Aus dem Print-Magazin

Ihr Kreuz für die Tiere

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Ihr Kreuz für die Tiere

Anfang Juni findet die Europawahl statt – ihr Ausgang kann die Weichen für den Tierschutz in ganz Europa stellen. Ob Tiertransporte, die EU-weite Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen, der Ausstieg aus Tierversuchen oder die Meeresfischerei – derzeit sind zahlreiche Tierschutzthemen auf EU-Ebene besonders relevant. Mit Ihrer Stimme können Sie zum Schutz der Tiere beitragen.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Ein Ende der Pelztierzucht und der Vermarktung von Pelzprodukten …

Die Zahlen sind überwältigend und sprechen für sich: 84 Prozent der Bürger*innen der Europäischen Union (EU) wünschen sich einen besseren Schutz für die Tiere in der Landwirtschaft. Dasselbe fordern 74 Prozent auch für Heimtiere. 83 Prozent sind zudem der Ansicht, dass die Transportzeiten von Tieren reduziert werden sollten, und ganze 90 Prozent der Befragten geben an, dass Landwirtschafts- und Zuchtpraktiken grundlegende ethische Anforderungen erfüllen müssen. Diese repräsentativen Ergebnisse der Eurobarometer-Umfrage, für die im Auftrag der Europäischen Kommission insgesamt 26.376 Bürger*innen aller EU-Mitgliedsstaaten befragt wurden, sind unmissverständlich: Die Menschen möchten die Missstände im Umgang mit Tieren nicht länger hinnehmen – Europa braucht mehr Tierschutz. Vom 6. bis zum 9. Juni 2024 haben die EU-Bürger*innen der 27 Mitgliedsstaaten die Chance, selbst für die Tiere in Europa einzutreten. Denn dann findet die Europawahl statt: Sie können entscheiden, welche Abgeordneten sie im Europäischen Parlament vertreten. In Deutschland, dem bevölkerungsreichsten EU-Land, ist am 9. Juni Wahltag – dieses Jahr erstmals ab 16 Jahren.

„Die EU-Wahl ist die große Chance, den Tierschutz EU-weit deutlich voranzubringen und all dem Leid endlich ein Ende zu bereiten.“

– Carolina Jochheim

… eine bessere Rückverfolgbarkeit von Hunden und anderen Heimtieren sowie eine Regulierung des Onlinehandels …

Der Wahlausgang setzt die Weichen für den Tierschutz

Da europäisches Recht prinzipiell Vorrang gegenüber nationalem Recht hat, haben die von uns gewählten Parlamentarier*innen entscheidenden Einfluss auf alle europäischen Richtlinien sowie Verordnungen und somit auf unser alltägliches Leben. Sie bestimmen maßgeblich die EU-Politik der nächsten fünf Jahre. Zum Beispiel legen sie gemeinsam mit dem EU-Rat Regelungen zu Umwelt- und Klimaschutz, zur Einwanderungspolitik, zur Landwirtschaft, zur Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit und nicht zuletzt zum Umgang mit Tieren fest – alles Themen, die die gesamte EU betreffen und für die es keine nationalen Grenzen gibt. Der Ausgang der Wahl setzt daher auch die Weichen für den europäischen Tierschutz. Umso wichtiger ist es, dass möglichst viele Menschen ihre Stimme abgeben und Parteien wählen, die sich für die Tiere starkmachen. Ist die Wahlbeteiligung gering, stärkt dies meist den politisch rechten Rand, was verheerende Folgen hätte. Ob Tiertransporte, Fischfang, die Kennzeichnung und Registrierung von Hunden und Katzen oder der Ausstieg aus Tierversuchen, die Liste der zurzeit drängenden tierschutzrelevanten Themen ist lang – und somit auch die der Forderungen des Deutschen Tierschutzbundes und seines europäischen Dachverbandes, der Eurogroup for Animals. „Neben dem Europäischen Parlament wird nach der Wahl auch die EU-Kommission neu zusammengestellt, die dann ein neues Arbeitsprogramm für ihre Amtszeit vorlegen wird“, erläutert Carolina Jochheim, Referentin für EU-Kommunikation beim Deutschen Tierschutzbund. Die bereits 2019 angekündigte Novellierung der EU-Tierschutzgesetzgebung sollte dann unter Führung der neuen Kommission unbedingt einen besonderen Stellenwert auf der Agenda einnehmen – sie ist Bestandteil des sogenannten Green Deals, ein umfangreiches Klimapaket, mit dem die EU-Kommission die EU bis 2050 klimaneutral machen möchte. „Bislang hat die EU-Kommission nämlich nur einen Entwurf zum Thema Tiertransporte vorgelegt, obwohl die Novellierung mehrere Pakete enthalten sollte, sowie zusätzlich einen Gesetzentwurf zu Hunden und Katzen“, so Jochheim. Weitere Gesetzesvorschläge zur Schlachtung, zur Kennzeichnung von Fleisch und zur Haltung landwirtschaftlich genutzter Tiere lassen noch auf sich warten, mit der Begründung, dass noch mehr Daten erhoben werden müssten. „Wir fordern aber, dass die Parlamentarier*innen gemeinsam mit den EU-Kommissar*innen Tierschutzthemen ambitioniert vorantreiben und dafür sorgen, dass das Europäische Parlament und die EU-Kommission an den vorliegenden Paketen weiterarbeiten und auch die drei fehlenden Entwürfe vorlegen“, sagt Jochheim. „Zudem ist es wichtig, dass sie bei Abstimmungen im EU-Parlament im Sinne der Tiere stimmen und auf Missstände aufmerksam machen.“

