Finden kann so leicht sein

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Finden kann so leicht sein

Entlaufen, entflogen, über Nacht nicht zurückgekehrt: Verschwindet ein Haustier, ist der Kummer groß. Sind die Tiere jedoch gekennzeichnet und registriert, stehen die Chancen auf ein Wiedersehen gut. Darum sollte jeder Tierhalter diese Möglichkeit nutzen.

  • Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER

Ein Hund verschwindet. #registrierdeintier

Halter sollten nicht nur Freigängerkatzen registrieren. Auch Hunde können unerwartet verschwinden, ebenso wie Vögel, Kaninchen oder andere Kleintiere.

Sie sind allgegenwärtig. In der Großstadt und auf dem Dorf. Sie hängen in der beschaulichen Wohngegend am Baumstamm, im Supermarkt am Schwarzen Brett. Auch über die Sozialen Medien verbreiten sie sich: Suchmeldungen verzweifelter Haustierbesitzer, die ihre Lieblinge vermissen. Plakate, liebevoll gestaltete Abreißzettel und herzzerreißende Posts erinnern daran, wie viel Kraft die Sorge um das tierische Familienmitglied kostet. In 44 Prozent aller Haushalte in Deutschland lebt ein Heimtier. Jedem zweiten Haustierbesitzer ist schon mal das Tier weggelaufen oder es ist länger nicht nach Hause gekommen, wie der Bonner Marktforschungsanbieter OmniQuest ermittelt hat. Erschreckend. Allein das Tierheim Berlin nimmt wöchentlich 40 Fundtiere auf – und nur in wenigen Fällen gelingt es, die Halter ausfindig zu machen. Warum? Weil viele von ihnen ihre Hunde und Katzen nicht registrieren. Ob Tier und Halter wieder zueinanderfinden, ist in diesen Fällen reine Glückssache.

Kampagne #RegistrierDeinTier

„Bringen die Behörden oder Finder gekennzeichnete und registrierte Tiere zu Tierärzten oder Tierschutzvereinen, benötigen sie mit einem Chiplesegerät und einem Anruf nur kurze Zeit, um den Besitzer ausfindig zu machen. Dann kehren sie meist noch am gleichen Tag nach Hause zurück“, berichtet Andrea Furler-Mihali, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Aber: Auch Besuche betroffener Familien, die durch die Tierheime tingeln, um ihre verschwundenen Lieblinge zu finden, gehören zum Alltag. Um das zu vermeiden, wirbt der Verband für die Kennzeichnung und Registrierung von Heimtieren. „Jeder Tierhalter kann etwas tun. Es ist kinderleicht, sein Tier kennzeichnen zu lassen und es zu registrieren. Sollte es vermisst werden, ist die Chance auf seine Rückkehr deutlich höher“, berichtet Caterina Mülhausen, Leitung Campaigning beim Deutschen Tierschutzbund. Die aktuelle Kampagne #RegistrierDeinTier zeigt unter dem Slogan „Lass Dein Tier nicht einfach verschwinden“ auf Plakaten, Webseiten und Infomaterialien, wie wichtig die Registrierung ist.

Unter dem Slogan "Lass Deine Katze nicht einfach verschwinden" macht der Deutsche Tierschutzbund auf dringend notwendige Registrierungen aufmerksam.

Unter dem Slogan „Lass Deine Katze nicht einfach verschwinden“ macht der Deutsche Tierschutzbund auf dringend notwendige Registrierungen aufmerksam.

REGISTRIEREN VERMEIDET KUMMER

Um ein Tier registrieren zu können, ist erst die Kennzeichnung durch einen Tierarzt erforderlich. Er injiziert den Transponder mit dem Mikrochip – so groß wie ein Reiskorn – mit einer Kanüle an der linken Halsseite des Tieres unter die Haut. Der Eingriff kostet ungefähr 35 Euro und ist – entgegen irrtümlicher Vorurteile – bei korrekter Durchführung medizinisch unbedenklich. „Weder wandern die Chips durch den Körper noch lassen sich die Transponder per GPS orten“, stellt Furler-Mihali klar. Das Tier leidet nicht. „Der Schmerz ist mit einer Injektion wie bei einer Impfung vergleichbar. Bestenfalls erfolgt der Eingriff in Narkose, beispielsweise während einer Kastration“, empfiehlt Furler-Mihali. Definitiv verpflichtend ist die Betäubung bei der Kennzeichnung in Form einer Tätowierung. Sie birgt jedoch Risiken, denn für sie fehlen Vorschriften. „Jeder Tierarzt vergibt eigene Tattoonummern. Erhalten Tiere die gleiche Nummer, ist es unmöglich, sie nach Bundesländern oder Regionen zuzuordnen“, weiß Furler-Mihali. „Hinzu kommt, dass Tätowierungen verblassen können.“

