Autor: Joscha Duhme, Redakteur DU UND DAS TIER
Als David Bowie 1977 seinen Welthit „Heroes“ in Berlin eingesungen hat, inspirierte ihn die damals geteilte Metropole zu dem heute so legendären Stück: „Und wir sind dann Helden, für einen Tag“. Die Aufnahmen fanden im Meistersaal statt. Und auch noch 45 Jahre später treten an genau diesem Ort einige Helden zum allerersten Mal ins Rampenlicht – hochverdient. Die Preisträger des Deutschen Tierschutzpreises 2022 wirken mit ihren Initiativen, Vereinen und Projekten meist im Stillen, aber umso heldenhafter für den Tierschutz. Sie opfern viel Zeit und Geld für Tiere in Not. Sie legen ihre ganze Kraft in die Aufgabe, das Leben von Tieren besser zu machen. Und im extremsten Fall riskieren sie sogar ihr eigenes, um ihnen in Kriegsgebieten zu helfen. Mit dem Preis und der festlichen Verleihung würdigte der Deutsche Tierschutzbund nun gemeinsam mit den Programmzeitschriften FUNK UHR und Super TV und unterstützt von den Marken Whiskas und Pedigree zum 18. Mal den Einsatz von Menschen, die sich in herausragender Weise für das Wohl von Tieren einsetzen. Echte Helden eben.
Über 220 Gäste waren der Einladung zu der Festveranstaltung gefolgt, darunter auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, Amira Mohamed Ali, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, die Botschaftsrätin der Ukrainischen Botschaft Alisa Podolyak und viele weitere aus Politik, Verbänden und Medien. „Ich bin beeindruckt vom Engagement der Preisträgerinnen und Preisträger. Sie setzen sich für diejenigen ein, die keine eigene Stimme haben. Und das oft seit vielen Jahren und bei akuten Krisen wie aktuell mit der Hilfe für Tiere aus der Ukraine“, sagte Özdemir. Den musikalischen Rahmen für die Gala setzten die Tierschutzbotschafterin des Deutschen Tierschutzbundes und Jurorin Stefanie Hertel mit ihrer Tochter Johanna Mross und Lanny Lanner in der gemeinsamen Band „More Than Words“ sowie die Formation Jonah. Sängerin und Moderatorin Uta Bresan und Tim Wilhelm, Frontmann der „Münchener Freiheit“, die gemeinsam moderierten, versprachen schon zu Beginn einen „bunten, bewegenden, fantastischen Abend“ mit einer „emotionalen Achterbahnfahrt“. Und das Moderations-Duo behielt Recht. Denn dem begeisternden Einsatz der Preisträger, denen das Publikum mit Applaus und Ovationen Respekt zollte, steht stets auch eine Notlage gegenüber, die diesen überhaupt erst nötig macht. „Alle Tierschutzengagierten leisten einen wertvollen Beitrag. Ihnen allen ist der heutige Abend gewidmet“, sagte Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Er verwies angesichts von hunderten eingegangenen Bewerbungen und Vorschlägen auch auf diejenigen, die er mit den anderen Juroren nicht ausgewählt hatte. „Dabei bleibt immer das Gefühl, dass viele, die heute nicht auf diese Bühne kommen, es ebenso verdient hätten.“
13,8 Millionen Menschen in Deutschland sind von Armut betroffen. Die meisten von ihnen haben niemanden, dem sie ihre Sorgen anvertrauen können. Und nicht selten ist das geliebte Haustier für verarmte Menschen der einzige Halt. „Mit dem ersten Platz des Deutschen Tierschutzpreises zeichnen wir heute einen Verein aus, der dieses besondere Band zwischen Mensch und Tier mit vollem Einsatz schützt und aufrechterhält. Einen Verein, der bereits im Namen trägt, warum es ihn gibt“, sagte Schröder in seiner Laudatio für „Herzensangelegenheit – Menschen für Tiere und Tiere für Menschen in Not“. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert. Das Team um den Gründer Lutz Wingerath hat im nordrhein-westfälischen Grevenbroich einen alten Paketwagen zu einer mobilen Tierarztpraxis umgebaut. Mit dem Tiermobil TIEMO sind Tierärzte und Helfer seitdem regelmäßig ehrenamtlich neben ihrer Arbeit unterwegs. Sie untersuchen die Tiere von Hartz IV-Empfängern, Obdachlosen, Rentnern, Arbeitslosen und Menschen in Privatinsolvenz, versorgen sie medizinisch und statten die Besitzer mit Futterspenden aus. Das Team kürzt Krallen, gibt Medikamente aus und führt Wurmkuren sowie Impfungen durch. Zudem übernimmt der Verein auch die Kosten für notwendige Folgeuntersuchungen in stationären Praxen. „Es ist ganz besonders, wie viel Dankbarkeit die Menschen uns entgegenbringen dafür, dass sie bei uns mit Respekt behandelt werden, willkommen geheißen und freundlich behandelt werden. Das ist anscheinend leider nicht immer so der Fall“, erklärte Wingerath.
