Hinter diesen vermeintlichen Delikatessen steckt großes Tierleid

Qualvolle „Gaumenfreuden“

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Hinter diesen vermeintlichen Delikatessen steckt großes Tierleid

Qualvolle „Gaumenfreuden“

Was mancherorts als Delikatesse gilt, könnte aus Tierschutzsicht kaum abstoßender sein. Während sich manche Menschen nach Eiern verzehren, die bereits fast ausgebrütete Küken enthalten, geben andere Unsummen für gemästete Singvögel oder aus dem Bauch geschnittene Fischeier aus – und lassen sich damit unsägliches Tierleid auf der Zunge zergehen.

  • Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER

Eine leckerer Teller Spaghetti aglio e olio in Florenz, ein würziges Linsendal in Neu-Delhi oder knusprige Falafel in Tel Aviv – wer jetzt nicht spontan die Koffer packen möchte, dürfte zumindest Appetit bekommen haben. Es gehört für viele Reisende, die Land, Leute und Kultur kennenlernen möchten, dazu, auch die traditionellen Gerichte am jeweiligen Aufenthaltsort zu probieren. Das Zusammenspiel aus lokalen Zutaten, besonderen Gewürzen und jahrzehntelang gehüteten Geheimrezepten kann ein wahres Fest der Sinne entfachen – oder im Halse stecken bleiben. Denn so groß wie die Vielfalt ist auch das Tierleid, das hinter zahlreichen Gerichten steckt, die traditionell als „Delikatesse“ gelten. Einige werden für hohe Preise angeboten und sind somit wohlhabenden „Gourmets“ vorbehalten, andere gehören in bestimmten Regionen zum alltäglichen Speiseplan. Eine Auswahl:

Balut: Wenn Küken im Kochtopf sterben

Auf den Philippinen oder in Ländern wie Vietnam, Kambodscha und Laos sind Straßenstände mit Eiern, die als Balut verkauft werden, ganz üblich. Der dort beliebte Snack hat es in sich, leider im wahrsten Sinne des Wortes. Oftmals enthalten sie, gerade in Vietnam, deutlich sichtbare Körper der Küken. Denn die Hühner- oder Enteneier sind bereits bebrütet. Die Produzent*innen halten sie dazu in speziellen Körben warm. Am neunten Tag untersuchen sie die Eier und wärmen nur die befruchteten weiter. Ab dem 14. Bruttag beginnt üblicherweise die Vermarktung. Die Balut-Liebhaber*innen auf den Philippinen bevorzugen 17 Tage alte Eier, in Vietnam warten sie sogar noch zwei Tage länger, bevor sie sie 20 bis 30 Minuten lang kochen und mit etwas Salz oder Sojasoße verspeisen. „Dabei spüren die kleinen Hühner mindestens ab dem 15. Bruttag Schmerzen, wahrscheinlich aber schon ab dem siebten“, sagt Nina Brakebusch, Referentin für Interdisziplinäre Themen beim Deutschen Tierschutzbund. Die Embryonen erleiden im Kochtopf einen langsamen und schmerzvollen Tod.

Fettammern: Qualvolle Mast ohne (Augen-)Licht

Schon der Name Fettammer klingt alles andere als appetitlich. Ein Blick hinter die Kulissen dieser „Delikatesse“, die in den wohlhabenden Kreisen Frankreichs weiterhin beliebt ist, lässt Tierschützer*innen erschaudern. Denn für den vermeintlichen Gaumenschmaus erleiden Ortolane, die zu den Sperlingsvögeln zählen und etwa so groß wie ein Haussperling sind, unvorstellbare Qualen. Die unter Artenschutz stehenden Tiere werden im Auftrag von Sternerestaurants zu Zehntausenden illegal gefangen und anschließend gemästet. „Dazu stechen ihnen die Mäster*innen die Augen aus oder halten sie in völliger Dunkelheit. Dadurch gerät der Tag-Nacht-Rhythmus der kleinen Vögel komplett durcheinander. Sie fressen daher, eingesperrt in winzig kleine Käfige, ununterbrochen“, berichtet Brakebusch. Während dieser „Selbstmästung“ erreichen die Tiere innerhalb von zwei Wochen das dreifache Körpergewicht. Diese enorme Zunahme würde binnen kürzester Zeit zu einem Organversagen führen. Kurz bevor es so weit kommt, werden die Ortolane in einem Brandy ertränkt und in Fett gegart. Danach kommen sie mit Kopffedern, Schnabel und Innereien auf den Teller – für bis zu 500 Euro pro Tier. Die „Feinschmecker*innen“ essen die Fettammern komplett in einem Stück.

