Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER
Schon Steinzeitmenschen schätzten den süßen, aromatischen Geschmack von Honig, wie Höhlenmalereien belegen. Und die alten Ägypter sahen das Naturprodukt als Speise der Götter an. Auch in der heutigen Zeit lieben die Menschen Honig in allen Variationen – sei es Blütenhonig oder Waldhonig, in Form von Honigwein, „Met“ genannt, oder als natürliches Heilmittel. Im internationalen Vergleich verzehren die Deutschen den goldenen Saft in besonders großen Mengen: Pro Person liegt der jährliche Konsum hierzulande bei durchschnittlich mehr als einem Kilogramm. Aber so fleißig die heimischen Honigbienen auch sind, ist es ihnen kaum möglich, mit der Produktion hinterherzukommen. Deshalb wurden allein im vergangenen Jahr fast 88.000 Tonnen Honig aus anderen Ländern importiert –unter anderem aus Mexiko, China und der Ukraine.
Leider ist es aber in vielen Teilen der Erde um die Bienen schlecht bestellt. Der Klimawandel, intensive Landwirtschaft mit dem Einsatz von Pestiziden, aber auch Milben und andere Krankheitserreger machen den emsigen Nektarsammlern schwer zu schaffen. So beobachten Imker und Wissenschaftler auf der ganzen Welt ein massenhaftes Bienensterben. „Seit einiger Zeit tritt weltweit zudem das Phänomen auf, dass ganze Bienenvölker ohne Spur verschwinden, obwohl genügend Nahrungsvorräte im Stock vorhanden sind, und auch die Königin unbeschadet bleibt“, sagt Franziska Hagen, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund.
Die genauen Ursachen für dieses als „Colony Collapse Disorder“ bezeichnete Phänomen seien unbekannt, es kämen allerdings mehrere Faktoren infrage, sagt Hagen. „Viele verschiedene Einflüsse wie Nahrungsmangel durch zunehmende Monokulturen und Rückgang von Weideflächen sowie Krankheiten, Parasiten und Pestizideinsatz sorgen vermutlich dafür, dass die Abwehrkraft der Bienen so stark geschwächt wird, dass sie letztendlich eingehen.“
Dass von bestimmten Insektiziden eine Gefahr für Bienen ausgeht, bestätigte vor Kurzem auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) in einem Bericht ganz klar. Ende April stimmten die EU-Staaten für ein Verbot von drei Neonicotinoiden – sie dürfen mittlerweile nicht mehr auf europäischen Äckern eingesetzt werden. Die Folgen dieses Bienensterbens sind dramatisch: Wenn es keine Bienen mehr gibt, die die Pflanzen bestäuben, gibt es auch deutlich weniger Obst und Gemüse: Allein in Deutschland hängen laut Deutschem Imkerbund etwa 85 Prozent der landwirtschaftlichen Erträge im Pflanzen- und Obstbau von der Bestäubung durch die Honigbienen ab.
Angesichts mehrerer alarmierender Studien und auf Druck von Tierschutzund Umweltverbänden hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag ein Aktionsprogramm zum Schutz von Insekten angekündigt. Damit den Worten auch Taten folgen, hat der Deutsche Naturschutzring, dem auch der Deutsche Tierschutzbund angehört, gemeinsam mit anderen Verbänden die Große Koalition aufgefordert, diese geplanten Schutzmaßnahmen auch ambitioniert umzusetzen und für mehr Vielfalt in der Landschaft und für weniger Pestizide zu sorgen.
Positiv ist jedoch die Entwicklung, dass sich immer mehr Menschen für die Imkerei begeistern. Das Halten, Vermehren und Züchten von Bienen hat in Deutschland ohnehin eine lange Tradition. Laut Deutschem Imkerbund gibt es hierzulande etwa 130.000 Imker mit insgesamt rund 870.000 Bienenvölkern.