… spezifische Schutzmaßnahmen für Fische …

Tiertransporte müssen besser geregelt werden

Auch wenn der Deutsche Tierschutzbund die ersten Novellierungsmaßnahmen grundsätzlich begrüßt, sieht der Verband bei den bereits vorgestellten Paketen noch reichlich Nachbesserungsbedarf – das gilt insbesondere für den Entwurf für eine neue EU-Transportverordnung. Darin werden zwar viele Aspekte im Sinne der Tiere konkretisiert beziehungsweise neu aufgenommen. Dennoch ist noch immer nicht gewährleistet, dass landwirtschaftlich genutzte Tiere, Heimtiere und sogenannte aquatische Tiere wie Zierfische bei Transporten ausreichend geschützt sind. „In seiner jetzigen Form lässt der Entwurf es weiter zu, dass Tieren beim Transport – insbesondere auf Langstrecken – Unzumutbares angetan wird“, kritisiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. „Die EU muss der Tierqual auf Lkw- und Schiffstransporten endlich einen Riegel vorschieben.“ Eine Abkehr von Lebendtiertransporten über weite Strecken und in Länder außerhalb Europas ist laut dem Entwurf bislang jedoch ebenso wenig vorgesehen wie eine Abkehr von Schiffstransporten – obwohl diese besonders qualvoll sind, und eine angemessene Versorgung und Betreuung der Tiere auf See nicht möglich ist. Positiv bewertet der Deutsche Tierschutzbund, dass Tieren auf Transporten mehr Platz zugestanden wird, dass Transportzeiten in Lkw zeitlich begrenzt und das Mindestalter für Kälber beim Transport von 14 Tagen auf fünf Wochen angehoben werden soll.

… oder auch ein besserer Schutz von Tieren in der Landwirtschaft, etwa durch ein Verbot grausamer Haltungsbedingungen: All diese Maßnahmen …

Gesetzesentwurf für Heimtiere geht in die richtige Richtung

Als Lichtblick im Kampf gegen den illegalen Heimtierhandel und wichtige Entlastung für Tierheime bewertet der Deutsche Tierschutzbund den Gesetzentwurf für den Schutz von Heimtieren. Die EU-Kommission schlägt darin unter anderem Maßnahmen vor, um die Rückverfolgbarkeit von Hunden und Katzen besser zu gewährleisten und den Onlinehandel mit diesen Tieren zu regulieren. So sollen Anbieter*innen, die mit solchen Heimtieren handeln, diese verpflichtend kennzeichnen lassen und bei einem Haustierregister wie FINDEFIX, dem Haustierregister des Deutschen Tierschutzbundes, registrieren. Zudem legt sie länderübergreifende Mindeststandards für Züchter*innen, Tierheime und Tierhandlungen fest. „Insbesondere die Pflicht zur Kennzeichnung und Registrierung ist wichtig, um das grausame Geschäft mit Hunde- und Katzenwelpen einzudämmen, das ebenso auf Kosten der Elterntiere geht“, so Schröder. „Auch wenn uns eine grundsätzliche Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für jeden Hund und jede Katze – auch von privaten Halter*innen – lieber gewesen wäre, geht der Entwurf in die richtige Richtung.“

… würden den Tierschutz in ganz Europa entscheidend voranbringen.

