Im Zeichen
der Tierheime

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Im Zeichen
der Tierheime

Die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes, seiner Landesverbände und Tierschutzvereine zeigt Erfolg: In punkto Tierheime ist auf politischer Ebene einiges in Bewegung.

  • Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER

Bei der morgendlichen Runde blicken die Tierheimmitarbeiter nicht nur in erwartungsvolle Gesichter von Katzen, Hunden und Kaninchen. Eine ganze Schar von Fellnasen, Vögeln und schuppigen Reptilien wartet schon ungeduldig auf die tägliche Fütterung, Bewegung und Beschäftigung. Der Alltag im Tierheim ist jeden Tag aufs Neue eine große Aufgabe und Herausforderung. Darüber hinaus stellen sich die Tierschützer bei aller Tierliebe, Selbstverständlichkeit und Aufopferung, mit der sie den Tieren begegnen, jeden Tag eine entscheidende Frage: Wer zahlt für die Tiere? Die Antwort beschäftigt und belastet die Tierschützer schon seit Jahren und sorgt für Zündstoff auf der politischen Bühne.

tierheim-motiv_hund-standesamt_dudt_4_16_artikelbildDie Unterbringung, Pflege und tierärztliche Versorgung von Hunden, Katzen, kleinen Heimtieren und Exoten verschluckt jedes Jahr Millionen. Und genau die fehlen den Tierheimen und Tierschutzvereinen in Deutschland. Der Hauptgrund dafür: Sie erhalten von Städten, Kommunen und Gemeinden keine kostendeckende Erstattung für ihre Arbeit. Und das, obwohl sie mit der Betreuung von Fundtieren staatliche Aufgaben übernehmen.

„Tierschützer sind keine Bittsteller – sie haben einen Anspruch auf faire Bezahlung der von ihnen für die Gesellschaft erbrachten Leistungen“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. In der Regel erstatten die Behörden ihnen jedoch lediglich 25 bis 30 Prozent aller anfallenden Beträge. Dabei sind 70 bis 80 Prozent der Tiere im Tierheim Fundtiere – ihre Betreuung ist das, was die Tierheime finanziell am meisten belastet.

Hinzu kommen zahlreiche beschlagnahmte Tiere aus immer mehr Fällen von illegalem Welpenhandel und Animal Hoarding. Auch auf den Kosten für diese Tiere bleiben die Tierheime in der Regel sitzen. Weil die staatlichen Gelder seit jeher fehlen, stecken die Tierschutzvereine jeden Cent ihrer Rücklagen in die Betreuung der Tiere. In der Folge sind ihre Gelder inzwischen verbraucht und vielen von ihnen droht die Insolvenz.

„Tierheime helfen, helft Tierheimen!“

Der Deutsche Tierschutzbund kämpft als Dachverband schon seit Jahren für die ihm angeschlossenen Tierschutzvereine und Tierheime. Der Verband bietet ihnen nicht nur permanent fachliche Beratung, eine Tierheimbetreuung, Rechtsabteilung und Vereinsbetreuung, sondern unterstützt sie auch mit verschiedenen Hilfsfonds, wie etwa der Bauhilfe und dem Feuerwehrfonds für Notfälle.

Gerade erst hat der Deutsche Tierschutzbund im verbandseigenen Tierschutzzentrum Weidefeld eine Auffangstation für Reptilien im Wert von eineinhalb Millionen Euro errichtet, weil die Politik die Haltung dieser Tiere nicht reguliert. In grenznahen Tierheimen in Bayern entstehen gerade für eine Viertelmillion Euro Quarantänestationen für illegal eingeführte Hundewelpen, weil die Politik nichts gegen den illegalen Welpenhandel unternimmt. Und das sind nur zwei Projekte von vielen. „Es muss Schluss sein damit, dass der karitative Tierschutz aus Tierliebe Aufgaben übernimmt, die der Staat sträflich vernachlässigt“, fordert Schröder.

Mehr als 50.000 Unterschriften hatte der Deutsche Tierschutzbund in kurzer Zeit für eine faire Finanzierung der Tierheime gesammelt.

Mehr als 50.000 Unterschriften hat der Deutsche Tierschutzbund in kurzer Zeit für eine faire Finanzierung der Tierheime gesammelt.

