Über die Verhältnisse im Zirkus Alberti

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Über die Verhältnisse im Zirkus Alberti

Zirkus Alberti wirbt unter anderem mit Affen, Kamelen, Pferden sowie „Big Grizzly“, dem größten Braunbären der Welt. Beim Besuch vor Ort zeigt sich, dass Ben, so sein Rufname, zwar ein durchaus stattliches Tier ist, aber ein eher trauriges Dasein im Käfigwagen fristet.

  • Autor: James Brückner, Experte für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund

Ein alter Autoreifen und zwei Holzstücke sind alles, was ihm dort zum Spielen bleibt. Im knapp 75 Quadratmeter großen Außengehege liegen zudem noch einige Äste und ein Müllcontainer, der wohl als Badebecken dient. Unweigerlich denke ich an Bens Artgenossen im Anholter Bärenwald, die auf mehreren Tausend Quadratmetern klettern, nach Wurzeln graben oder in Teichen schwimmen können. Im Winter dürfen sie dann den weichen Wald- und Wiesenboden unter den Tatzen gegen eine Höhle für die Winterruhe eintauschen.

Ben verbringt die meiste Zeit seines Lebens im kargen Käfigwagen, einen Winterschlaf hat er noch nie halten können. Später, in der Manege, muss Ben Roller fahren, Männchen machen, balancieren oder Purzelbäume schlagen. Schwer zu verstehen, dass manche Zuschauer hier applaudieren. Doch vermutlich wissen sie es einfach nicht besser. Einen Bären haben sie hier jedenfalls nicht gesehen, eher ein Abziehbild oder eine Karikatur dieser eigentlich beeindruckenden Tierart.

Dressur ist nicht tiergerecht

Die Dressur von Wildtieren im Zirkus beruht überwiegend auf Zwang und Gewalt. Neben dem Dauerstress durch das Training sind die Tiere aber noch anderen Widrigkeiten ausgesetzt – und diese sind grundlegend: ihre Unterbringung.

So leben die Showtiere nahezu ihr ganzes Leben unter Transportbedingungen, da jeder Zirkus jährlich 40 bis 50 Mal den Gastspielort wechselt. Das bedeutet, dass die Tiere grundsätzlich in viel zu kleinen Käfigen oder Gehegen hausen müssen und sie in diesen kaum Material zum Beschäftigen haben. An einen Naturboden ist hier ohnehin nicht zu denken, meist stehen die Tiere auf nacktem Beton. Zudem fristen sozial lebende Tiere wie Elefanten in manchen Zirkussen immer noch ein Leben in Einzelhaft, da es dort manchmal keine weiteren Elefanten gibt.

Aus Tierschutzsicht sollte ein Zirkus nur dann Tiere mit sich führen, wenn deren Haltung auch unter Transportbedingungen noch tiergerecht sein kann. Bei Wildtieren ist dies ausnahmslos nicht möglich, lediglich bei Haustieren oder domestizierten Arten wie beispielsweise Pferden oder Hunden kann dies unter Umständen möglich sein. Diese Tiere brauchen aber geräumige und strukturierte Gehege oder Boxen, in denen sie ausreichend Platz haben und sich zurückziehen können. Es gibt neben den allgemeinen Regelungen des Tierschutzgesetzes jedoch keine konkreten rechtlichen Vorgaben, an die sich Zirkusunternehmen halten müssen, sondern lediglich Leitlinien und Gutachten. Diese werden im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erstellt. Inwieweit die Zirkusbetriebe die Regelungen einhalten, hängt jedoch wesentlich vom zuständigen Amtstierarzt ab.