Hinter den Kulissen

Bunte Luftakrobaten

Hinter den Kulissen

Bunte Luftakrobaten

Wellensittiche gibt es in zahlreichen Farben. Sie gelten als freundlich, lustig und unterhaltsam – daher sind sie bei vielen Menschen so beliebt.

  • Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER

Wellensittiche brauchen Artgenossen. Sie sollten mindestens zu zweit, besser noch zusammen mit mehreren Vögeln leben.

Wellensittiche brauchen Artgenossen. Sie sollten mindestens zu zweit, besser noch mit Mehreren zusammen leben.

Der Siegeszug der Wellensittiche begann zwar nicht mit ihrem Entdeckungsjahr 1800, doch eine Faszination haben die farbenfrohen Tiere sicherlich schon damals auf die britischen Forscher ausgeübt. Diese fanden in den weiten Grasebenen Australiens große Schwärme der auffällig gemusterten Vögel. Es sollte aber noch weitere 40 Jahre dauern, bis der englische Forscher John Gould den Wellensittichtrend lostrat. Er war es, der die ersten Exemplare von Australien nach Europa brachte und ihnen aufgrund ihres gemusterten Gefieders den Namen „Melopsittacus undulatus“ gab. Übersetzt bedeutet das „gewellter Singpapagei“.

Leider führte die große Beliebtheit der Vögel bald dazu, dass immer mehr Wellensittiche nach Europa importiert und dort gezüchtet wurden. Ihre Haltung war miserabel – isoliert und in viel zu kleinen Käfigen. Viele der Tiere starben. Ein 1884 von der australischen Regierung verhängtes Exportverbot sollte die Tiere schützen und vor der Ausrottung bewahren. Dieses gilt bis heute.

Wellensittiche sind anspruchsvoll

Heute wissen die Menschen zwar mehr über die intelligenten Ziervögel, ihre Haltung als Haustier lässt dennoch selbst im zweiten Jahrtausend häufig zu wünschen übrig. „Wellensittiche sehen ihren Käfig den Großteil ihres Lebens von innen. Wenn sie Glück haben, werden sie zusammen mit einem Artgenossen gehalten. In manchen Fällen hängen die Halter ihnen nur einen Plastikvogel oder einen Spiegel in den Käfig, was den notwendigen Partner ersetzen soll. Für die sozialen Tiere eine absolute Qual“, so Dr. Henriette Mackensen, Referentin für Heimtiere beim Deutschen Tierschutzbund.

Wellensittiche beschäftigen

Frei lebende Wellensittiche erleben jeden Tag Abenteuer. Damit es unseren gefiederten Freunden in unseren Haushalten nicht langweilig wird, ist also viel Kreativität gefragt. Wellensittiche beschäftigen

Wer die Tiere artgerecht unterbringen möchte, sollte sie in einer großzügigen Voliere, mindestens zu zweit, besser noch zusammen mit mehreren Artgenossen halten. Wer sich einen Schwarm zulegen möchte, muss auf ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis achten. Im Zweifelsfall sollte das Verhältnis zwischen Männchen und Weibchen zwei zu eins sein, da weibliche Vögel in der Überzahl aggressiv reagieren können.

Frei lebende Wellensittiche sind gerne in Schwärmen unterwegs

In der Natur schließen sich Wellensittiche häufig zu Schwärmen zusammen, die von zehn über hundert bis hin zu Tausenden von Tieren reichen. Nach der „Morgentoilette“ brechen die Vögel zusammen laut rufend zur Nahrungssuche auf. Wenn die Mittagshitze ihren höchsten Punkt erreicht hat, rasten sie am liebsten in Eukalyptusbäumen. In den dichten Blättern können Feinde sie nur schlecht erkennen. In Stadtwohnungen beschränkt sich der Radius der bunten Vögel zumeist auf einen kleinen Käfig. Im besten Fall dürfen sie hin und wieder frei fliegen. „Für Wellensittiche ist der tägliche Freiflug ein Muss. Mehrere Stunden lang sollte er mindestens sein. Fenster und Türen sollten während dieser Zeit unbedingt geschlossen bleiben“, so Dr. Mackensen.

