Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER
Ob in unseren Gärten oder auf unseren Dächern, in Wäldern, auf Feldern oder in Stadtparks – Vögel sind allgegenwärtig. Oder? Tatsächlich sind die Bestände zahlreicher Vogelarten insbesondere der Agrarlandschaft wie Braunkehlchen, Feldlerche, Kiebitz und Star in den vergangenen Jahrzehnten drastisch zurückgegangen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Zum Beispiel finden viele Vögel durch die intensive Landwirtschaft und den Klimawandel keine geeigneten Lebensräume und nicht mehr genügend Insekten und andere Nahrung. Zudem werden sie legal gejagt und mitunter illegal verfolgt. Doch wir alle können dazu beitragen, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und die einzigartige und schützenswerte Vogelwelt zu bewahren. Ob vor Ihrer Haustüre, durch Ihre Kaufentscheidungen oder indem Sie sich gegen die Jagd auf Vögel einsetzen – es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Sie den gefiederten Tieren helfen können.
Heimische Wildblumen und Wildstauden statt Zierrosen und kurzgeschorener Rasen, blüten- und früchtetragende Sträucher statt Kirschlorbeer oder Forsythie: Vögel lieben naturnahe Gärten und Balkone mit heimischen Pflanzen. Diese bieten ihnen Unterschlupf und eine große Auswahl an leckeren Samen sowie Beeren und anderen Früchten. Zudem locken sie Insekten an – diese stehen bekanntlich ebenfalls auf dem Speiseplan der Vögel. Folgende Pflanzen sind bei Vögeln beispielsweise besonders begehrt:
Vögel mögen zudem etwas Unordnung: „Richten Sie in Ihrem Garten oder auf Ihrem Balkon wilde Ecken ein, indem Sie Laub liegen lassen, Holzstapel oder Reisighaufen anlegen und nicht gleich jedes Unkraut entfernen“, empfiehlt James Brückner, Leiter der Abteilung Wildtiere beim Deutschen Tierschutzbund. So finden die Vögel nicht nur mehr Insekten, sondern auch Versteckmöglichkeiten.
In der kalten Jahreszeit, wenn das Buffet der Natur nicht so reich gedeckt ist wie im Frühling und Sommer, finden Vögel wenig Futter. Besonders in dieser Zeit nehmen sie gern menschliche Unterstützung an. In Regionen, in denen besonders intensive Landwirtschaft betrieben wird, kann auch eine ganzjährige Fütterung sinnvoll sein. „Es gibt zwar Kritiker*innen, die befürchten, so in das ökologische Gleichgewicht einzugreifen und den Vögeln das natürliche Verhalten der Nahrungssuche abzutrainieren“, so Brückner. „Dafür gibt es nach jetzigem Stand aber keine Belege, zumal die Tiere durch den Einfluss des Menschen schon lange nicht mehr in einem gesunden und vielfältigen Ökosystem leben, das sich auf natürliche Weise selbst reguliert.“
Unsere heimischen Singvögel lassen sich in Körner- und in Weichfutterfresser unterteilen:
Körnerfresser wie Spatzen, Finken, Kernbeißer, Ringeltauben und Dompfaffen mögen Kerne und Körner am liebsten. Auf ihrem Speiseplan stehen Sonnenblumenkerne, Getreide wie Weizen und eingefettete Haferflocken, Erdnüsse und Samen wie Hanf- und Leinsamen. Buntspechte und Meisen freuen sich besonders über Futterringe und Meisenknödel – Letztere bieten Sie am besten ohne Plastiknetz in einer Futterhalterung an. Achten Sie zudem darauf, dass das Futter unbehandelt ist – also nicht geröstet, gesalzen oder gewürzt.
Bei Weichfutterfressern wie Amseln, Drosseln, Rotkehlchen, Staren und Zaunkönigen stehen Obst, Beeren und Insektenlarven auf dem Menü. Zum Beispiel naschen sie getrocknete Beeren sowie Äpfel und Birnen. Andere Arten wie Kleiber und Grünspecht nehmen im Winter ebenfalls gerne das vielfältige Angebot am Futterhaus wahr.
