Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER
Sie sehen zuckersüß aus: ein Wurf französischer Bulldoggen-Welpen, denen nun ein neues Leben bevorsteht. Mit großen Augen schauen sie ihren potenziellen Käufer an und man kann gar nicht anders, als verzückt zu lächeln. Darüber hinaus sind sie im Vergleich zu anderen französischen Bulldoggen-Welpen ein echtes Schnäppchen: Statt des üblichen Zuchtpreises in Höhe von 1.200 Euro soll ein Tier nur die Hälfte kosten. Und sogar die Mutter der kleinen tapsigen Fellknäuel ist am Verkaufstag zu sehen. Doch halt – beim genauen Hinschauen fällt auf, dass die Hündin gar kein ausgebildetes Gesäuge hat. Dummer Zufall? Leider nein! „Eine Hundemutter ist normalerweise deutlich als solche zu erkennen“, so Verena Mißler, die sich als potentielle Käuferin ausgibt. Und noch andere Dinge erscheinen seltsam. „Der Mann der Verkäuferin wirkt bei unserem Eintreffen sehr nervös. Er ärgert sich, dass wir uns vorab telefonisch nicht noch einmal angekündigt haben“, so Mißler. Später wird klar, warum der Mann nervös ist. Der Verkauf überschneidet sich mit dem anderer Interessenten.
Professionell hingegen wirkt das Ablesen des Transponders, der dem Welpen implantiert wurde. Dies ist für den potenziellen Käufer mit Sicherheit beeindruckend und vermittelt ihm das Gefühl, bei einem seriösen Züchter zu sein.
Hunde, die aus dem Ausland stammen, müssen mit einem Chip, der mit einer Registrierungsnummer versehen ist, ausgestattet sein. Diese Nummer muss mit der im zugehörigen EU-Haustierausweis eingetragenen Nummer übereinstimmen. Ob auch dieser Hund aus dem Ausland stammt, ist jedoch nicht klar. Im Vertragsentwurf zu dem Welpen, der zum Verkauf steht, ist Folgendes zu lesen: „Muttertier besichtigt.“ Und: „Giardien sind kein Grund für eine Reklamation.“ Sozusagen gekauft wie gesehen. Giardien sind eine Gattung von mikroskopisch kleinen Dünndarm-Parasiten. Diese befallen den Darm des Hundes und schwächen ihn nachhaltig. Ein Giardienbefall kann bei Welpen tödlich enden. Die Parasiten stellen auch gerade für immungeschwächte Leute, wie kleine Kinder oder ältere Menschen, eine Gefahr dar.
Die Welpen scheinen an Wurmbefall zu leiden – ihre Bäuche wirken aufgebläht und dicklich. Dass sie eigentlich zu dünn sind, ist für einen Laien nicht leicht zu erkennen. „Während unseres Aufenthaltes setzen die beiden Welpen, die das ‚Züchterpaar‘ für einen Verkauf ausgewählt hat, wässrigen Durchfall ab“, so Mißler. Der Verkäufer schiebt es darauf, dass sie kurz vor deren Ankunft erst gefressen haben sollen. „Es war entsetzlich, zu sehen, welche Leute hinter dem Welpenhandel stehen. Die Frau ließ im Gespräch durchklingen, dass die eine oder andere gewalttätige Zurechtweisung ihrer Hunde durchaus an der Tagesordnung ist“, so Karremann.
Auch der Impfausweis wirkt auffällig – denn die „Puppy“-Impfung gegen Parvovirose ist auf den nächsten Tag datiert. Die nachfolgende Impfung ist vor dem Verkaufsdatum datiert. Erst einmal würde man hier natürlich davon ausgehen, dass dem Tierarzt beim Eintragen des Datums ein Fehler unterlaufen ist.
„Mit dem Hintergrundwissen, dass der besagte Tierarzt offenbar Blanko-Impfausweise für andere Verkäufer ausgestellt hat, glauben wir hier nicht an einen Zufall. Außerdem befanden sich auf dem Gelände der ‚Züchter‘ noch Welpen und Junghunde anderer Rassen“, so Mißler.
Das Team um die Dokumentation brachte den Welpen dann zur weiteren Versorgung zum Tierschutzverein Nürnberg, der über ein modernes Welpenhaus verfügt. Bei der dortigen Untersuchung bestätigt sich der Verdacht: Der Welpe hat Spulwürmer. Er wird umfassend versorgt und hat inzwischen auch einen neuen Besitzer gefunden.
Bildrechte: Teaser "Welpen im Kofferraum": picture alliance/dpa/Polizei Unterfranken, Artikelbild "Geldübergabe": Manfred Karremann, Artikelbild "Welpen aus einem illegalen Transport": Tierschutzverein Nürnberg-Fürth und Umgebung e.V., Artikelbild "Mopswelpe": Kreistierschutzverein Tuttlingen und Umgebung e.V.