Kaviar: Aus dem Bauch gestrichener „Luxus“

Die Tatsache, dass 100 Gramm Kaviar bis zu 600 Euro kosten, schränkt den Kreis der Abnehmer*innen merklich ein – sollte man meinen. Denn erschreckenderweise ist die Nachfrage dennoch ungebrochen und so hoch, dass bereits 17 der 27 bekannten Störarten, aus deren Eiern die begehrte „Delikatesse“ besteht, als ausgestorben gelten. Die Industrie stillt die hohe Nachfrage hierzulande mittlerweile vorwiegend durch die Zucht und Haltung der Tiere in Aquakulturen. Dass die Störe als Wanderfische in ihrem natürlichen Umfeld üblicherweise große Strecken zurücklegen würden, ist nur eines der Tierschutzprobleme der engen Industriehaltung. Viele Konsument*innen machen sich während ihres luxuriösen Genusses keine Gedanken darum, was die Fische während der Kaviarproduktion über sich ergehen lassen müssen. „Es gibt verschiedene, äußerst stressreiche Methoden, den Rogen zu gewinnen. Entweder werden die Fische dafür betäubt und anschließend getötet oder aber die Eier werden ihnen unter Betäubung entfernt. Über einen kleinen Bauchschnitt oder sie werden von Hand unter Druck aus der Gebärmutter abgestreift. Dieses schmerzhafte Prozedere müssen sie in ihrem Leben wiederholt durchleben“, sagt Katrin Pichl, Referentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Weil die Zucht der Tiere zudem nicht reicht, um die Nachfrage zu decken, ist vielerorts der illegale Fang der geschützten Tiere an der Tagesordnung. Der World Wide Fund for Nature (WWF) geht davon aus, dass ein Drittel der weltweit gehandelten Störprodukte illegal vermarktet werden.

Karpfen: Aus der Badewanne auf den Tisch

In Polen ist das Weihnachtsfest ohne Karpfen für viele Familien undenkbar. Etwa neun Millionen Karpfen kostet das dort jährlich das Leben. Doch damit allein nicht genug. Nicht nur der Verzehr ist vielerorts Tradition – übrigens auch in der Slowakei und in Tschechen –, auch die Haltung der Tiere in der heimischen Badewanne ist noch immer weit verbreitet. Dabei stammt dieses Ritual aus längst vergangenen Tagen, als die Verbraucher*innen nicht sichergehen konnten, am Tag vor Heiligabend ihr Exemplar im Supermarkt oder Fischladen bekommen zu können. „Heute ist das anders und dennoch ist es für viele Menschen üblich, lebende Tiere zu kaufen und in Wannen oder anderen Behältern zu lagern. Dort fehlt es ihnen an Platz und ausreichend Sauerstoff, wenn sie den Transport überhaupt überstehen“, sagt Brakebusch. Auch die Schlachtung ist höchst kritisch, da die Konsument*innen sie in diesen Fällen meistens selbst übernehmen und vielfach ohne jegliche Betäubung durchführen. Polnische Tierschützer*innen setzen sich vehement gegen den Verkauf lebender Fische ein, die entgegen des Irrglaubens vieler Menschen genauso Schmerzen empfinden und leidensfähig sind wie andere Tiere auch.

Das Grauen in der Küche

Die Liste der „Delikatessen“, deren Herstellung gravierend gegen Tierschutzprobleme verstößt, ist lang. Der Verzicht auf manche dieser Gerichte könnte nicht nur Millionen Tiere vor Schmerz und Leid bewahren, sondern sich auch positiv auf den Artenschutz auswirken. Blicken Sie hinter die Kulissen der Produktion und Zubereitung von weiteren Speisen wie

Reisende und Verbraucher*innen haben die Macht

„Es lohnt sich ohne Zweifel, den eigenen Horizont zu erweitern und Neues zu probieren. Doch bevor Sie aus reiner Neugier, dem Interesse an anderen Kulturen oder aufgrund des exklusiven und luxuriösen Charakters Gerichte bestellen, die mit derartigen Qualen für Millionen Tiere verbunden sind, raten wir dringend dazu, sich nach Alternativen umzuschauen“, sagt Brakebusch. Die pflanzliche Küche etwa bietet in all ihren Facetten weltweit so viele besondere Geschmackserlebnisse und kommt ganz ohne Tierleid aus. Und unsere veganen Rezepte ermöglichen auch ohne lange Flüge eine kleine Weltreise, beispielsweise mit ukrainischem Borschtsch, vietnamesischem Bánh Mì oder dem schweizerischen „Käse“fondue – alles zu finden auf weiljedemahlzeitzählt.de

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