Kommentar

Sport mit statt mittels Tieren

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Sport mit statt mittels Tieren

Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert die Pferdemisshandlung bei Olympia und fordert eine Grundsatzdiskussion über Tiere im Leistungssport.

  • Autor: Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes

Dr. Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Deutschen Tierschutzbundes

Es bedarf keines großen Pferdeverstandes, um zu erkennen, dass das Pferd Saint Boy unter der Reiterin Annika Schleu in der Prüfung im Modernen Fünfkampf bei Olympia in Tokio völlig am Ende war. Schweißtriefend mit weit aufgerissenen Augen verweigerte es jede Aktion, während seine ebenfalls total überforderte Reiterin aufgelöst Gerte und Sporen völlig unangemessen und sinnlos einsetzte. Mit Blick auf das Pferd war das eine kaum zu ertragende Tierquälerei, die die Reiterin allerdings im Nachhinein von sich wies. Und die Verantwortlichen? Das ist der eigentliche Skandal. Die deutsche Bundestrainerin Kim Raisner, von der man hätte erwarten können, dass sie ihrer Schutzbefohlenen im Ausnahmezustand rät, die Prüfung abzubrechen, feuerte Schleu noch an, auf das Pferd einzudreschen und half von außen sogar mit. Klaus Schormann, deutscher Präsident des Weltverbandes der Modernen Fünfkämpfer (UIPM), wies der Reiterin die alleinige Schuld zu, statt sich damit auseinanderzusetzen, wie es zu derartigen Szenen kommen konnte. Und welchen Sinn ein „Wettkampf“ hat, bei dem Pferd und Reiter sich nicht kennen und folglich nicht das notwendige Vertrauen für eine gemeinsame Leistung aufbauen können. Während die Bundestrainerin im Nachgang von ihren Aufgaben entbunden wurde, blieb der überfällige Rücktritt des Präsidenten aus. Die rechtliche Würdigung ist nun Sache der Gerichte. Ansonsten sind Konsequenzen gefragt, die solche unwürdigen Schauspiele zukünftig ersparen und Pferde davon befreien, als seelenlose Sportgeräte behandelt zu werden. Wenn ein Tier nur Mittel zum Zweck ist, es für Sportler und Besitzer um Ruhm, Ehre und Geld geht, ist Missbrauch vorprogrammiert. Immer wieder gibt es im Pferdesport Szenen des Tierleids, der Überforderung und nicht zuletzt tödlicher Verletzungen – auch in Tokio gab es weitere „Zwischenfälle“. Es ist Zeit für eine Grundsatzdiskussion über Tiere im Leistungssport. Sport kann für Mensch und Tier ein Vergnügen sein, wenn sich die Partner kennen, verstehen und nur angemessene Leistungen gefordert werden – Sport mit Tier statt mittels Tier. Sportarten wie der Moderne Fünfkampf gehören nicht in unsere Zeit.

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Bildrechte: Artikelheader: Pixabay – Alexas_Fotos (Pferd); Foto: Deutscher Tierschutzbund e.V. (Porträt)