Das Geschäft mit den Hundewelpen

Im Einsatz für die Tiere

Das Geschäft mit den Hundewelpen

Der illegale Handel mit Hundewelpen boomt. Die Hunde, die oft über das Internet, Zeitungsanzeigen oder sogar auf Autobahnraststätten verkauft werden, haben in ihrem kurzen Leben schon viel durchgemacht und sind bei ihrer Beschlagnahmung meist krank und entkräftet. Tierschutzvereine kümmern sich aufopferungsvoll um sie.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Für Regina Barthel-Marr und ihre Mitstreiter des Tierschutzvereins Freital und Umgebung in Sachsen, Mitgliedsverein des Deutschen Tierschutzbundes, war 2020 besonders nervenaufreibend und kräftezehrend: „Die Situation ist sehr, sehr schlimm. Die Zahl der Welpen ist regelrecht explodiert“, berichtet die Vorsitzende des Vereins. Fast 70 illegal gehandelte Hundewelpen haben sie in den vergangenen Monaten aufopferungsvoll versorgt. „Die meisten hat die Bundespolizei mitten in der Nacht bei Autobahnkontrollen aufgegriffen. Diese ruft dann den zuständigen Veterinärdienst an, der wiederum die Notrufnummer unseres Tierheims wählt und uns um Hilfe bittet.“ Die Tierschützer fahren dann sofort los und nehmen die beschlagnahmten Welpen in ihrer Quarantänestation auf. „Meistens kommen die Tiere völlig fertig, krank und entkräftet bei uns an – sie sind unterzuckert und wollen nur noch schlafen.“ Mühevoll versuchen die Mitarbeiter, die Welpen zu retten – bei dieser Erstversorgung zählt jede Sekunde: „Jede Verzögerung der Behandlung bringt sie näher an den Tod“, sagt Barthel-Marr. „Wenn so ein kleines Würmchen zum Beispiel viel erbricht und blutigen Durchfall hat, lassen wir es sofort von einem Tierarzt untersuchen – egal zu welcher Uhrzeit.“ Insgesamt hätten die Tierschützer 95 Prozent der 2020 aufgenommenen Schmugglerwelpen retten können, so die Vorsitzende. „Jedes gerettete Leben ist eine Motivation für uns.“ Dennoch seien solche Aktionen immer eine enorme psychische Belastung.

 

Profit auf Kosten der Tiere

Der illegale Welpenhandel boomt. Das bestätigt auch ein Blick auf die bundesweite Entwicklung: Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Haustieren vor allem in den Sommermonaten noch einmal in die Höhe schnellen lassen, sodass auch die Zahl der illegal gehandelten Heimtiere gestiegen ist – das zeigt eine vorläufige Auswertung des Deutschen Tierschutzbundes. „Allein zwischen Januar und Oktober 2020 wurden 75 Fälle bekannt, 818 Tiere waren betroffen. Damit liegt die Zahl der Fälle und Tiere bereits über der Gesamtzahl des Vorjahres“, schildert Dr. Romy Zeller, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. 2019 erfasste der Verband insgesamt 66 Fälle von illegalem Handel mit mindestens 731 betroffenen Tieren. Die finale Auswertung aller Fälle des vergangenen Jahres steht noch aus, doch schon jetzt ist klar, dass vor allem Hunde – bislang 683 – und mit 130 Tieren auch viele Katzen Opfer illegalen Heimtierhandelswaren.

Eine Studie der EU-Kommission zeigt zudem,
dass innerhalb der EU pro Jahr etwa 500.000 Hunde
illegal transportiert werden. Die Dunkelziffer dürfte
sogar deutlich höher liegen.

„Der durch die Corona-Pandemie ausgelöste Haustierboom und der anonyme Verkauf über das Internet machen es den Händlern besonders leicht“, sagt Zeller. In den meisten Fällen stammen die Tiere aus Osteuropa, wo sie unter tierschutzwidrigen Bedingungen gezüchtet werden. Für ihren Verkauf bringen die skrupellosen Händler die Tiere illegal über die Grenzen und transportieren sie tausende Kilometer weit in Kofferräumen oder Transportern – oft in Kisten oder Käfigen, ohne ausreichend Wasser und frische Luft.

Das Handwerk gelegt

Häufig handelt es sich bei den Welpen um beliebte Rassehunde wie Malteser, Zwergspitze und Französische Bulldoggen. Diese Erfahrung machte auch der Tierschutzverein Freital und Umgebung. „Im Sommer haben wir zum Beispiel auf einen Schlag neun Welpen aufgenommen, die die Polizei an der tschechischen Grenze in einem Kofferraum fand – vier American Bullys, vier Möpse und eine Französische Bulldogge“, sagt Barthel-Marr. Wie so oft bei illegal gehandelten Tieren waren die Hunde nicht ausreichend geimpft und wurden zu früh von ihren Müttern getrennt. „Wir beobachten, dass die Hunde immer jünger werden – oft ist die Nabelschnur gerade erst verheilt.“ Der Besitzer der neun Welpen musste zunächst wegen „unrechtmäßigen Welpentransports“ eine hohe Geldstrafe zahlen. Monate später, als die Hunde die Quarantäne wieder verlassen durften, holte er die vier American Bullys aus dem Tierheim ab und zahlte etwa 2.000 Euro für die Sanktion, die Unterbringung und die Tierarztkosten. „Angeblich waren die Hunde für seine Familie, doch schon wenige Tage später entdeckten wir eine Anzeige im Internet, in der die Tiere für jeweils 2.500 Euro angeboten wurden.“ Der Tierschutzverein beschloss, dem Besitzer das Handwerk zu legen: „Wir schickten Mittelsmänner, die sich als Interessenten bei dem Händler meldeten und einen Hund zurückkauften“, so die Vorsitzende. „So wollten wir beweisen, dass es um gewerblichen Handel geht.“ Das Verfahren läuft noch, doch schon jetzt hat sich der hartnäckige Einsatz der Tierschützer gelohnt: Nachdem diese Strafanzeige erstattet hatten, wurden dem Händler inzwischen der gewerbsmäßige Handel, die Einfuhr und die Unterbringung von Tieren untersagt.

Forderungen des Deutschen Tierschutzbundes

Um den illegalen Heimtierhandel deutschland- und europaweit besser in den Griff zu bekommen, fordert der Deutsche Tierschutzbund unter anderem eine gesetzliche Regulierung des Internethandels sowie eine europaweite verpflichtende Kennzeichnung und Registrierung für Haustiere, um deren Herkunft zurückverfolgen zu können. „Ebenso braucht es eine bessere länderübergreifende Zusammenarbeit, um involvierte Personen zu fassen. Dazu gehören vermehrte Kontrollen und härtere Strafen für die Täter“, sagt Zeller. Zusätzlich müssen auch die Tierheime finanziell entlastet werden. Denn durch die Betreuung der Welpen – eine amtlich angeordnete Aufgabe – entstehen ihnen hohe Kosten. Dementsprechend müssen die zuständigen Behörden auch dazu verpflichtet werden, diese zu erstatten.

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