Ganz der Alte!

Hinter den Kulissen

Ganz der Alte!

Sie heißen Pico, Fina und Nello und haben eine Gemeinsamkeit: Sie sind Hundesenioren. Dennoch gehören sie noch lange nicht zum alten Eisen. Sie haben lediglich andere Bedürfnisse als noch in jungen Jahren.

  • Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER

„Nello ist ein sehr menschenbezogener Hund, der niemandem zur Last fallen und immer allen gefallen will“, so Andrea Furler-Mihali.

„Nello ist ein sehr menschenbezogener Hund, der niemandem zur Last fallen und immer allen gefallen will“, so Andrea Furler-Mihali.

Wenn der zwölfjährige Nello seine fünf Minuten hat, dann gibt es kein Halten mehr. Er rast von jetzt auf gleich los, schlägt Haken und die Lebenslust spricht ihm geradezu aus dem Gesicht. „Dann ist ihm sein Alter wirklich überhaupt nicht anzumerken“, so seine Halterin Andrea Furler-Mihali, die auch als Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund arbeitet. Es gibt aber auch wieder Momente, in denen sie merkt, dass der zimtfarbene Mischlingsrüde kein junger Hund mehr ist. „Angefangen hat das vor etwa zwei Jahren. Ich habe ihn immer regelmäßig zum Reiten mitgenommen. Danach hat er nie ausgepowert gewirkt. Auf einmal war es aber anders. Er wollte nur noch schlafen und wirkte am nächsten Tag steif, als ob er Muskelkater hätte“, erinnert sich Furler-Mihali. Daraufhin entschied sie, ihn nur noch zu langen Spaziergängen mit ihrem Pferd mitzunehmen. „Er liebt Pferde, daher ist das eine gute Alternative“, so Furler-Mihali.

ALTER IST RASSEABHÄNGIG

Doch wann gilt ein Hund eigentlich als alt? „Tatsächlich ist das von Rasse zu Rasse unterschiedlich. Grundsätzlich haben kleinere Hunde durchschnittlich eine höhere Lebenserwartung als große Hunde“, so Dr. Katrin Umlauf, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Darüber hinaus spielen beim Alterungsprozess unter anderem auch Geschlecht, Umwelteinflüsse, Erbkrankheiten, Gesundheitszustand, Ernährung und Haltungsbedingungen eine Rolle. Im Internet sind viele Tabellen zu finden, die Hundejahre in Menschenjahre umrechnen. Das ist jedoch keine wissenschaftlich korrekte Methode. Pico, ein zwölfjähriger Mischlingsrüde, dürfte also allein aufgrund seiner Größe von 63 Zentimetern stärker gealtert sein als die kleine und eigentlich gleichaltrige Hündin Fina.

„Bei Pico war das Altern eher ein schleichender Prozess. Er wurde nach und nach grauer, ruhiger und war auch nicht mehr so ausdauernd“, erinnert sich sein Herrchen Raimund Ehrhardt aus der IT-Abteilung des Deutschen Tierschutzbundes. „Man geht davon aus, dass die Krankheitsanfälligkeit ab einem Alter von sechs bis neun Jahren zunimmt. Daher sind regelmäßige Checks beim Tierarzt sehr wichtig“, so Verena Wirosaf, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Die Lebenserwartung von Hunden hat sich darüber hinaus verändert. Dies kann zum einen daran liegen, dass die Besitzer besser aufgeklärt sind, sie zum anderen aber auch das umfangreichere Angebot tiermedizinischer Betreuung nutzen und mehr Wert auf eine gute Ernährung ihres Vierbeiners legen.

„Menschenliebender, treuer Dickkopf, der anderen Hunden gegenüber eher skeptisch ist und beim Fressen das Motto besitzt: ‚Was weg ist, ist weg‘“, so Raimund Ehrhardt.

„Menschenliebender, treuer Dickkopf, der anderen Hunden gegenüber eher skeptisch ist und beim Fressen das Motto besitzt: ‚Was weg ist, ist weg‘“, so Raimund Ehrhardt.

