Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Die Zornesfalte zwischen den Augenbrauen misst nur wenige Millimeter. Deutlich tiefer sind die schrecklichen Abgründe, die sich auftun, wenn Menschen das Fältchen mit Botox entfernen lassen. Denn nur die wenigsten Patienten der Beauty-Kliniken bedenken, dass ihr Wunsch nach jugendlicherem Aussehen jedes Jahr Hunderttausenden Mäusen qualvoll das Leben kostet. Schließlich sind Tierversuche bei der Produktion des Mittels noch immer an der Tagesordnung.
Botox ist ein von Bakterien produziertes Nervengift. Es hemmt die Signale zwischen Nerv und Muskel. Als Medikament hilft Botox unter anderem gegen Spasmen und Augenkrankheiten. Es kann aber auch für Monate die Muskeln im Gesicht lähmen, das dadurch glatter erscheint. „Botox wird nicht aufgetragen, sondern unter die Haut gespritzt. Daher zählt es auch bei der kosmetischen Anwendung als Medikament. Darum greift das Tierversuchsverbot nicht, das in der EU für Kosmetika gilt“, erläutert Kristina Wagner, Leiterin der Abteilung Alternativmethoden zu Tierversuchen beim Deutschen Tierschutzbund. Dabei steht das im Widerspruch zum Tierschutzgesetz, laut dem Tiere nicht ohne vernünftigen Grund leiden dürfen. Menschliche Eitelkeit kann kaum als solcher gelten.
Pharmaunternehmen müssen belegen, dass jede Produktionseinheit ihres Medikaments wirkt. Die Tests dafür basieren auf Tierversuchen mit Mäusen, die Botoxspritzen in den Bauch erhalten. Mit der Nachfrage steigen die Produktionszahlen, und trotz verwendeter Alternativmethoden bezahlen weiter bis zu 600.000 Mäuse pro Jahr den Schönheitswahn auf grausame Art und Weise. „Mit den Tests ermitteln die Labore die Dosis, bei der genau die Hälfte der Versuchstiere stirbt. Die Mäuse leiden unter Lähmungen und Sehstörungen. Sie kämpfen teilweise tagelang mit dem Tod und ersticken bei vollem Bewusstsein“, führt Wagner aus.
Botox-Hersteller wie Allergan und Merz haben auf den Druck der Tierschützer reagiert. Nach eigener Aussage testen sie nun größtenteils mit Zellkulturen und können Tierversuche so um 70 bis 85 Prozent reduzieren. Auch die Firma Ipsen, die für Nestlé produziert, hat endlich – auch auf Druck des Deutschen Tierschutzbundes – eine Alternativmethode entwickelt, die seit August in der EU und der Schweiz zugelassen ist. Doch nicht für alle Tests, die zur Freigabe der Produktionseinheiten nötig sind, gibt es bislang Alternativmethoden. Firmen wie Eisai setzen für Botox noch komplett auf Tierversuche. „Wir fordern daher ein Verbot von Botox für kosmetische Zwecke, solange der Tierversuch nicht komplett durch tierversuchsfreie Methoden ersetzt werden kann“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Solange Politik und Produzenten dies schuldig bleiben, appelliert er an alle Verbraucher, auf kosmetische Botox-Behandlungen zu verzichten.