Robbe gefunden? Was Sie tun sollten und was nicht

Finger weg und Abstand halten!

Exklusiv online
Robbe gefunden? Was Sie tun sollten und was nicht

Finger weg und Abstand halten!

Immer wieder sichten Menschen an Nord- und Ostsee vermeintlich verwaisten Robbennachwuchs. Doch wenn sie sich den Tieren voreilig nähern und überstürzt helfen wollen, riskieren sie die tatsächliche Trennung der Jungtiere von ihren Müttern. Tipps für den Ernstfall.

  • Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER

Gerade in den Sommermonaten begegnen Touristen häufiger Seehunden. Zu viel Nähe und voreilige Hilfsversuche führen zu Konflikten.

Sommerferien. Die Sonne scheint. Eine leichte bis mittlere Brise weht über das Watt der Nordsee oder über den Ostseestrand. So können sich wohl viele in diesen Tagen ihren Urlaub vorstellen. Wenn sie ihn nicht sogar bereits dort verbringen. Zu den i-Tüpfelchen für große und kleine Urlauber gehört es, am Meer Kegelrobben oder Seehunde zu entdecken (mehr zu den faszinierenden Tieren lesen Sie exklusiv in der Printausgabe von DU UND DAS TIER 2/2022). Glücklicherweise ist eine Robbensichtung an deutschen Küsten keine Seltenheit mehr. Umso wichtiger ist es, einen gebührenden Abstand zu halten und die Tiere aus der Ferne zu beobachten. 300 Meter sollten es mindestens sein, egal, ob an Land oder auf einem Schiff. Besonders, wenn es sich um Jungtiere handelt. „Die Welpen von Seehunden kommen in der Regel zwischen Ende Mai und Juli zur Welt“, erklärt Denise Ritter, Referentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund.

Kegelrobben und Seehunde säugen an Land

Die Weibchen bringen jeweils ein Jungtier zur Welt. Seehunde säugen ihren Nachwuchs bei Niedrigwasser meist auf Sandbänken. Dort kommt es gerade in den Sommermonaten häufig zu Begegnungen mit Touristen, die sich ihnen bei Wattwanderungen, auf Bootstouren oder anderen Ausflügen unbedarft nähern. Kegelrobben, die im Winter gebären, suchen sich hingegen bevorzugt hochwassersichere Plätze am Strand für die Aufzucht. „Bevor das Jungtier zum ersten Mal ins Wasser geht, muss es sich zuerst eine schützende Fettschicht anfressen“, berichtet Ritter. Das dauert drei bis sechs Wochen, in denen sie täglich ein bis zwei Kilogramm zunehmen. Bis sie das Lanugo-Fell verlieren und bereit für die Selbstständigkeit sind, liegen die putzigen Tierbabys häufig alleine am Strand. Die Mutter sucht währenddessen nach Nahrung. Das ist jedoch kein Grund, sich ihnen unbedarft zu nähern.

Junge Seehunde, die scheinbar allein sind, müssen nicht wirklich allein sein. Menschen, die befürchten, dass sie verwaist sind, sollten sich aus gebührendem Abstand vergewissern, dass die Mutter nicht nur auf der Jagd ist.

Häufig sind die kleinen Robben nur kurz allein

„Jungtiere wirken mutterlos, sind es häufig jedoch nicht“, so Ritter. Sie können es aber werden, wenn Menschen sich falsch verhalten und ihnen zu nahekommen. Ebenso kommt es vor, dass die Mutter nicht zu ihrem Kind zurückkehrt, wenn Menschen zwischen ihr und ihm stehen. Dann wird es zum sogenannten Heuler. „Das passiert auch unbeabsichtigt, weil die Urlauber nicht wissen, wo sich die Mutter befindet“, berichtet die Expertin. Es ist daher immens wichtig, die 300 Meter Abstand zu wahren. „Denn Heuler haben ohne menschliche Hilfe so gut wie keine Überlebenschance.“

Berührung verfälscht den Eigengeruch der Jungtiere

Selbst wenn Passanten befürchten, dass es sich bei dem Jungtier – beispielsweise nach einem Unwetter – bereits um einen Heuler handelt, dürfen sie es keinesfalls anfassen. „Laien können nahezu nicht feststellen, ob es auf sich gestellt ist oder nur auf seine Mutter wartet“, erläutert Ritter. Voreilige menschliche Berührungen könnten jedoch fatale Folgen haben. Denn Seehunde und Kegelrobben erkennen ihre Jungen am Geruch. Riechen sie nach Mensch, erkennen die Tiere sie womöglich nicht wieder und verstoßen sie. In anderen Fällen können auch Urlauber von den friedlich wirkenden, aber nicht zu unterschätzenden Tieren schwere Bisswunden inklusive Infektionen davongetragen. Und das wären in beiden Situationen mehr als traurige Urlaubserinnerungen.

 


So verhalten Sie sich richtig, wenn Sie Kegelrobben oder Seehunde am Strand entdecken

  • Halten Sie den Mindestabstand von 300 Meter ein, der auch für Schiffsführer und Wassersportler gilt. Achten Sie auch auf Ihre Kinder, die die putzigen Tiere womöglich unterschätzen. Kegelrobben sind die größten Beutegreifer Deutschlands, Seehunde haben ebenfalls ein starkes Gebiss.
  • Vergrößern Sie den Abstand, wenn die Tiere zunehmend unruhig werden. Schon, wenn die Tiere Sie aufmerksam betrachten, zeigen sie damit, dass sie gestört sind.
  • Versperren Sie nie den Fluchtweg ins Wasser und scheuchen Sie Robben nicht hinein.
  • Fassen Sie Robben nicht an, füttern Sie sie nicht und bewerfen Sie sie keinesfalls.
  • Stellen Sie sich nicht zwischen Mutter und Jungtier.
  • Leinen Sie Hunde an und halten Sie sie fern, wenn die Robben unruhig werden.
  • Vermeiden Sie laute Geräusche oder hektische Bewegungen in der Nähe der Tiere.
  • Greifen Sie nicht ein, solange das Tier keine äußeren Verletzungen aufzeigt, ruhig atmet und keinen Ausfluss aus Maul, Nüstern und After zeigt. Dann ist normalerweise alles in Ordnung. Das gilt für Seehund und Kegelrobbe, Jungtier oder erwachsenes Tier gleichermaßen.
  • Kontaktieren Sie professionelle Rettungskräfte, wenn Sie unsicher sind und den Tieren helfen möchten. Das könnte der Fall sein, wenn sie offensichtlich verletzt sind, mager oder krank aussehen. Entfernen Sie sich und rufen Sie eine Seehundstation oder die zuständigen Seehundjäger oder Wattenjagdaufseher an. Falls Ihnen diese nicht bekannt sind, verständigen Sie am besten die Polizei.

Bitte helfen Sie

  • Unterstützen Sie die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes: Werden Sie Fördermitglied und erhalten Sie das Magazin DU UND DAS TIER frei Haus. Wir informieren Sie über alle tierschutzrelevanten Entwicklungen mit Berichten, Reportagen und spannenden Hintergrundberichten und Sie helfen uns dabei, den Tieren zu helfen.
    duunddastier.de/mitgliedschaft

Bildrechte: Artikelheader: Pixabay – Dave Hostad (Porträt); Fotos: Pixabay – Klaus Stebani (Seehunde auf Steinen), Ole Wieneke (Seehund im Wasser), A_Different_Perspective (sandige Kegelrobbe)