Berücksichtigen Sie bei der Fütterung auch diese Punkte:
Geeignete Nistplätze sind mittlerweile Mangelware. Denn heutzutage finden noch lange nicht alle Vögel alte, morsche Bäume, in denen sie sich Nisthöhlen einrichten können. Auch an Gebäuden fehlt es zunehmend an Brutnischen. Durch energetische Sanierungen fallen Mauerspalten, offene Dachstühle und andere Brutquartiere oft weg. Vor allem sogenannte Gebäudebrüter wie der Hausrotschwanz, der Turmfalke, die Schwalbe oder auch der Mauersegler leiden darunter. Helfen können Sie ihnen, indem Sie Nistkästen, künstliche Schwalbennester und andere Unterkünfte an Ihrem Gebäude anbringen. Nicht nur im Handel gibt es zahlreiche Nisthilfen für verschiedene Vogelarten. Auch im Internet finden Sie eine Vielzahl an Bauanleitungen. Egal, ob gekauft oder selbst angefertigt – achten Sie auch auf folgende Punkte, wenn Sie Wildvögeln ein Zuhause bieten möchten:
Leider kommt es immer wieder vor, dass Vögel gegen Fenster und große Glasflächen von Gebäuden fliegen und durch den harten Aufprall sterben. Jedes Jahr verunglücken weltweit Hundertmillionen Vögel auf diese Weise. Denn die Tiere können transparentes Glas und spiegelnde Scheiben nicht sehen und somit auch nicht als Hindernis wahrnehmen. Damit dies nicht an Ihrem Haus, Ihrer Wohnung oder Ihrem Büro passiert, können Sie große Fensterscheiben am besten mit großflächigen Streifenmustern sichtbar machen. Schon drei Millimeter breite Streifen in 50 Millimeter Abstand können verhindern, dass Vögel gegen die Scheiben fliegen. Hilfreich sind auch kontrastreiche Punktmuster, UV-reflektierende Aufkleber, Rollos oder Gardinen. Was hingegen nichts bringt, sind die weit verbreiteten Aufkleber von Greifvogel-Silhouetten.
Zwischen März und Juli ziehen Amseln, Meisen, Rotkehlchen, Krähen und Co. ihren Nachwuchs groß. Zu dieser Zeit finden Spaziergänger*innen immer wieder scheinbar hilflose Jungvögel und sind besorgt. Doch nicht alle Vogelkinder benötigen Hilfe – beachten Sie daher folgendes:
Ist der Jungvogel unbefiedert? In diesem Fall sollten Sie aktiv werden. Jungvögel ohne Federkleid gehören ins Nest, wo ihre Eltern sie versorgen und beschützen. Es handelt sich dabei um sogenannte Nesthocker, die nackt zur Welt kommen und – wie der Name verrät – zunächst sehr an ihr Nest gebunden sind. Dazu zählen beispielsweise Tauben, Spechte und Singvögel. Ihre Umgebung erkunden sie erst, wenn ihr Gefieder vollständig ausgebildet ist. Wenn Sie also einen Jungvogel ohne Gefieder außerhalb seines Nests sehen, sollten Sie ihn behutsam dorthin zurücksetzen, sofern Sie das richtige Nest kennen.
Hat der Jungvogel bereits Gefieder? Dann handelt es sich oft um einen sogenannten Nestflüchter, dazu zählen etwa Enten oder Gänse. Sie verlassen bereits ein oder zwei Tage nach dem Schlüpfen das Nest, um ihre Umgebung zu erkunden. Auch junge Singvögel verlassen nach einigen Wochen ihr Nest noch bevor sie flugfähig sind und benötigen dann in der Regel keine Hilfe. Ist der befiederte Jungvogel jedoch in Gefahr, beispielsweise, wenn er sich in der Nähe einer vielbefahrenen Straße aufhält, benötigt auch er Hilfe. Setzen Sie das Tier behutsam an einen sicheren Ort, beispielsweise an eine Hecke, sodass die Elterntiere den Jungvogel wiederfinden und weiterversorgen können. Dass Vogeleltern ihre Kinder verstoßen, sobald sie nach Menschen riechen, ist übrigens ein verbreiteter Irrtum. Tatsächlich stören sie sich nicht daran, wenn die kleinen Vögel von Ihnen berührt wurden.
