Autor: Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes
Tiere, Natur oder Umwelt – Organisationen, die seit Langem als gemeinnützig anerkannt sind, dienen dem Gemeinwohl und ausdrücklich nicht Einzel- oder Gruppeninteressen. In den letzten Jahren haben sie sich immer erfolgreicher auch in politische Entwicklungen eingeklinkt. Sie halten den Verantwortlichen den Spiegel vor, machen politisches Versagen deutlich und ergreifen eigene Initiativen. Es ist nicht verwunderlich, dass sie bei denen, die in diesen Spiegel schauen, unbeliebt sind. Die FDP forderte, mit Applaus und Nachahmern aus anderen Parteien, jenen die Gemeinnützigkeit zu entziehen, die mit heimlich gedrehten Filmsequenzen Missstände aufdecken. Von den Missständen selbst und wie diese zu beseitigen sind – immerhin ging es um erhebliches Tierleid – war keine Rede. Die CDU forderte auf ihrem Parteitag das Gleiche für die Deutsche Umwelthilfe.
Mit solchen Debatten werden unliebsame Mitstreiter diskreditiert. Auch wenn es gar nicht in der Macht einzelner Parteien steht: Schon die Androhung des Entzugs der Gemeinnützigkeit ist in einem demokratischen Staat ein Skandal. Offenbar ist der Ärger in derpolitischen Klasse groß. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner ließ ihrem Unmut über den kritischen Bericht in der Sendung „Bericht aus Berlin“ im Rahmen der Grünen Woche freien Lauf. Sie bezeichnete Tier- und Umweltschützer als Lobbyisten.
Dieser suggestive Unterton lässt aufhorchen. Die Demo „Wir haben es satt!“, bei der Bürger für eine bessere Landwirtschaft auf die Straße gehen, nannte sie „Gaudi“. Das ist respektlos. Ein Neulandbetrieb mit 800 Schweinen würde, so Klöckner im ZDF, in ihrem Heimatbundesland als Agrarfabrik gelten. Abgesehen davon, dass bei Neuland niemand weiß, wen sie meint: Sie vergaß zu erwähnen, dass in Neulandbetrieben die Tiere auf Stroh mit Licht, Luft und Platz gehalten und nicht unbetäubt kastriert werden. Und dass ansonsten in Deutschland im Schnitt mehr als 2.000, gerne auch mal 7.000 Mastschweine pro Betrieb in drangvoller Enge auf Vollspaltenböden leben – ganz zu schweigen von den tatsächlichen Agrarfabriken.
Da bleibt die Frage, ob laute Worte statt Taten und das Verwechseln von Ursache und Wirkung die neue politische Kultur in Deutschland sind – im Trend liegt man damit offenbar.
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