Transport in den Tod

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Transport in den Tod

Etwa vier Millionen Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen werden jedes Jahr auf Lastwagen und Schiffen in Länder außerhalb der EU, in die sogenannten Drittländer, transportiert. Viele von ihnen nur, um sie am Zielort zu schlachten.

  • Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER

Auf ihrem tage- oder wochenlangen Weg leiden die Tiere oft in engen, dunklen und verdreckten Transportern. Regelmäßig kommt es dabei zu Verletzungen oder sogar zum Tod der Tiere. Verstöße gegen die ohnehin aus Tierschutzsicht nicht ausreichenden gesetzlichen Vorgaben sind an der Tagesordnung. Häufig gelangen sie in Länder, in denen Tierschutz keinerlei Rolle spielt und sie ohne Betäubung geschlachtet werden.

FERNSEHBEITRAG ZEIGT ERSCHRECKENDE REALITÄT

Wie schlecht es den Tieren während des Transports geht, beweisen auch die entsetzlichen Bilder, die das ZDF Anfang November 2017 in dem Format 37 Grad ausgestrahlt hat. In der Dokumentation „Geheimsache Tiertransporte“ zeigt der Journalist Manfred Karremann, dass hinter den Grenzen der EU der Tierschutz aufhört. Tiere, die trotz schwerer Verletzungen verladen werden, durstende und sogar sterbende Rinder – Szenen, die unter die Haut gehen und keine Ausnahmeerscheinung sind. Der Deutsche Tierschutzbund selbst hatte bereits mehrfach in den letzten Jahren durch Recherchen das Leid von Rindern, Schafen, aber auch Pferden und anderen Tieren in Transporten dokumentiert. Seit nunmehr 25 Jahren kämpft der Verband für ein Ende der Tiertransporte. „Innerhalb Deutschlands und der Innengrenzen Europas ist das Leid auf dem Asphalt und in Schlachthöfen schon massiv. Jenseits der EU-Außengrenzen werden die Tiere oft unter extremsten Bedingungen transportiert und geschlachtet. Das ist unethisch und grausam“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

EXPORT AUS WIRTSCHAFTLICHEN GRÜNDEN

Die Gründe für den Export lebender Tiere in Drittländer sind rein wirtschaftlich. So sind Milchkühe oft sehr stark auf eine möglichst hohe Milchleistung gezüchtet. Ihren weiblichen Nachkommen steht derselbe Lebens- oder vielmehr Leidensweg bevor. Die männlichen Kälber haben dagegen kaum wirtschaftlichen Wert, da sie weder Milch geben noch viel Fleisch ansetzen. Besonders diese Tiere haben – oft über mehrere Zwischenstationen – einen langen und grausamen Weg in Drittländer vor sich. Langfristig müssen aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes die Rückkehr zu Zweinutzungsrassen und regionalen Strukturen, beziehungsweise der Transport von Fleisch anstelle lebender Tiere, die Lösung sein.

Auf die Verfassung der Rinder wird keine Rücksicht genommen. Nach der kräftezehrenden Fahrt mit dem Lkw treiben die Arbeiter die Tiere auch mit Gewalt aufs Schiff. Wenig später erwartet sie die Schlachtung. © Foto: Animals International/Deutscher Tierschutzbund e. V.

Auf die Verfassung der Rinder wird keine Rücksicht genommen. Nach der kräftezehrenden Fahrt mit dem Lkw treiben die Arbeiter die Tiere auch mit Gewalt aufs Schiff. Wenig später erwartet sie die Schlachtung.

POLITIK IN DER PFLICHT

Jüngst hat der Deutsche Tierschutzbund Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt aufgefordert, sich auf nationaler und EU-Ebene für ein sofortiges Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten einzusetzen. „Es besteht ein breiter gesellschaftlicher Konsens für ein sofortiges Aus der grausamen Transporte: Die breite Mehrheit im Bundestag fordert ein Ende der Tierqual bei Transport und Schlachtung in Drittländern. Es ist jetzt an der Bundeskanzlerin und dem zuständigen Bundeslandwirtschaftsminister, sich auf nationaler und EU-Ebene für die Abstellung der Missstände einzusetzen“, so Schröder.

Unmittelbar nach Ausstrahlung des TV-Beitrags im ZDF hat Thomas Schröder den EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis angeschrieben und ihn dazu aufgefordert, innerhalb seiner Möglichkeiten tätig zu werden und ein sofortiges Verbot von Tiertransporten aus EU-Staaten in Drittstaaten auszusprechen. Dieser antwortete schriftlich: „Ich darf Ihnen versichern, dass sich die Kommission entschlossen dafür einsetzt, dass die Tierschutzvorschriften so umfassend wie möglich eingehalten werden […], um diese Problematik im Rahmen der Kompetenzen der Kommission in diesem Bereich anzugehen.“ Ob den Worten Taten folgen, bleibt abzuwarten.

VERSTOSS GEGEN DAS TIERSCHUTZGESETZ

Artikel 20a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland verleiht dem Schutz der Tiere als Staatsziel Verfassungsrang. Die Bedingungen während der Tiertransporte und der Schlachtung in den Drittstaaten widersprechen diesem Staatsziel eklatant. Daraus folgt aus Sicht des Verbandes, dass die Transporte über die Außengrenzen der EU mit sofortiger Wirkung einzustellen sind. Darüber hinaus wären sämtliche Handelsabkommen der EU sowie der Bundesrepublik Deutschland schnellstmöglich auf die Tierschutzbedingungen beim Lebendtransport von Tieren sowie deren Schlachtung zu überprüfen, gegebenenfalls auszusetzen und neu zu verhandeln. Die Tiertransporte sowie die Schlachtung in Drittstaaten widersprechen ebenso den ethischen Grundsätzen der EU und ihrer Mitgliedstaaten, die Tiere als fühlende Wesen anerkennen. Der Europäische Gerichtshof hatte bereits 2015 in einem entsprechenden Urteil gefordert, dass die europäischen Tierschutzstandards bei Tiertransporten auch über die EU-Außengrenze hinaus eingehalten werden müs sen.

Die Bundestagsfraktion der Grünen hat einen entsprechenden Antrag, Tiertransporte in Drittländer zu reglementieren, in das Plenum eingebracht. Im Antrag fordern sie unter anderem die Bundesregierung dazu auf, sich gemeinsam mit den Bundesländern dafür einzusetzen, dass Lebendtiertransporte in europäische Drittstaaten so lange nicht mehr durchgeführt werden, bis die Vorschriften zum Transport von Tieren eingehalten werden. Nun kann man gespannt sein, wie die zukünftige Bundesregierung damit umgehen wird. Unabhängig davon kann sich jeder mit seinem täglichen Konsumverhalten für Tiere starkmachen. Denn Tierschutz fängt in unserem Alltag und insbesondere auf unseren Tellern an. Achten Sie auf die Herkunft von Fleisch, Milch, Eiern und Co. – gerade hinter den billigen Produkten steckt oft immenses Tierleid.