. Viele Besucher bleiben am Stand der Familie Weberstorfer stehen und lassen sich beraten. Kork ist ein reines Naturprodukt, das von der Korkeiche stammt. Um es zu gewinnen, muss kein Baum gefällt werden. Die Bäume wachsen am westlichen Mittelmeer und können mehrere hundert Jahre alt werden. Den Kork gewinnen die Arbeiter, indem sie die bis zu zehn Zentimeter dicke Schicht der Rinde abtragen. Diese wächst wieder nach, was den Wirtschaftszweig sehr nachhaltig macht.

 Vegane Szene wächst

Dass die Messe den Bedürfnissen der heutigen Zeit nach einer nachhaltigen Lebensweise gerecht wird, zeigt sowohl der Zulauf an Besuchern als auch an Ausstellern. 2011 startete die VeggieWorld mit gerade mal 21 Ausstellern, heute sind es über 100. Im nächsten Jahr soll es die Messe an acht unterschiedlichen Standorten Europas geben – von Rhein-Main über Paris bis Zürich. Dass auch das Publikum bunt gemischt ist, zeigt sich im Gespräch mit den Besuchern. Ein Paar mit Säugling aus Köln – die Frau lebt vegan, der Mann isst auch Fleisch – sagt: „Wir versuchen, uns nicht gegenseitig zu konvertieren, das klappt eigentlich ganz gut. Außerdem probiere ich gerne viel aus, auch mit Quinoa, und mein Mann isst es.“ Das gemeinsame Kind soll später selbst entscheiden dürfen, was es essen möchte. „Es soll auf jeden Fall nicht zum Außenseiter werden und zu einem Kindergeburtstag seinen eigenen veganen Kuchen mitbringen müssen“, so der Ehemann. Auch
Sven K. aus Hamburg, der sich seit kurzer Zeit aus ethischen Gründen vegan ernährt, ist froh über das Angebot der VeggieWorld: „Mich interessiert das Thema vegane Ernährung und die Vorträge, die hier stattfinden. Im Alltag ist es leicht, sich vegan zu ernähren, nur auf Dienstreisen muss ich immer die veganen Basics mitnehmen.“

Der Messebesuch zeigt, dass der Markt für vegane Produkte aus dem Schattendasein in einer Szene für Eingeweihte herausgetreten und massentauglich geworden ist. „Vegan“ ist in aller Munde – Promis bekennen sich publikumswirksam zu einer veganen Lebensweise, Fleischproduzenten schaffen Ersatzprodukte, Food-Trucks bieten immer öfter vegane Speisen an und neue Online- wie stationäre Einzelhändler sprießen wie Pilze aus dem Boden – kurzum: Vegan ist angesagt und allgegenwärtig!

Weiterführende Informationen

  • Auf unserer Übersichtsseite finden Sie allgemeine Informationen zum Thema Vegetarismus und Anregungen für die vegane Küche.
    www.tierschutzbund.de/vegetarismus
  • Das Biologisch-Vegane Netzwerk für Landwirtschaft und Gartenbau erläutert unter anderem die Hintergründe zur bio-veganen Landwirtschaft.
    www.biovegan.org

Bildrechte: Teaser "Messegelände": VEBU, Porträt "Jan Kreutz": Deutscher Tierschutzbund e.V., "Björn Moschinski": VEBU