Stina Spiegelberg: Vegane Küche ist für mich eine gesundheitsorientierte Spaßküche. Noch nie habe ich so bunte Zutaten erlebt und eine so große Vielfalt genossen. Früher habe ich mich eher darauf ausgeruht, dass Fleisch und Käse auf dem Teller waren und das war mit genug. Verglichen damit sind vielfältige Getreidesorten, Obst und Gemüse ein Feuerwerk. Hinter die Kulissen zu blicken, zu sehen woraus unser Essen gemacht ist, und dass man die Verantwortung für seine Umwelt und die eigene Gesundheit nicht in die Hände von Fremden legt, sondern selbst bestimmen kann. Das ist für mich ein wahrer Lebensgenuss.
Stina Spiegelberg: 2008 wurde meine Entscheidung maßgeblichen von ethischen Motiven angetrieben. Bewegte Bilder mit grausamem Inhalt können einen nachhaltigen Effekt haben. Nach und nach wurden mir neue Zusammenhänge der veganen Ernährung mit unserer Umwelt und dem Weltgeschehen bewusst. Neben der pflanzlichen Ernährung ist mir eine bewusste und gesunde Lebensweise sehr wichtig und die Nachhaltigkeit unseres Handelns, zum Beispiel im Bio-Landbau. Inzwischen motiviert mich jeden Tag wie viel Menschen gemeinsam bewegen können. Dass eine einfache Entscheidung mit Genuss das Weltgeschehen verändern kann. Essen ist politisch geworden, das treibt mich an, jeden Tag.
Stina Spiegelberg: Als ich 2008 vegan wurde war ich noch Studentin und immer „DIE Veganerin“ *Fingerzeig*. Menschen haben sich mir gegenüber nur gerechtfertigt (mit offensichtlich falschen Behauptungen wie „Ich essen auch nur Biofleisch vom Metzger meines Vertrauens“) und Konversationen liefen mit Anschuldigungen aus dem Ufer. Wenn man sich ansieht, was für eine Qual mit denen betrieben wird, die sich nicht wehren können, entwickelt man einen Gräuel auf die Menschheit. Aber „die Menschheit“ sind meine Freunde und Familie, und ich wollte mich nicht abschotten. Daher fing ich an, leckere Kleinigkeiten mitzubringen, wann immer ich eingeladen wurde.
Es machte schnell die Runde, wie lecker vegan schmeckt und die begeisterten Esser wollten ihren Ohren nicht trauen, dass alles ohne Eier und Milch entstanden sei. Es wurde Rezepte rumgereicht bis mir die Finger bluteten. Irgendwann wurde mir der Aufwand zu groß alle Rezeptanfragen persönlich zu beantworten und ich fing an den veganen Rezepteblog www.veganpassion.de zu schreiben. Meinen Blog mit über 500 veganen Rezepten, stelle ich auch weiterhin kostenlos zu Verfügung, um die Hemmschwellen zu einer pflanzlichen Ernährung abzubauen. Ein paar Jahre später kam ein Verlag auf mich zu und fragte ob ich mir vorstellen könne ein veganes Buch zu veröffentlichen *YAY!*. Daraufhin habe ich meinen Job in der IT geschmissen, und es seither keine Sekunde bereut. Ich fühle mich jeden Tag geschmeichelt von dem vielen Zuspruch und den lieben Menschen, die ich durch meine Arbeit kennen lernen darf.
Stina Spiegelberg: Am Wochenende ausprobieren und mit wenigen Rezepten anfangen. Für mich war es ein „alles oder nichts“- Spiel, ich kann nicht anders. Aber wer einen stressigen Alltag hat, unter Druck steht und wenig Zeit hat, der hat nachhaltig Freude daran, jedes Wochenenede 1-2 neue vegane Gerichte auszuprobieren. So lange bis sich damit ohne viel Aufwand die ganze Woche gestalten lässt. Wer Fragen zum Einstieg hat kann mich gerne unter kontakt@veganpassion.de anschreiben und ist herzlich in einem meiner nächsten Kurse eingeladen: www.veganpassion.de/Kurse
Stina Spiegelberg: Oh Gott das ist schwierig, hast du mal meine Küche gesehen?! Auf jeden Fall Hirse, Reisspaghetti, Dinkelvollkornmehl, Sojajoghurt, Haferflocken. Und Schokolade – die zählt als Grundnahrungsmittel!
Stina Spiegelberg: Mein Leben steht für Abwechslung, ich liebe es jeden Tag andere Dinge auszuprobieren, daher fällt es mir wirklich schwer ein einzelnes Rezept auszusuchen. Brownies sind definitiv der Knaller, die Vollkorn-Beeren-Muffins retten mich regelmäßig über ein Mittagstief und als Frühstückskuchen ist der Chia-Zitronenkuchen ein Genuss. Vielleicht nenne ich mein nächstes Buch „Kuchen für jede Tages- und Nachtzeit“ 😉
Stina Spiegelberg: 2016 habe ich mit großartigen Kollegen das Plant Based Institute gegründet, mit dem Ziel die vegane Ernährung Multiplikatoren und professionellen Gastronomen in allen Facetten nahe zu bringen. Ich freue mich sehr Schirmherrin des gemeinsamen Projektes des VEBU und der BKK Provita „Aktion Planzenpower“ zu sein, das die vegane Ernährung für Schulen und öffentliche Einrichtungen zugänglich macht. Die Workshops mit Kindern sind ein riesiges Erlebnis. Kinder können so viele Ideen generieren und nehmen Anregungen vorurteilsfrei auf. Gemeinsames Kochen ist für viele Kinder ein Novum und gibt ihnen einen sichtlich positiven Anstoß und Bestätigung. Das mit anzusehen ist wundervoll.
Im April erscheint mein neues Buch „Vegional“, worauf ich mich sehr freue. Mit einem kreativen Team an tollen Frauen ist ein Buch entstanden, das ausschließlich regionale Zutaten verwendet (kein Rohrzucker oder exotische Zutaten), und diese in modernen und alltagstauglichen Rezeptideen präsentiert. Ich könnte mich jeden Tag durch das Buch futtern, an manchen Stellen ist es dann doch schade, wenn man mit neuen Rezepten weiter machen „muss“.
Die Zukunftsperspektive ist für mich gerade sehr aufregend. „Ich wünsche mir Frieden“ klingt total kitschig. Aber was dahinter steckt ist der Wunsch, dass wir erkennen was wir wirklich brauchen und nicht gieren nach noch mehr. Eine gleichmäßige Verteilung von dem was wir haben und ein ehrlicher Umgang miteinander hört sich für die Zukunft verdammt gut an.
Bildrechte: Porträtfoto: Stina Spiegelberg