Aus dem Print-Magazin

Auf das Huhn gekommen

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Auf das Huhn gekommen

Die private Hühnerhaltung liegt im Trend, denn zunehmend mehr Menschen finden Freude daran, die geselligen Tiere aus nächster Nähe zu erleben und zu versorgen. Die Kehrseite ist, dass zahlreiche Hühner im Tierheim landen. Vor allem die Hähne sind die Leidtragenden.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Mit Hühnern wird es nie langweilig: Sie sind überaus sozial, neugierig, sehr kommunikativ und wenn sie im eigenen Garten leben, herrscht dort immer ein reges Treiben. Kein Wunder also, dass viele Menschen diese liebenswerten Tiere auch als Haustiere halten möchten. Die private Hühnerhaltung liegt seit Jahren im Trend und ist längst auch in Städten angekommen. Doch mit ihrer Beliebtheit steigt auch die Zahl der Hühner, die in den Tierheimen landen. So halten viele Einrichtungen dauerhaft Plätze für sie bereit. Im Tierheim Siegen zum Beispiel, das dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossen ist, leben zurzeit 45 Hühner, darunter zehn Hähne. „Unser Tierheim ist sehr ländlich gelegen – hier im Umkreis gibt es viele Menschen, die Hühner privat halten“, berichtet Jessica Pietschmann, Tierpflegerin und Ausbilderin im Tierheim Siegen. Viele Halter*innen würden sich an dem geselligen Wesen der Hühner erfreuen. „Es ist einfach interessant, sie zu beobachten, und es lohnt sich, sich Zeit für die Tiere zu nehmen und ihre ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten kennenzulernen“, so die Tierschützerin. „Ein weiterer Grund, weshalb zunehmend mehr Menschen eigene Hühner halten, ist, dass sie nicht die tierschutzwidrigen Bedingungen in der intensiven Landwirtschaft unterstützen wollen und daher Eier aus der eigenen Haltung bevorzugen.“

„Es lohnt sich, sich Zeit für die Tiere zu nehmen und ihre ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten kennenzulernen.“

– Jessica Pietschmann

Im Tierheim Siegen leben zurzeit 45 Hühner, darunter allein zehn Hähne.

Viele Hähne kommen als Fundtiere an

Das Tierheim Siegen erreichen jedoch nicht nur Anfragen von Interessent*innen, die Hühner adoptieren möchten. „Häufig melden sich auch Personen bei uns, die ihre Tiere – vor allem Hähne – bei uns abgeben wollen“, schildert Pietschmann. Ein Problem, das zahlreiche Tierheime bundesweit beobachten. Oft komme es etwa vor, dass die Nachbarschaft sich über das lautstarke Krähen der Hähne beschwere. Ihr „Kikeriki“ lassen sie nicht nur am frühen Morgen ertönen, sondern zum Beispiel auch, um die restliche Hühnerschar vor Gefahren wie etwa Greifvögeln zu warnen. Pietschmann empfiehlt Interessent*innen generell, vor der Anschaffung sowohl mit Nachbar*innen als auch mit Vermieter*innen oder der Eigentümergemeinschaft Rücksprache zu halten. „Ebenso ist es ratsam, kundige Tierärztinnen oder Tierärzte an der Hand zu haben, die sich mit Hühnern auskennen“, so Pietschmann. Was die Gruppenkonstellation betrifft, sollte in einer kleineren Gruppe von Hühnern nicht mehr als ein Hahn leben, da es sonst zu Streitereien kommen kann. Es passiert auch immer wieder, dass Halter*innen ihre Hennen brüten lassen und sie den männlichen Nachwuchs loswerden möchten“, sagt Pietschmann. Vor einiger Zeit zum Beispiel wurde im Tierheim ein Karton mit vier männlichen Küken abgegeben, die jemand in einem Wald entsorgt hatte. „Normalerweise arbeiten wir mit einer Warteliste, aber oft kommen Hühner als Fundtiere zu uns – sie wurden ausgesetzt, nachdem wir es zuvor wegen fehlender Kapazitäten abgelehnt hatten, die Tiere aufzunehmen“, berichtet Pietschmann. Denn auch wenn das Tierheim insgesamt rund 80 Hühner beherbergen könne, müssen Neuankömmlinge zunächst in Quarantäne – der Platz sei dort jedoch begrenzt. Rechtlich gesehen sind Städte und Gemeinden dazu verpflichtet, Fundtiere angemessen unterzubringen.

Die Hühner in Siegen werden alle liebevoll von den Mitarbeiter*innen, wie etwa der Bundesfreiwilligendienstleistenden Chantal Leporin, versorgt.

In der Regel übertragen sie diese Aufgabe jedoch an örtliche Tierheime. In der Einrichtung in Siegen leben die Hühner in mehreren Gruppen auf einem großzügigen Gelände – darunter auch eine Kleingruppe, die aus zwei Hähnen besteht. „Das ist durchaus möglich, wenn sich die beiden Hähne vertragen.“ Generell rät die Tierpflegerin dazu, kleine Gruppen von etwa vier bis fünf Tieren zu halten. Die Einzelhaltung von Hühnern ist hingegen tierschutzwidrig, denn die sozialen Tiere brauchen die Gesellschaft ihrer Artgenossen.

Ausreichend Platz, Sitzstangen und ein Sandbad

Wer Hühnern ein schönes Zuhause im eigenen Garten bieten möchte, benötigt unter anderem einen ausreichend großen Stall mit Sitzgelegenheiten für jedes einzelne Tier, einen Auslauf sowie Futter- und Wasserstellen, die möglichst trocken und sauber gelegen sind. Unverzichtbar ist zudem ein Sandbad, damit die Gruppe einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen nachgehen und ihr Gefieder pflegen kann, ergänzt Pietschmann. „Außerdem ist es wichtig, dass keine anderen Tiere wie Marder oder Füchse in das Gehege eindringen können. Ein Kaninchendraht ist kein Hindernis, besser eignet sich ein stabiler, engmaschiger Volierendraht zur Umzäunung.“ Sie betont zudem, wie wichtig es ist, auch „Spaß an den Tieren“ zu haben und Hühner nicht nur wegen ihrer Eier zu halten. „Schließlich legen sie mit zunehmendem Alter weniger Eier.“ Dass Interessent*innen bereits vor der Adoption Expert*innen auf dem Gebiet der Hühnerhaltung sind, sei nicht zwingend notwendig, so Pietschmann. Sie sollten jedoch die Bereitschaft zeigen, sich intensiv mit den Tieren und ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen. „Außerdem bieten wir immer an, sich bei uns zu melden, falls es Probleme gibt.“ Zahlreiche Hühner in Siegen und darüber hinaus warten nur darauf, von liebevollen Tierfreundinnen und -freunden adoptiert zu werden.