Aufgrund der dramatischen Lage der Tierheime hat der Verband auch seine Öffentlichkeitsarbeit verstärkt: Die Kampagne „Tierheime helfen. Helft Tierheimen!“ macht schon seit Anfang des Jahres auf die Bedeutung und Lage der Tierheime aufmerksam.

Zusätzlich haben der Verband, seine Landesverbände und Tierschutzvereine den Welttierschutztag am 4. Oktober in das Zeichen der Tierheime gestellt. Franz von Assisi – in dessen Gedenken Tierschützer den Welttierschutztag feiern – sah das Tier als lebendiges Geschöpf Gottes und als Bruder des Menschen an. Auch den kleinsten Wurm betrachtete er als gottgewollt und daher als schützenswert. Ganz in diesem Sinne steht das unermüdliche Engagement der Tierschützer für die Tierheime und Tiere in Deutschland – und das mit zunehmendem politischem Erfolg. Verschiedene Entwicklungen und Veranstaltungen zeigen, dass die Stimme des Verbandes in der politischen Landschaft gehört wird.

Bewegung im politischen Berlin

Bereits Ende letzten Jahres wurde auf Initiative des Deutschen Tierschutzbundes und mehrerer Abgeordneter aller Fraktionen der „Parlamentskreis Tierschutz im Deutschen Bundestag“ gegründet. Ziel dieses Parlamentskreises ist es, sich fraktionsübergreifend zu Tierschutzfragen auszutauschen und daraus gegebenenfalls parlamentarische Initiativen zu entwickeln. Die Schirmherrinnen des Parlamentskreises Tierschutz sind Dagmar G. Wöhrl (CDU/CSU-Fraktion), Christina Jantz-Herrmann (SPD-Fraktion), Birgit Menz (Fraktion Die Linke) und Nicole Maisch (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen).

Schon in der zweiten Sitzung des Parlamentskreises stand die finanzielle Situation der Tierheime auf der Agenda. Dass sich die Bundespolitiker in diesem Rahmen des Themas angenommen haben, war ein erstes starkes politisches Signal. Der Parlamentskreis formulierte gemeinsame Forderungen in Form einer überparteilichen Erklärung. Demnach ist die Unterstützung der Tierheime nach Ansicht aller Beteiligten ein gesamtgesellschaftliches Interesse, dem sich die öffentliche Hand nicht entziehen darf. Es müsse Praxis werden, dass den Tierheimen die durch die Übernahme staatlicher Aufgaben entstandenen Ausgaben tatsächlich kostendeckend erstattet werden.

Neben dem Parlamentskreis brachte dieses Jahr eine weitere politische Veranstaltung Bewegung in die Sache: Bundesminister Christian Schmidt hatte zum runden Tisch zur Lage der Tierheime in das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin geladen. Die Bundesregierung hat damit endlich ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt, sich um die Tierheime zu kümmern.

Schnelle und konkrete politische Lösungen

Moderiert von der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Maria Flachsbarth nahmen Bundestagsabgeordnete aus allen Fraktionen und diverse Staatssekretäre aus den Bundesländern an der Veranstaltung teil. Lediglich die Präsidien der kommunalen Spitzenverbände haben – wie schon 2011 – die persönliche Teilnahme verweigert und das Thema auf Arbeitsebene abgeschoben. Dennoch bot der runde Tisch dem Deutschen Tierschutzbund die Möglichkeit, sich mit politischen und kommunalen Vertretern zur Lage der Tierheime auszutauschen.

Auf der Tagesordnung stand unter anderem die Definition des Begriffs Fundtier und die damit verbundene kostendeckende Erstattung für die Tierheime, der illegale Welpenhandel, die Katzenschutzverordnung ,die Tierbörsen und die Haltung von Exoten. Am Ende des runden Tisches gab es noch kein konkretes Ergebnis, doch der Verlauf lässt hoffen, dass es endlich zu Lösungen kommt.

Die Teilnehmer haben vereinbart, sich um den Jahreswechsel herum erneut in gleicher hochrangiger Runde zu treffen und das Thema weiter anzugehen. Bis dahin werden sich die Staatssekretäre der Länder gemeinsam mit der Bundesregierung im Staatssekretärsausschuss für Tierschutz beraten. Die kommunalen Vertreter diskutieren die Themen in den entsprechenden Gremien.

