Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER
Reptilien sind im Trend und viele Halter schnell überfordert. In der Folge landen Bartagamen, Schildkröten und Co. in den Tierheimen. Diese sind aber häufig nicht darauf vorbereitet, die Tiere artgerecht unterzubringen. Schließlich stellen Reptilien andere Ansprüche als Hund oder Katze. Aus der Not der dem Verband angeschlossenen Vereine heraus hat der Deutsche Tierschutzbund reagiert und eine Reptilienstation errichtet – bundesweit die erste ihrer Art.
Die 400 Quadratmeter große Anlage mit großzügigen Volieren und Terrarien und die Papageien-Quarantänestation wurden Ende September eingeweiht. Am Tag selbst war alles so, wie es sein sollte: spätsommerlich warm, viele Gäste und zufriedene Tiere, denen das 13 Hektar große Gelände des Tierschutzzentrums Weidefeld zur Verfügung steht.
Auch viele der eingeladenen Tier- und Projektpaten hatten sich auf den teilweise weiten Weg in den hohen Norden gemacht. „Ich finde das Projekt super und es ist toll, zu sehen, dass die alten Bunkeranlagen sinnvoll genutzt werden“, lobte die aus dem hessischen Büdingen angereiste Birgit Geyer. Auch Ingrid Kratzmann aus dem nahe gelegenen Hamburg war nach Weidefeld gefahren, um ihr Patentier Chico, eine grüne Meerkatze, zu besuchen. „Ich bin seit Jahrzehnten Mitglied beim Deutschen Tierschutzbund, da hat sich die Patenschaft für ein Tier für mich angeboten. Außerdem bin ich ein großer Tierfreund. Meiner Nichte und meinem Mann habe ich auch bereits eine Patenschaft geschenkt.“
Das Highlight des Tages war die Einweihung. „Die Reptilienstation ist nur dank unserer tierlieben Spender möglich. Es ist ein Vorzeigeprojekt und gleichzeitig ein Mahnmal“, betonte Ehrenpräsident Wolfgang Apel in seiner Ansprache. Und weiter: „Die neu geschaffene Station kann die Tierschutzvereine entlasten und bei der Unterbringung von durch das Veterinäramt beschlagnahmten Tieren einspringen.“
Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, machte in seiner Rede deutlich, dass der Bau einer Reptilienstation unabdingbar war: „Die Tiere werden den Tierschutzvereinen teilweise vor die Tür gestellt. Die Nachfrage ist jetzt schon sehr groß.“ Er mahnte aber auch die Politik an, da es zur Haltung von Reptilien in privater Hand bisher keine gesetzlichen Vorgaben gibt. „Wir brauchen eine Positivliste, auf der steht, wie welches Tier gehalten werden darf“, so Schröder.
Außerdem gab er zu bedenken, dass derjenige, der das Halten solcher Tiere zulässt, auch für die Folgen, die sich aus einer Betreuung ergeben, aufzukommen hat. Neben allen Mahnungen hob der Präsident zwei Gäste besonders hervor: Jean-Paul Collette und Marion Klein. Collette ist Repräsentant der belgischen König-Baudouin-Foundation. Die Stiftung verwaltet über 40 Fonds – darunter auch den Fonds einer deutschen Stifterin, die mit ihrem Geld nachhaltige Tierschutzprojekte fördert. Aus diesem Topf flossen 50.000 Euro in die Reptilienstation und weitere 15.000 Euro in die Umzäunung der Pferdeweiden.
Tierfreundin Marion Klein würdigte Schröder ebenfalls. Diese hat mit ihrer Marion-Klein-Stiftung für Tierschutz die Lüftungsanlage der neuen Papageien- und Quarantänestation gefördert. Der Präsident begrüßte zudem die Leiterin des Tierschutzzentrums, Dr. Katrin Umlauf, das Tierpflegerteam und die zahlreichen Gäste, Tierpaten und Spender.
Auch Holger Sauerzweig-Strey, Vorsitzender des Landestierschutzverbandes Schleswig-Holstein, hielt eine Ansprache. Er forderte die Kommunen auf, endlich zu handeln. „Die Reptilienstation ist ein Vorbildprojekt. Sie zeigt aber auch, dass die Politik aus Tierschutzsicht versagt hat. Reptilien können privat einfach nicht artgerecht gehalten werden. Aus diesem Grund fordern wir auch schon lange ein Verbot von Reptilien- und Amphibienmessen.“ Angesichts der durchschnittlichen Alterserwartung jener Tiere, die bei 62 Jahren liegt, verdeutlichte er das Ausmaß der horrenden Kosten für Unterbringung und Versorgung.
Die neue Reptilienstation ist eine Anlaufstelle für alle dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossenen Vereine. Tiere, die beschlagnahmt, ausgesetzt oder abgegeben werden, erhalten dort ein tiergerechtes Zuhause. In der Station gibt es neben Volieren und Terrarien eine Futterküche, eine Quarantäne- und Krankenstation sowie ein großes überdachtes Freigelände mit Teichanlagen für Wasser- und Landschildkröten.
Die Reptilienstation soll aber für den Großteil der Tiere nur ein Zuhause auf Zeit sein. Das langfristige Ziel ist, sie in sachkundige Hände zu vermitteln. Nur besonders anspruchsvoll zu haltende Tiere sollen dauerhaft in Weidefeld bleiben. Mit ihnen möchte der Verband auf die schwierige Haltung aufmerksam machen und gleichzeitig interessierten Privathaltern zeigen, wie eine artgerechte Unterbringung aussehen muss. Die neue Einrichtung soll auch dazu genutzt werden, Tierheimmitarbeiter in Umgang und Pflege mit Reptilien zu schulen. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Tiere in die vom Architekten Jürgen Köster entworfene Anlage einziehen. Hier erwartet sie alles, was das Herz begehrt: viel Platz, Teiche, Kletter- und Versteckmöglichkeiten. Wer weiß, ob da so manch eine Schildkröte oder Bartagame überhaupt wieder ausziehen möchte.
Bildrechte: Artikelheader: Tierschutzverein Pforzheim u.U. e.V., Tierschutzverein Garmisch-Partenkirchen e.V., Tierschutzverein Berlin und Umgebung Corporation e.V., Artikelbild "Papagei": Elvie Lova Photography, Artikelbild "Eröffnung": Deutscher Tierschutzbund e.V.