Der Chip alleine reicht nicht

Für die Tierheime, die dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossenen sind, sind Transponder das Mittel der Wahl. Sie kennzeichnen Fund- und Abgabetiere und registrieren die Identifikationsnummern bei FINDEFIX, dem Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes. Diesen zweiten, kostenlosen Schritt versäumen viele Halter in dem Irrglauben, der Chip allein reiche zur Identifikation aus. „Das stimmt nicht. Das möchten wir allen Tierhaltern mit #RegistrierDeinTier näherbringen“, berichtet Mülhausen. Ohne die Registrierung ist die Kennzeichnung überflüssig. „Nur der Eintrag in eine international abrufbare Datenbank verrät den Findern, mit welchem Findelkind sie es zu tun haben“, verdeutlicht Daniela Rohs, Abteilungsleiterin von FINDEFIX. Das ist auch bei Urlauben von Bedeutung. Auslandsreisen mit Hunden und Katzen sind seit Juli 2011 nur gestattet, wenn die Tiere durch einen Transponder gekennzeichnet sind. „Zusätzlich muss die Identifikationsnummer im EU-Heimtierausweis eingetragen sein“, ergänzt Furler-Mihali, die gleichzeitig dazu rät, Katzen nicht mit in den Urlaub zu nehmen, wenn die Versorgung zu Hause gewährleistet ist.

Registrieren: So einfach gehts

Jährlich verschwinden Tausende Katzen spurlos. Viele haben Glück und werden von Katzenfreunden gefunden und
im Tierheim abgegeben. Aber nur wenn sie gekennzeichnet und registriert sind, können sie eindeutig identifiziert werden und in ihr liebevolles Zuhause zurückkehren. Dazu braucht es nur vier Schritte. Die Anleitung.

KENNZEICHNUNGSPFLICHT GEFORDERT

Reiseregelungen sind wichtig. Für Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, gleichen sie jedoch nur einem Tropfen auf den heißen Stein: „Wir fordern seit Langem eine Heimtierschutzverordnung, die unter anderem eine generelle Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen vorschreibt. Das würde Tierheimen die Rückgabe von Fundtieren an die Besitzer erleichtern. Das entlastet Tierschutzvereine, und sie können sich für andere Tiere einsetzen, die Schutz benötigen.“ In Österreich besteht seit zehn Jahren eine vergleichbare Pflicht – zumindest für Hunde. Welpen müssen dort per Transponder gekennzeichnet und in der Datenbank des Gesundheitsministeriums registriert werden – inklusive Name des Züchters und des Halters. „Das hat sich als sehr erfolgreich erwiesen. Die Halter bekommen ihre Hunde schneller zurück. Tierheime vermeiden Infektionsrisiken. Und den Tieren bleibt der Stress eines langen Heimaufenthaltes erspart“, so Schröder. Sind Tiere registriert, erschwert das das krankhafte Halten von Tieren auf engstem Raum, das sogenannte Animal-Hoarding, das Aussetzen und illegale Verkäufe. Auch Behörden und Tierschutzvereine würden von besseren Bedingungen für die Kontrolle von frei laufenden Hunden und frei lebenden Katzenpopulationen profitieren.

 

IN 650 DEUTSCHEN
STÄDTEN UND GEMEINDEN
BESTEHT BEREITS EINE
REGISTRIERUNGSPFLICHT.

 

Daher kämpft der Deutsche Tierschutzbund unermüdlich für eine nationale und EU-weite Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde und Katzen. Auch lokal wirbt er um Unterstützung. „Kommunen können Millionenbeträge einsparen, weil ihre Tierheime geringere Aufwände haben, wenn Tiere schneller nach Hause zurückkehren“, so Schröder. Als Vorreiter unter den deutschen Millionenstädten hat Köln im April eine Verordnung zum Schutz von Katzen erlassen. Sie umfasst auch eine Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Freigängerkatzen. „Ohne das herausragende ehrenamtliche Engagement der Tierschützerinnen und Tierschützer sowie der Tierärztinnen und Tierärzte in Köln gäbe es die Verordnung nicht“, bestätigt Konrad Peschen, Leiter des Kölner Umwelt- und Verbraucherschutzamtes. Insgesamt gibt es mittlerweile über 650 Städte und Kommunen in Deutschland, die eine Kastrations-, Kennzeichnungsund Registrierungspflicht für Katzen mit Freigang eingeführt haben.