Viele Menschen denken, dass ein alter Hund viel arbeitsintensiver ist als ein junger Hund. Das muss aber nicht stimmen. Das Zusammenleben mit älteren Hunden hat viele Vorteile. So wirken sie auf den Menschen entschleunigend, haben meistens nicht mehr so viel Unsinn im Kopf wie Junghunde, suchen mehr die Nähe ihres Menschen und gehen im Vergleich zu früher mit vielen Situationen viel gelassener um. Viele ältere Hunde schlafen mehr als früher, hören nicht mehr so gut oder rappeln sich bei ungewohnten Geräuschen verspätet aus ihrem Körbchen auf. So auch Hündin Fina: „Inzwischen kommt sie nicht mehr jedes Mal angerannt, wenn jemand die Wohnung betritt. Früher wäre das nie ihrer Aufmerksamkeit entgangen. Nun schaut sie manchmal recht verdutzt von ihrem Platz auf, wenn plötzlich jemand im Raum steht“, erzählt Dr. Henriette Mackensen, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund. Das erste Anzeichen, dass Fina langsam zur Hundeseniorin wird, zeigte sich im Sommer 2015. „Fina war zu dem Zeitpunkt zehn Jahre alt. Ich merkte plötzlich, dass die Hitze sie erschöpfte und sie nur ganz langsam lief und man immer wieder auf sie warten musste“, erinnert sich Dr. Mackensen.

Seitdem lässt sie die Runden bei großer Hitze kleiner ausfallen. Mehr Pausen gehören nun auch dazu. Fina weiß sich aber auch selbst zu helfen, indem sie sich an heißen Tagen gerne mal ins Wasser stellt – im Gegensatz zu früher. Da machte sie um Flüsse oder Seen einen großen Bogen.

ALTE HUNDE ANDERS AUSLASTEN

„Für uns war Fina von Anfang an der perfekte Hund. Besonders im Alter ist es so schön, ein eingespieltes Team zu sein. Zu wissen, was der andere als Nächstes tun wird, und sich ohne Worte zu verständigen“, so Dr. Henriette Mackensen.

„Für uns war Fina von Anfang an der perfekte Hund. Besonders im Alter ist es so schön, ein eingespieltes Team zu sein. Zu wissen, was der andere als Nächstes tun wird, und sich ohne Worte zu verständigen“, so Dr. Henriette Mackensen.

Ältere Hunde haben auch nicht mehr dieselbe Kondition wie mit drei Jahren. Sie können aber nach wie vor geistig ausgelastet werden. „Wir machen mit Pico viel Nasenarbeit. Das heißt, wir verstecken ihm Leckereien in der Wohnung oder auch draußen, die er dann suchen muss. Auch Mantrailing, das Suchen von ‚vermissten‘ Personen, lastet Pico aus und es macht ihm gleichzeitig viel Spaß“, so Ehrhardt. Fina setzt auch sehr gerne ihr feines Näschen ein: „Wir machen Suchübungen an der Isar. Fina findet jeden im Flussbett versteckten Kieselstein wieder, den man vorher in der Hand hatte. Nello hingegen zeigt beinahe noch denselben sportlichen Ehrgeiz wie in jungen Jahren. Die drei Beispiele zeigen, dass der Fitnesszustand eines Hundes nicht pauschalisiert werden kann. Ausreichend Pausen machen und lieber kürzer, dafür öfter rausgehen kommt den meisten Hundesenioren entgegen.

DIE ERNÄHRUNG ANPASSEN

Manche Hunde entwickeln im Alter eine Erkrankung, die eine Futterumstellung erfordert. So auch Nello, der an einer Niereninsuffizienz leidet. Er bekommt nun ein spezielles Diätfutter und zusätzlich Medikamente. Grundsätzlich sollten größere Hunderassen mit circa sechs Jahren ein angepasstes Seniorenfutter erhalten und kleinere Hunderassen ab spätestens zehn Jahren. Außerdem sinkt bei alten Hunden der Energiebedarf um bis zu 25 Prozent. Zu viel Futter schadet ihnen, da sie zum einen dadurch zunehmen und zum anderen das erhöhte Gewicht Gelenke und Sehnen belastet. Auch Leckerlis, wahre Kalorienbomben, sollten Halter von der Futterration abziehen.

Fest steht, Hunde – egal welchen Alters – sind eine Bereicherung. Je älter sie werden, desto kostbarer ist die Zeit, die wir mit ihnen verbringen dürfen und sollten. Lange Urlaube ohne den treuen Vierbeiner sollten dem Hund zuliebe passé sein. Und was ist schon ein Tag am Meer wert – verglichen mit dem treuen Blick unseres Herzhundes?

Weiterführende Informationen

  • Der Sonnenhof hat ein Herz für alte Hunde. Das Projekt, an dem auch der Deutsche Tierschutzbund beteiligt ist, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Hundesenioren in ein schönes Zuhause zu vermitteln.
    www.sos-projects.de