Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER
Am 10. Dezember 2015 entdeckte die Polizei an der Grenze zu Österreich einen Transporter mit 47 Hundewelpen. Die Tiere waren vermutlich von Ungarn nach Spanien unterwegs. Und als ob das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, wiederholte sich am Abend des 11. Dezember dasselbe Szenario. Diesmal ging es um 168 Welpen verschiedenster Rassen aus der Slowakei im Alter von ungefähr vier bis fünf Wochen, zusammengepfercht in Kaninchenkäfigen. Auch 50 Zebrafinken und 20 Schildkröten waren dabei. Die Polizei stellte die geschwächten Tiere zunächst sicher, die der Tierschutzverein Bad Reichenhall sofort erstversorgte. Danach wurden alle Tiere auf Mitgliedstierheime des Landesverbandes Bayern des Deutschen Tierschutzbundes aufgeteilt.
Ehrenamtliche Helfer und Vereinsmitglieder der dem Verband angeschlossenen Tierheime waren bis in die späten Morgenstunden unterwegs, um für den sicheren und schnellen Transport der Tiere zu sorgen. Die Tiere verdanken es dem couragierten Einsatz von Tierschützern und den zuständigen Tierärzten, dass der von den Behörden geplante Rücktransport der Tiere in die Herkunftsländer kurzfristig vor Ort verhindert werden konnte. Darauf folgte ein politischer Druck durch den Landesverband Bayern und den Deutschen Tierschutzbund, der auch die Öffentlichkeit stetig über die Lage informierte. Letztendlich hatte sich auch Dr. Katharina Kluge vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dafür starkgemacht, die Tiere nicht zurückzuschicken. Den Vereinen liegen inzwischen zudem die Bescheide zur Beschlagnahmung schriftlich vor.
Dennoch sind von den insgesamt 215 Welpen, die in 17 bayerischen Tierheimen untergebracht wurden, bisher 53 ihren Krankheiten erlegen. Neben starkem Wurmbefall wurden auch gefährliche Darmparasiten festgestellt. Viele der Tiere erkrankten an Parvovirose oder Staupe, Infektionserkrankungen, die bei Welpen leider – wie auch in diesem Fall – häufig zum Tode führen. „Vorsichtig-optimistisch würde ich sagen, dass die verbliebenen Welpen über den Berg sind, aber gerade bei Staupe können auch noch sechs Monate nach der Infektion neurologische Störungen auftreten“, so Andreas Brucker, Geschäftsstellenleiter des Landesverbandes Bayern, der in einer außergewöhnlichen ehrenamtlichen Leistung die Koordination vor Ort übernommen hat.
Die Tierpfleger der betroffenen Tierheime haben seit Wochen alle Hände voll damit zu tun, die aufgegriffenen Welpen medizinisch und pflegerisch zu versorgen. Allein für die Unterbringung der Hunde sind bisher weit über 100.000 Euro angefallen, die erheblichen Tierarztkosten werden diesen Betrag vermutlich verdoppeln. „Es bleibt offen, wer am Ende die Kosten trägt. Klar muss sein: Dafür muss das Land Bayern einstehen“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Mit einem Notfallmailing an die Förderer hatte der Dachverband spontan reagiert, um die daraus resultierenden Spenden sofort an die Tierheime weitergeben zu können. Neben dem Kampf der bayerischen Tierheime um das Überleben der Hundewelpen geht auch der Kampf um die Reptilienauffangstation in München weiter.
Grund ist die Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung, in der die Aussage getroffen wurde, den Finanzierungsbedarf für den Bau einer neuen Reptilienauffangstation noch einmal neu verhandeln zu wollen. In den alten, überfüllten Räumlichkeiten der Ludwig-Maximilians-Universität München kann die Station wegen Eigenbedarf der Uni auch nicht bleiben. „Nachdem unser Konzept für eine neue Station für gut befunden wurde, hatte man uns sogar dazu ermutigt, ein geeignetes Baugrundstück zu suchen, auf dem das Projekt realisiert werden könnte. Dieser Aufforderung sind wir nachgekommen und sind hierfür auch finanzielle Verpflichtungen eingegangen. Dass uns die Staatsregierung nun dermaßen im Stich lässt, hatten wir wirklich nicht erwartet“, so Stationsleiter Dr. Markus Baur in der Pressemeldung.
So soll das Vorhaben im Bayerischen Nachtragshaushalt für 2016 definitiv keine Berücksichtigung mehr finden. Die ersten Kosten für die Grundstückserschließung muss der kleine Verein jedoch im Frühjahr 2016 bedienen – insofern bleibt für diesen nur die Insolvenz. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes kritisiert die bayerische Regierung: „Da fehlt kein Geld, da fehlt der Wille!“ Um eine Insolvenz abzuwenden, benötigt die Reptilienauffangstation 200.000 Euro. „Wir werden 50.000 Euro in den Topf legen – aber nur, wenn die bayerische Regierung den Rest zahlt“, so Thomas Schröder.
Die meisten Tierschutzvereine sind weder räumlich, noch finanziell, personell oder fachlich in der Lage, Reptilien eine ihren Bedürfnissen entsprechende Unterkunft und Versorgung zu bieten. Für diese Vereine ist die Reptilienauffangstation München ein wichtiger Partner. Der Deutsche Tierschutzbund fordert die Bayerische Staatsregierung auf, in den Bayerischen Staatshaushalt endlich eine finanzielle Förderung der Tierheime und Auffangstationen aufzunehmen. Zudem ist der Reptilienauffangstation München unverzüglich finanzielle Unterstützung bei der Erschließung des neuen Grundstücks und des anschließenden Baus einer neuen Auffangstation durch den Bayerischen Staat zu gewähren.
Bildrechte: Teaser "braune Welpen": Wolfgang Friedl, "Welpen in Käfig", Deutscher Tierschutzbund Landesverband Bayern e. V., "Mitarbeiter mit Leguan": Auffangstation für Reptilien München e. V.