Im Fokus

Unter Dauerlärm

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Der Schweinswal ist die einzige in der Ostsee heimische Walart und gilt als akut bedroht. Trotzdem werden die kleinen Meeressäuger nicht genug geschützt – im Gegenteil.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Dichter Schiffsverkehr, Unterwasserbauarbeiten, Schallortungsgeräte – all das sind lärmende Geräuschquellen, die in unseren Meeren für Unruhe sorgen. Der Schweinswal reagiert darauf besonders sensibel. Ähnlich wie bei Fledermäusen nimmt er mit seinem feinen Gehör sein Umfeld akustisch wahr, indem er hochfrequente Klicklaute in Form von Schallwellen von sich gibt. Treffen diese beispielsweise auf den Meeresgrund oder auf Beutetiere wie Heringe, Dorsche oder Krebse, nimmt der Schweinswal ein Echo wahr. Mit diesem siebten Sinn können die etwa 1,85 Meter großen Meeressäuger sich auch in trüben Gewässern orientieren, jagen und miteinander kommunizieren. Giftstoffe im Wasser, Fischereinetze, aber auch der zunehmende Unterwasserkrach machen der Walart schwer zu schaffen – das belegen aktuelle Bestandszahlen in der Ostsee. Demnach leben dort nicht einmal mehr 500 Schweinswale.

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Sprengung in Meeresschutzzone

Obwohl diese kleinen Tümmler seit Jahren akut bedroht sind, werden sie hierzulande nicht genügend geschützt. Schlimmer noch: In einem der wichtigsten Schweinswalgebiete der Ostsee hat die deutsche Marine im Jahr 2019 eine Minensprengung durchgeführt. So sollten im Vorfeld eines Nato-Großmanövers 42 britische Seeminen aus dem Weg geräumt werden. Bereits 2016 wurden diese Überbleibsel aus dem Ersten Weltkrieg entdeckt. 39 dieser zuletzt gesprengten Minen befanden sich inmitten einer Meeresschutzzone, in der Forscher seit Jahren die größte Anzahl an Mutter-Kalb-Paaren von Schweinswalen beobachtet haben. Zudem fand die Sprengung in genau der Jahreszeit statt, in der die Wale sich normalerweise fortpflanzen und ihre Jungen aufziehen. Die Folge: Rund 30 von ihnen wurden in den darauffolgenden Wochen tot aufgefunden. Zurzeit untersuchen Wissenschaftler*innen der Tierärztlichen Hochschule Hannover noch die Todesursache. „Dass die Tiere wegen der Sprengung gestorben sind, ist sehr wahrscheinlich“, sagt James Brückner, Leiter der Abteilung Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. In einer Stellungnahme behauptete die Bundeswehr zunächst, die Bestimmungen zum Artenschutz eingehalten zu haben – darunter Vorkehrungen, um die Tiere zu vertreiben. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hat inzwischen aber belegt, dass die Sprengung rechtswidrig war. „Laut dem Bundesnaturschutzgesetz müssen Bund und Länder die Naturschutzbehörden vor derartigen Vorgängen informieren – das ist aber offenbar nicht passiert“, so Brückner. „Zukünftig müssen unbedingt Schutzmaßnahmen wie Blasenschleier, um die Druckwellen zu dämpfen, oder andere Möglichkeiten ergriffen werden.“

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