Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER
Eselhengst Walter lebte hinter Stacheldraht auf einem Grundstück ohne Artgenossen. Er langweilte sich zu Tode und schrie verzweifelt jedem Spaziergänger hinterher. Seine Hufe waren zu lang, sein Fell voller Parasiten und seine langen Zähne verursachten ihm beim Kauen große Schmerzen. Zwergmaultierwallach Ecki war ursprünglich als Maskottchen vorgesehen. Die Reitstallbetreiberin, bei der Ecki wohnte, dachte, dass sich so ein Langohr gut zwischen den Sportpferden macht. Nur leider benahm sich Ecki überhaupt nicht wie ein gutes Maskottchen. Er biss und trat nach Menschen und Pferden. Fortan hielt sie ihn in einer Einzelbox und ließ ihn nur selten hinaus.
Für diese und ähnliche Fälle gründeten elf Esel- und Mulifreunde am 18. März 2006 den Verein Noteselhilfe. Keines der Gründungsmitglieder ahnte damals, dass der anfangs kleine Verein bald zu einem so tatkräftigen Tierschutzverein anwachsen sollte. Walter und Ecki stehen stellvertretend für über 300 Esel und Mulis, derer sich die Noteselhilfe in den vergangenen zehn Jahren angenommen hat. Der Verein betreut die Tiere, versorgt sie medizinisch und vermittelt sie an kundige Eselfreunde. Damit die Esel bis zu ihrer Vermittlung gut untergebracht sind, greift die Eselnothilfe auf rund 50 Pflegestellen zurück, die in ganz Deutschland verteilt sind.
Alle Neuzugänge werden tierärztlich untersucht, geimpft, entwurmt, mit einem Transponder gekennzeichnet und zahntechnisch behandelt. Bei Hengsten nimmt der Tierarzt die notwendige Kastration vor. „Um Esel als Hengste zu halten, sind ganz besondere Kenntnisse und Haltungsbedingungen notwendig, die nur sehr wenige Eselfans bieten können. Zudem soll durch die Kastration eine Zucht mit den ehemaligen Tierschutzfällen verhindert werden“, so Dr. Esther Müller, Fachreferentin für Equiden beim Deutschen Tierschutzbund.
„Uns ist es sehr wichtig, dass die Tiere ein artgerechtes Zuhause bekommen. Deswegen besuchen Mitglieder der Noteselhilfe alle Interessenten vorab und stehen bei Fragen rund um die Haltung mit Rat und Tat zur Seite“, so Heike Wulke, erste Vorsitzende der Eselnothilfe. Der Kontakt zu dem Verein bleibt auch nach der Vermittlung bestehen. In regelmäßigen Abständen besucht eines der 200 Mitglieder der Eselnothilfe die vermittelten Tiere. Durch den Verein haben allein in den vergangenen zehn Jahren über 140 Langohren ein neues Zuhause gefunden.
Heike Wulke, erste Vorsitzende der Eselnothilfe, erzählt von den Eseln und ihrer Arbeit. Lesen
Esel sind anspruchsvolle Tiere, deren Haltung nicht zu unterschätzen ist. „Insbesondere bei der Fütterung sind gute Kenntnisse gefragt, denn Esel neigen bei zu energiereichem Futter zu Übergewicht und Hufrehe – einer schmerzhaften Erkrankung der Hufe. Zudem darf man die gemütlich wirkenden Tiere nicht unterschätzen. Auch sie brauchen regelmäßige Beschäftigung und Bewegung“, so Müller.
Heike Wulke weiß, warum Esel ihr häufig ein Lächeln auf die Lippen zaubern: „Eigentlich immer, wenn ich weiß, es geht ihnen gut. Wenn sie zufrieden ihr Heu zermahlen, spielen oder einfach nur die Sonne genießen. Wenn sie mich sanft mit ihrem weichen Maul anstupsen und nach Streicheleinheiten fragen. Wenn ich abends von der Arbeit komme und einfach nur die Ruhe genieße, die diese sanften Langohren ausstrahlen. Esel sind Therapeuten für die Seele.“