Ist der Jungvogel verletzt? Trifft das zu, braucht das Tier unbedingt professionelle Hilfe. Melden Sie sich in diesem Fall bei einem Tierschutzverein, einem Tierheim oder einer Auffangstation in Ihrer Nähe oder kontaktieren Sie direkt eine Tierärztin oder einen Tierarzt. Die Versorgung und Aufzucht eines verletzten Vogels sollten Sie immer Expert*innen überlassen. Bitte nehmen sie das Tier daher nicht mit nach Hause, um es selbst zu versorgen.
Unterstützen Sie Initiativen in Ihrer Region, mit denen Streuobstwiesen und Blühflächen angelegt und gepflegt werden. Als Gegensatz zu intensiv bewirtschafteten Ackerflächen und Monokulturen sind diese ein Paradies für Wildvögel sowie Insekten und bilden wichtige Lebens- und Nahrungsräume – beispielsweise für bedrohte Vogelarten wie Halsbandschnäpper, Wendehals und Steinkauz. Da Streuobstwiesen durch Menschenhand entstehen, benötigen sie auch regelmäßige Pflege: Damit die Bäume nicht vorzeitig sterben, ist es wichtig, sie in Form zu halten und zu beschneiden. Auch Blühstreifen tragen zu mehr Artenvielfalt bei und locken durch ihr reiches Angebot an Samen und Insekten Vögel wie Stieglitz, Feldsperling und Neuntöter an.
Auch beim Einkaufen können Sie die Vögel schützen. Indem Sie zum Beispiel zu Obst und Gemüse aus regionalem, ökologischem Anbau anstatt aus konventioneller Landwirtschaft greifen, unterstützen Sie Landwirtinnen und Landwirte, die keine für Tiere schädlichen Pestizide einsetzen. Tatsächlich befinden sich auf ökologisch bewirtschafteten Ackerflächen sehr viel mehr Vogelreviere als auf konventionell bewirtschafteten Flächen . Ebenso wichtig ist es, Plastikmüll zu vermeiden. Vor allem im Meer, in Flüssen und in Seen landen tonnenweise Überreste aus Plastik, die Vögeln und anderen Tieren schaden. So kommt es immer wieder vor, dass sie qualvoll sterben, weil sie sich in den Plastikresten verfangen. Zudem halten sie die Plastikteile oft für Nahrung, die sie dann entweder selbst fressen oder an ihre Jungtiere verfüttern. Nehmen Sie daher beim Einkauf statt Plastiktüten lieber den eigenen, wiederverwendbaren Stoffbeutel mit und setzen Sie möglichst auf Produkte ohne Plastikverpackungen.
Unterstützen Sie die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes: Werden Sie Fördermitglied und erhalten Sie das Magazin DU UND DAS TIER frei Haus. Wir informieren Sie über alle tierschutzrelevanten Entwicklungen mit Berichten, Reportagen und spannenden Hintergrundberichten und Sie helfen uns dabei, den Tieren zu helfen.
Nehmen Sie bitte Rücksicht auf die Vögel, wenn Sie in Naturschutzgebieten, in Wäldern, auf Feldern oder in Parks unterwegs sind – etwa bei Freizeitaktivitäten wie Wandern, Fahrradfahren oder Klettern. Halten Sie zum Beispiel Ihre Hunde an der Leine und bleiben Sie auf den ausgewiesenen Wander- und Radwegen. Tun Sie dies nicht, können Sie Bodenbrüter und andere Tiere gefährden.
Sollten Sie einen toten Greifvogel, einen verdächtigen Köder, eine Vogelfalle oder einen gefällten Horstbaum vorfinden, könnte es sich um einen Fall illegaler Greifvogelverfolgung handeln. Es ist wichtig, solche möglichen Straftaten zu melden. Bitte geben Sie solche Infos daher an die zuständige Naturschutzbehörde weiter. Auch die Expert*innen des Komitees gegen den Vogelmord, ein Mitgliedsverein des Deutschen Tierschutzbundes, dokumentieren solche Beispiele unter der Nummer 0228/665521 oder über ein Online-Meldeformular, um Fälle von Wilderei aufzuklären und zu verhindern.
Bundesweit gibt es zahlreiche Tierheime und Auffangstationen, die sich hingebungsvoll um Vögel in Not kümmern – darunter viele, die dem Deutschen Tierschutzbund angeschlossen sind. Indem Sie diese Einrichtungen finanziell oder durch ehrenamtliche Hilfe unterstützen, leisten Sie einen wertvollen Beitrag für den Vogelschutz.