ZENTRALE DATENBANK EINFACH UMSETZBAR

„Noch haben alle Bundesländer unterschiedliche Kennzeichnungs- und Registrierungspflichten, die sich meist nur auf Hunde oder gar nur auf sogenannte gefährliche Hunde beschränken“, kritisiert Schröder. Dabei erfordert eine bundesweit einheitliche Umsetzung keinen großen bürokratischen und finanziellen Aufwand. Schließlich gibt es bereits Register wie FINDEFIX. Auf mehr als zehn Millionen bereits registrierte Tiere in bestehenden Registern könnte ein vernetztes System zurückgreifen. „Die teure Einrichtung und Verwaltung einer neuen Datenbank entfällt. Lediglich eine Software, die alle Register im Verbund vernetzt, sowie die Bereitstellung eines Webservices durch alle angeschlossenen Register wären vonnöten“, verrät Rohs. Zudem wäre das System kompatibel mit einer europaweiten Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen, die das Europaparlament seit Jahren fordert. Bislang sind beide Maßnahmen für Hunde in 23 Mitgliedsstaaten verpflichtend, die Registrierung von Katzen nur in zweien. Trotz der großen Vorteile ist der politische Entscheidungsprozess langwierig, weiß Schröder: „Bis wir eine verbindliche Heimtierschutzverordnung erreicht haben, appellieren wir an alle Tierhalter, ihre Tiere kennzeichnen und bei FINDEFIX kostenfrei registrieren zu lassen.“

 


VERMISST, GESUCHT, GEFUNDEN

Die Situationen, in denen Haustiere verschwinden, sind so vielseitig wie die Wege, die sie danach zurücklegen. Entsprechend langwierig und nervenaufreibend kann die Suche für ihre Besitzer sein. Zwei besondere Geschichten zweier Rückkehrer:

„Ich hätte nie gedacht, dass ich Pebbels wiederbekomme.“ Tina Neher hat ihre Katze im Tierheim Donaueschingen nach fast zwei Jahren wieder glücklich in die Arme geschlossen. Während einer Autopanne an einem heißen Tag im Mai 2016 hatte sie dem Tier Wasser geben wollen. Doch Pebbels erschrak in ungewohnter Umgebung und flüchtete aus der Transportbox. Sofort meldete Neher den Verlust und schaltete Suchaufrufe in der lokalen Zeitung. Eine Tätowierung sollte die Identifikation einfach ermöglichen. Doch bis Dezember 2017 blieb Pebbels verschwunden. Wie sich nachher herausstellte, hatten bereits drei Tierärzte die Katze, unter anderem wegen Bissspuren, behandelt. „Und jedes Mal wurde das Tattoo ausgelesen, aber es war leider nicht gut zu erkennen, obwohl es erst drei Jahre alt ist“, so Neher. Im  Kreistierheim Donaueschingen gelang es schließlich, die tätowierte Nummernfolge korrekt zu entziffern. Dank der Registrierung endete Pebbels Odyssee dann noch am selben Tag. Weil Tätowierungen verblassen können, empfiehlt der Deutsche Tierschutzbund die Kennzeichnung per Mikrochiptransponder.

 

Katze Ylva erholt sich von ihrem Ausflug ins 50 Kilometer entfernte Heerlen.

Katze Ylva erholt sich von ihrem Ausflug ins 50 Kilometer entfernte Heerlen.

Ohne Registrierung hätten Sabine und Igor Floß aus Kreuzau ihre Katze Ylva wohl niemals wiedergefunden. „Das erschien uns unvorstellbar, dass sie in 50 Kilometern Entfernung, in der niederländischen Stadt Heerlen, auftaucht“, sagt Sabine Floß. Wie die Freigängerkatze, die ansonsten jeden Tag nach Hause kommt, dorthin gelangen konnte, bleibt ungewiss. „Ein Unternehmer hat Ylva auf seinem Betriebsgelände entdeckt. Er betreut Kunden aus unserer Region. Darum vermuten wir, dass sie in einem Auto mitgefahren sein muss.“ Trotz der großen Entfernung freute sich das Ehepaar schon nach sechs Tagen über das Wiedersehen. Der Finder hatte die Katze von einer Tierärztin untersuchen lassen, die den Chip entdeckt und den Fund des Tieres aus Deutschland bei FINDEFIX gemeldet hat. „Seit ihrer Rückkehr ist Ylva viel anhänglicher“, berichtet Sabine Floß. Sie hat die Katze gekennzeichnet aus dem Tierheim Düren übernommen und empfiehlt die Registrierung weiter. „Es ist das zweite Mal, dass wir eine Katze so wiederfinden konnten. Damals hatte jemand unabsichtlich unsere andere Katze Shiva in einem Keller eingeschlossen.“

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