Vor allem in Städten wächst die Zahl der Hobby-Imker, die eigene Bienenvölker halten – in Kleingärten, auf Dächern oder auf dem Balkon. Stadtmenschen freuen sich nicht nur über den selbst geernteten Honig, sondern schätzen auch die entschleunigende Wirkung, die das Imkern mit sich bringt. Reichlich Nahrung finden die fleißigen Stadtbienchen beispielsweise auf Balkonen, in Parks oder auf Innenhöfen, aber auch auf Dachgärten und alten Friedhöfen. „Während Bienen auf dem Land mittlerweile viele Monokulturen und Felder ohne Blühstreifen vorfinden, ist das Nahrungsangebot in der Stadt oft reichhaltiger“, sagt Hagen. Auch in vielen Schulen werden inzwischen Projekte zum Schutz von Bienen umgesetzt. Indem zum Beispiel Lehrer mit ihren Schülern selbst gebaute Insektenhotels für Wildbienen und andere Insekten auf dem Schulhof aufstellen, werden schon Kinder für das Thema sensibilisiert. Und sie lernen, welch wichtige Rolle die Bestäuber für die Umwelt spielen.
Jetzt, zwischen Mai und August, ist die Zeit, in der die Imker den reifen Honig ihrer Bienenvölker ernten. Das süße Gold produzieren die Bienen aus dem Nektar, den sie tagtäglich sammeln. Für die fleißigen Insekten bedeutet das ganz schön viel Arbeit: Eine einzeln Biene fliegt täglich bis zu 30 Mal aus und besucht pro Flug bis zu 300 Blüten, während sie zugleich Pflanze für Pflanze bestäubt und Pollen für ihre Brut gleich mit aufnimmt. Um etwa 500 Gramm Honig produzieren zu können, müssen Bienen einen Liter Nektar sammeln, für den sie rund 40.000 Mal ausfliegen.
Haben sie eine ergiebige Futterquelle gefunden, spricht sich das schnell herum: Mit Bienentänzen teilen sie den anderen Mitgliedern des Bienenstaates mit, wo genau es Nahrung gibt. Nur wenn die kleinen Bestäuber im Sommer genügend Honigreserven anlegen, kann das Volk, das aus etwa 20.000 Bienen besteht, den Winter überstehen. Daher ist es wichtig, dass der Imker den Bienen einen Teil des Honigvorrats im Stock belässt und bei Bedarf noch Zuckerlösung zufüttert.
Gerade weil Honigbienen so leistungsfähig sind, versuchen einige Imker, diese Verhaltensweisen durch gezielte Zucht noch weiter zu optimieren. „Genau wie bei der Zucht anderer Nutztiere hat dieser Fokus auf bestimmte Selektionsmerkmale negative Auswirkungen auf die Bienen, unter anderem auf die Resistenz gegen Krankheiten, die durch zunehmende Inzucht und den Verlust der genetischen Vielfalt bedingt sind“, erläutert Hagen. „Bei der Zucht sollten Imker den Fokus daher nicht ausschließlich auf Leistungsmerkmale legen, sondern auch auf Robustheit, Resistenz gegen Krankheiten und die Vermeidung von Inzucht.“
Viele Imker gehen jedoch verantwortungsvoll mit ihren Bienen um. Indem sie Bienenvölkern ein Zuhause bieten, leisten sie auch einen wichtigen Beitrag zum Tierschutz: So kümmern sie sich besonders gut um die fleißigen Bestäuber und wirken dem Bienensterben entgegen. Verbraucher können lokale biozertifizierte Imker unterstützen, indem sie ihren Honig kaufen anstatt des Markenhonigs aus dem Supermarkt.
Wer jedoch lieber die vegane Variante bevorzugt, kann auch eine Reihe von Honig-Alternativen probieren. Anders als normaler Honig, der ein von Tieren produziertes Nahrungsmittel und somit nicht vegan ist, werden Honig-Alternativen auf pflanzlicher Basis hergestellt. „Die Auswahl ist überaus vielseitig und reicht von Agavendicksaft über Löwenzahnhonig bis hin zu Ahorn-, Zuckerrüben- oder Reissirup“, sagt Verena Jungbluth, Leitung Veganismus beim Deutschen Tierschutzbund. Diese Alternativen schmecken genauso süß und aromatisch wie Honig, den Bienen hergestellt haben. „Der Honigersatz ist nicht nur vielseitig einsetzbar – etwa als Brotaufstrich, zum Backen oder im Salatdressing. Löwenzahnhonig zum Beispiel kann man auch ganz einfach selbst herstellen. Das Internet bietet hierfür zahlreiche abwechslungsreiche Rezepte an.