Ein Frühstück für die Tierheime

Auch das Parlamentarische Tierschutzfrühstück des Deutschen Tierschutzbundes in Berlin stand ganz im Zeichen der Tierheime. Bei einem veganem Büfett versammelten sich rund 100 Gäste aus Politik und Gesellschaft, um in lockerer Atmosphäre die aktuellen Fragen des Tierschutzes zu diskutieren. Die Liste der Gäste zeigt, dass der Deutsche Tierschutzbund im politischen Berlin gehört wird. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen, Vertreter der Bundesregierung und zahlreicher Landesregierungen sowie Partnerverbände waren der Einladung unter dem Motto „Tierheime helfen. Helft Tierheimen!“ in das Hauptstadtbüro des Verbandes gefolgt.

Rund 100 Gäste versammelten sich beim veganen Tierschutzfrühstück im Hauptstadtbüro des Deutschen Tierschutzbundes.

In seiner Begrüßungsrede machte Schröder erneut deutlich, wie prekär die Situation der Tierheime in Deutschland ist, und überreichte den Schirmherrinnen des Parlamentskreises Tierschutz eine Petition mit Zehntausenden Stimmen. Mehr als 50.000 Unterschriften hatte der Verband in kurzer Zeit für eine faire Finanzierung der Tierheime gesammelt. Gleichzeitig dankte Schröder den Schirmherrinnen erneut für ihren Einsatz: „Wir wissen, dass die Abgeordneten im Parlamentskreis Tierschutz an der Seite der Tierheime stehen. Wir brauchen diese Solidarität mehr denn je. Über 52.000 Stimmen, über 740 Mitgliedsvereine mit 550 vereinseigenen Tierheimen und Auffangstationen, die immer für die Tiere da sind – jetzt brauchen wir Hilfe, und das rasch“, so Schröders Appell bei der Übergabe.

V. l. n. r.: Dagmar Wöhrl, MdB (CSU), Christina Jantz-Herrmann, MdB (SPD), Thomas Schröder, DTSCHB, Nicole Maisch, MdB (Grüne) und Birgit Menz, MdB (Linke) bei der Übergabe der Petition.

V. l. n. r.: Dagmar Wöhrl, MdB (CSU), Christina Jantz-Herrmann, MdB (SPD), Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Nicole Maisch, MdB (Grüne) und Birgit Menz, MdB (Linke) bei der Übergabe der Petition.

Welche ungeheuren Leistungen die haupt- und ehrenamtlichen Tierschützer in den Tierheimen tagtäglich erbringen, stellte auch die Parlamentarische Staatssekretärin bei der Ministerin für Arbeit und Soziales, Anette Kramme, in ihrem Grußwort eindrucksvoll dar: „Tierheimleitung, Tierpfleger, Techniker, Hausmeister, Sekretariat, geringfügig Beschäftigte, Auszubildende, Praktikanten – Tierschutzvereine beschäftigen mehrere Tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Tierheime sind ein Engagement- und Jobmotor.“

Auch Nicole Maisch, tierschutzpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, rief als Vertreterin des Parlamentskreises Tierschutz die zuständigen politischen Verantwortlichen dazu auf, endlich Flagge zu zeigen. „Nur auf das große Herz der Tierschützerinnen und Tierschützer vor Ort zu setzen, ist politisch zu wenig und wird dem Anspruch unserer Verfassung, die Tiere zu schützen, nicht gerecht“, so Maisch.

Diese Stimmen der Politiker zeigen: Nicht nur das diesjährige Parlamentarische Tierschutzfrühstück war ein voller Erfolg. Die gesamten politischen Ereignisse der vergangenen Monate machen deutlich, dass es dem Deutschen Tierschutzbund gelungen ist, aufseiten der Politik endlich ein Bewusstsein für die Leistung der Tierschutzvereine und Tierheime in Deutschland zu wecken. Jetzt ist es an der Zeit, dass den Worten Taten folgen. Der Verband wird nicht aufhören, genau dafür zu kämpfen.

Weiterführende Infos

  • Lesen Sie alles über die Kampagne des Deutschen Tierschutzbundes und unterstützen Sie unsere Petition mit Ihrer Stimme, in der wir eine faire Bezahlung für unsere Tierheime fordern.
    www.tierheime-helfen.de

Bildrechte: Header und Kampagnenmotiv: www.frese-wolff.de, Artikelbilder und Bildergalerie: Deutscher Tierschutzbund e. V.