Wahlversprechen für mehr Tierschutz

Was sich in Sachen Tierschutz in Europa noch alles verbessern muss, zeigen auch die zehn Kernforderungen, die die Eurogroup for Animals im Rahmen ihrer Kampagne „Vote for Animals 2024“ veröffentlicht hat und die der Deutsche Tierschutzbund unterstützt. Damit appellieren die Tierschützer*innen an die Kandidat*innen für das Europäische Parlament, konkrete Wahlversprechen zu unterzeichnen und sich somit dazu zu verpflichten, für die Tiere in Europa einzustehen. So gehören zu den Kernforderungen ein Verbot grausamer Haltungspraktiken wie Käfighaltung (lesen Sie dazu mehr in der Ausgabe 4/2023 von DU UND DAS TIER) sowie von Tiertransporten, ein besserer Schutz von Heimtieren, eine*n EU-Kommissar*in für Tierschutz oder auch eine nachhaltigere, tiergerechtere Lebensmittelproduktion. Spezifische Schutzmaßnahmen sowohl für Fische und andere in Aquakulturen gehaltene Tierarten als auch bei der Meeresfischerei sind weitere Ziele. Tatsächlich fehlen bislang solche Regelungen auf europäischer Ebene, und so erzeugt das Fangen, die Handhabung an Bord und die Tötung von Fischen, Krebstieren und anderen Meereslebewesen immenses Tierleid. Ebenso fordern die Tierschützer* innen bessere Rahmenbedingungen für Wildtiere allgemein, beispielsweise durch die Einführung einer sogenannten Positivliste für Tierarten, die legal als Haustiere gehalten werden dürfen. Der Deutsche Tierschutzbund setzt sich außerdem seit jeher für ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen ein. Denn während alle anderen 26 EU-Mitgliedstaaten dies bereits verhängt oder die Haltung zumindest eingeschränkt haben, bildet Deutschland das traurige Schlusslicht. Weitere Kernforderungen sind ein Ende der Pelztierzucht und der Vermarktung von Pelzprodukten sowie ein beschleunigter Übergang zu einer tierversuchsfreien Wissenschaft. Welche Kandidat*innen die Wahlversprechen bereits unterzeichnet haben, ist auf der Kampagnen-Website der Eurogroup for Animals einsehbar. Mit dieser Verpflichtung handeln sie ganz im Interesse der Europäer*innen.

Die Tiere brauchen Sie

Unterstützen Sie die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes: Werden Sie Fördermitglied und erhalten Sie das Magazin DU UND DAS TIER frei Haus. Wir informieren Sie über alle tierschutzrelevanten Entwicklungen mit Berichten, Reportagen und spannenden Hintergrundberichten und Sie helfen uns dabei, den Tieren zu helfen.

duunddastier.de/mitgliedschaft

Das belegen nicht nur die Eurobarometer-Umfrage, sondern auch die europäischen Bürger*inneninitiativen (EBI) aus diesem Bereich: Allein sechs von zehn dieser erfolgreichen Initiativen haben Verbesserungen im Tierschutz zum Ziel. Zum Beispiel unterzeichneten die EBI „Fur Free Europe“ für ein pelzfreies Europa insgesamt 1,5 Millionen Bürger*innen, 1,4 Millionen waren es jeweils bei der EBI „End the Cage Age“ für einen Übergang zu käfigfreien Systemen und der EBI „Save Cruelty Free Cosmetics“ für ein Europa ohne Tierversuche. Erreicht eine EBI wie in diesen Beispielen die erforderliche Million an Unterschriften und die jeweiligen Schwellenwerte in mindestens sieben Mitgliedstaaten, ist die Kommission dazu verpflichtet, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Am Puls der EU-Politik

Um den Tieren auch in Brüssel und Straßburg eine Stimme zu geben, steht der Deutsche Tierschutzbund als Gründungsmitglied der Eurogroup for Animals seit vielen Jahren im persönlichen Austausch mit den Parlamentarier*innen aller demokratischer Parteien, mit Mitgliedernder Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland zur EU, mit Vertreter*innen der Landesvertretungen in Brüssel oder auch anderen Tier- und Naturschutzorganisationen vor Ort. Dank eines eigenen Büros, das 2022 in Brüssel eröffnet wurde, ist der Verband auch auf EU-Ebene noch näher am Puls der Politik. „Die EU-Wahl ist die große Chance, den Tierschutz EU-weit deutlich voranzubringen und all dem Leid endlich ein Ende zu bereiten. Außerdem geht es darum, einen Rechtsruck zu verhindern“, sagt Jochheim. „Es ist zu hoffen, dass möglichst viele Europäer*innen dieses wichtige demokratische Recht wahrnehmen.“

Weiterführende Infos

  • Online finden Sie weitere Infos zur Kampagne „Vote for Animals 2024“ sowie zu den konkreten Forderungen der Eurogroup for Animals und des Deutschen Tierschutzbundes
    eurogroupforanimals.org/de/forderungen