Autor: Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes
Während die Bevölkerung in Deutschland unter Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Rückenschmerzen leidet, scheint die Bundesregierung, allen voran Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, von einer anderen gemeinen Krankheit befallen zu sein: der Freiwilligeritis.
Eigentlich ist es die Aufgabe eines jeden Gesetzgebers, gesellschaftlich gewünschte Entwicklungen durch Gesetze und Verordnungen zu gestalten. Das Staatsziel Tierschutz gibt dabei vor, stets den Schutz der Tiere im Blick zu behalten und ihn auf allen Ebenen tatkräftig voranzutreiben – und ihn nicht auch noch zu verschlechtern. Doch die Große Koalition aus CDU, CSU und SPD verweigert sich dieser Aufgabe bisher offenbar. Wie schon ihr Vorgänger Christian Schmidt verzichtet auch Julia Klöckner auf den Gestaltungsspielraum, mit Ordnungsrecht und klaren Zielsetzungen wirklich etwas zu verändern. Lieber setzt sie auf Freiwilligkeit statt eigenes Handeln.
Was zulasten der Tiere geht und Millionen von ihnen weiter leiden lässt, freut die Agrarlobby. Denn diese und der Handel können so ganz einfach selbst entscheiden, wie viel Tierschutz ihnen in den Kram passt. Das ist schon perfide genug. Am Ende soll dann der Verbraucher schuld sein, wenn es mit dem Tierschutz nicht vorangeht. Denn dieser trifft schließlich die Wahl an der Supermarkttheke. Frau Klöckner missbraucht ihn, damit er an der Ladenkasse das Versagen der Politik korrigiert. Das sind die eklatanten Nebenwirkungen der Freiwilligeritis. So einfach darf sich kein Politiker aus der Verantwortung stehlen.
Wer sich nicht traut, die ihm von den Wählern demokratisch verliehene Macht zu nutzen, um die Tierqual in der Landwirtschaft mit Geboten und Verboten zu verhindern, hat sein Amt nicht verstanden und die Macht nicht verdient. Wer das Leid der Tiere nicht verbietet, legitimiert ihren Schmerz. Dabei gibt es gegen die Freiwilligeritis ein ganz einfaches Medikament: verantwortungsvolles Handeln als Gesetzgeber im Sinne der Tiere. Auf dass Sie bald genesen, Frau Klöckner.
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