Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER
Auf engstem Raum zusammengepfercht, ohne Tageslicht und mit so einer schweren Brust, dass sie am Ende nicht mehr aufstehen können: Das Leben von Mastputen ist eine Qual. Bisher gibt es für ihre Haltung keine gesetzlichen Vorgaben – das Leid der Tiere findet innerhalb freiwilliger Vereinbarungen und im groben Rahmen des Tierschutzgesetzes statt. Die Verbandsklage gibt anerkannten Tierschutzverbänden nun die Möglichkeit, rechtlich gegen die Genehmigung dieser und anderer tierschutzwidriger Haltungsbedingungen vorzugehen.
Der Deutsche Tierschutzbund kämpft seit Jahren für ein Klagerecht von Tierschutzverbänden und hat bereits 2007 eine entsprechende Resolution verfasst. Mit Erfolg: Inzwischen haben sieben Bundesländer die Tierschutzverbandsklage eingeführt. In Nordrhein-Westfalen ist der Deutsche Tierschutzbund klageberechtigt. Allerdings erlaubt die Verbandsklage nur, gegen Behördenentscheidungen zu klagen. „Bei Tieren in der Landwirtschaft ist das jedoch schwieriger, weil hier die in den Anträgen beschriebene Haltung der Tiere der gültigen Nutztierhaltungsverordnung entspricht. Diese Verordnung verstößt aus unserer Sicht gegen Grundvoraussetzungen artgerechter Tierhaltung“, erläutert Evelyn Ofensberger, Leiterin der Rechtsabteilung des Deutschen Tierschutzbundes.
Gegen den Bau der Mastputenanlage in Warendorf kann der Deutsche Tierschutzbund klagen, weil es für Puten keine Nutztierhaltungsverordnung gibt. Bereits im Vorfeld des Bauantrags hat der Verband gemeinsam mit seinem Landestierschutzverband Nordrhein-Westfalen auf die tierschutzrechtlichen Missstände aufmerksam gemacht. Leider ohne Erfolg – die Behörde genehmigte den Bau. Durch die eingereichte Klage liegen die Pläne des Putenmästers nun jedoch brach. Die Behörde muss rechtfertigen, warum sie den Bau genehmigte. Anschließend wird das Verwaltungsgericht prüfen, ob und wie das Vorhaben mit dem Tierschutzgesetz vereinbar ist.
Trotz einiger Schwierigkeiten ist die Verbandsklage ein Meilenstein für den Tierschutz. Dass sie an Bedeutung gewinnt, zeigt auch die erste wissenschaftliche Fachtagung zur tierschutzrechtlichen Verbandsklage, die an der Humboldt-Universität in Berlin stattgefunden hat. Neben führenden Juristen nahm auch der Deutsche Tierschutzbund daran teil. „Wir werden uns zukünftig nicht nur für Puten einsetzen. Neben möglichen Mitwirkungsrechten und Klagen in den Bereichen Tierversuche, -zucht, -haltung und –handel ist es unser Ziel, die Nutztierhaltungsverordnung so zu gestalten, dass den Tieren in der Landwirtschaft ein artgerechtes Leben möglich wird. Zudem kämpfen wir weiter für ein einheitliches Tierschutz-Klagerecht in ganz Deutschland“, so Ofensberger.