Weitaus artgerechter als ein Käfig ist eine Voliere im Freien mit angeschlossenem Schutzraum. Hat man dazu nicht die Möglichkeit, sollte der geräumige Käfig so stehen, dass dort möglichst viel natürliches Tageslicht hineinfällt. Im Vergleich zum Menschen ist das Vogelauge empfindsamer und bezieht auch das UV-Licht mit ein. Während Menschen das Licht handelsüblicher Leuchtstofflampen als gleichförmig empfinden, flackert es für das Vogelauge. Das ist für die Tiere sehr unangenehm, führt zu Stress und kann sie längerfristig krank machen. Aus diesen Gründen sollten Vögel nicht lange in künstlich beleuchteten Räumen gehalten werden – auch nicht abends –, ausgenommen die Beleuchtung wird durch spezielle Lampen ermöglicht, die Tageslicht mit UV-Anteil imitieren und flackerfrei sind.

 

Maßvoll eingesetzt ist Obst bei Wellensittichen eine beliebte Leckerei.

Maßvoll eingesetzt, sind Obst und zuckerhaltiges Gemüse bei Wellensittichen eine beliebte Leckerei.

Ausgewogener Speiseplan

Wellensittiche stellen nicht nur hohe Ansprüche an ihre Unterkunft, sondern auch an ihr Futter. Der Speiseplan muss abwechslungsreich sein. Die Fertig-Körnermischungen aus dem Supermarkt sind für die Vögel nicht ideal, denn alle Körner bestehen größtenteils aus Fett und Kohlehydraten. Wellensittiche picken sich daraus nur zu gerne die schmackhaften und fetten Saaten heraus. Dadurch dass sie sich deutlich weniger bewegen als in der Natur, ist Verfettung eine häufige krankhafte Nebenerscheinung. Besser ist es, den Tieren über den Tag verteilt Grünfutter anzubieten. Damit die Vögel sich dieses erarbeiten müssen, kann das Gemüse ruhig in große Stücke geschnitten werden.

„Je mehr Futter aus der Natur stammt, desto besser ist die Mineralversorgung. Kräuter wie beispielsweise Löwenzahn, Vogelmiere, Wegerich oder Sauerampfer und mindestens drei verschiedene Gemüsesorten wie zum Beispiel Möhre, Gurke oder Zucchini sind pro Tag ideal“, empfiehlt Dr. Mackensen. Obst und zuckerhaltiges Gemüse wie zum Beispiel Paprika sollten nicht so häufig im Futternapf landen.

Mit Futter beschäftigen

„Die abendliche Körnerration kann der Halter in eine Sandschale streuen, dann müssen sich die Wellensittiche die Körner herauspicken“, so Dr. Mackensen. Zudem sollte den Vögeln immer Kalkgrit zur Verfügung stehen. Einen zusätzlichen Kalkstein oder eine Sepiaschale nehmen die Mini-Papageien auch gerne an. Darüber hinaus freuen sie sich über frische naturbelassene Zweige und Äste von Laubbäumen.

Wellensittiche versprühen viel gute Laune. Sobald ihr Vertrauen gewonnen ist, nähern sie sich dem Menschen gerne und können sogar zutraulich werden. Wer gar einen ganzen Schwarm besitzt, braucht keinen Fernseher mehr: Die Vögel unterhalten Liebesbeziehungen, lösen Eifersuchtsdramen aus und spinnen Intrigen. Ihr Leben gleicht an manchen Tagen einer einzigen lautstarken Daily Soap.

Im Tierheim Wilhelmshaven ist das nicht anders. Dort leben rund 30 Wellensittiche in einer großen Voliere. „Wir hatten mal einen kranken Wellensittich, der von einem anderen gefüttert wurde, bis er wieder gesund war. Daran sieht man, wie sozial diese Tiere sind“, so Birgit Gates, die sich im Tierheim um die Kleintiere kümmert.

Immer mal wieder werden dort Fundtiere abgegeben. Wer nicht innerhalb von 14 Tagen vermittelt ist, kommt in die riesige Voliere, was einem Jackpot gleichkommt. Hier dürfen die Tiere bis an ihr Lebensende bleiben. Die Tierheimmitarbeiterin rät grundsätzlich, sich zunächst in einem Tierheim nach einem Wellensittich umzusehen und nicht beim Züchter. Unter ihnen gibt es einige unseriöse, die ihre Tiere wie Brutmaschinen behandeln. Inzucht ist ein weiteres Problem, was dazu führt, dass Wellensittiche häufig krank sind, zu Tumoren neigen und oft kaum älter als fünf Jahre werden. Wer seinen Tieren ein schönes Leben ermöglichen möchte, achtet auf eine artgerechte Haltung und berücksichtigt ihre Bedürfnisse. Nur so hat man an den bunten Luftakrobaten lange Freude.

Bildrechte: Artikelheader: Arco Images GmbH / Alamy Stock Photo, Artikelbild "Wellensittich auf Käfig": Deutscher Tierschutzbund e. V.