Etwa 70 Esel umsorgt „Esel in Not“, Mitgliedsverein des Deutschen Tierschutzbundes, in Zusammenarbeit mit den Schweizer Stiftungen „Humanatura“ und „Esel in Not“ derzeit im badenwürttembergischen Engen-Welschingen. Die Pflege, Fütterung und artgerechte Haltung im Eselsheim Merlin bedeutet bereits einen immensen Aufwand. Zudem haben es die dortige Leiterin Tina Zielinski und ihre Kollegen, die die Jury mit dem mit 2.000 Euro dotierten zweiten Platz würdigte, mit kranken, misshandelten, schlecht gehaltenen und alten Eseln zu tun. Viele von ihnen bleiben lebenslang auf dem Hof, da sie aufgrund von Krankheiten oder psychischer Traumata nicht mehr zu vermitteln sind. Umso enger ist für Zielinksi die Beziehung zu den Dauergästen, wie sie Uta Bresan und Laudatorin Johanna Mross auf der Bühne berichtete: „Wenn Esel um ihr Leben kämpfen und dann wieder auf die Beine kommen, dann verbindet das sehr und schafft großes Vertrauen.“
Der Verein „Achtung für Tiere“ aus Rietberg in Nordrhein-Westfalen, der den mit 1.000 Euro dotierten dritten Platz belegte, zeichnet sich durch seine Vielseitigkeit aus. Das Team um die 1. Vorsitzende Astrid Reinke leistet auf dem Varenseller Lebenshof aufopferungsvoll karitativen Tierschutz für Hunde, Pferde, Katzen, Hühner und Schweine. Gleichzeitig steht die Jugendarbeit im Fokus. Ein Tierschutzbildungsangebot speziell für Jugendliche und Kinder, Ferienangebote, aber auch mehrere wöchentlich stattfindende Tierschutz-AGs in Schulen vermitteln jungen Menschen Wissen über den Tierschutz. „Tierschutz gehört eigentlich in den regulären Lehrplan und darf nicht abhängig von unseren Besuchen sein“, findet Reinke. Jurorin und Laudatorin Stefanie Hertel lobte: „Gleichzeitig schreiten Sie dort ein, wo Kinder in Tierquälerei verwickelt werden.“ Denn der Verein ist auch politisch aktiv und demonstriert und informiert etwa seit Jahren auf Jahrmärkten gegen und über Ponykarussells, damit Kinder nicht lernen, Tiere wie Automaten zu benutzen.
An jedem einzelnen Tag und bei jedem Wetter: Marlene Steltner-Lange, Vorsitzende des Vereins Aktiver Tierschutz, einem Mitgliedsverein des Deutschen Tierschutzbundes, ist immer unterwegs. Die 69-Jährige fängt in und um die Städte Recklinghausen und Herten in Nordrhein-Westfalen frei lebende Katzen ein. Sie lässt sie vom Tierarzt kastrieren und behandeln. Steltner-Lange organisiert private Pflegestellen, um zahme Tiere nach der Genesung in ein neues Zuhause zu vermitteln, und richtet Futterstellen für Straßenkatzen ein, die sie nach der Kastration wieder freilässt. Selbst versorgt sie jeden Tag etwa 60 Katzen. „Die verlassen sich auf mich, denn sie haben im Grunde ja nichts anderes“, sagt sie. Diesen unerschöpflichen Eifer belohnt die Jury des Deutschen Tierschutzpreises mit der Auszeichnung für das Lebenswerk. Sie ist mit 1.000 Euro dotiert.
„So entsetzlich das Ausmaß der Zerstörung ist, so berührend ist zugleich die Hilfsbereitschaft“, sagte TV-Moderator Christian Ehrlich in seiner Laudatio zum Sonderpreis „Ukraine-Hilfe“. Die Jury zeichnete beispielhaft Vereine und Tierretter aus, die vom Krieg betroffenen Tieren helfen. „Sie setzen ein Zeichen, dass in Zeiten von Dunkelheit die Zivilisation gewinnt“, dankte Alisa Podolyak, Botschaftsrätin der Ukrainischen Botschaft. Frank Lauer aus Untermain in Bayern hat in mehreren Einsätzen, teils bis nach Charkiw, Tierheime, Pflegestellen und Straßentiere mit Futter und tiermedizinischem Bedarf versorgt. Die Tierrettungen Chemnitz, Südbaden, Unterland und die Berufstierrettung Rhein-Neckar unter Federführung des Bundesverbands Gemeinschaft Deutscher Tierrettungsdienste halfen in dem mit dem Deutschen Tierschutzbund errichteten Tierhilfe-Camp am polnischukrainischen Grenzübergang Medyka ankommenden Geflüchteten und ihren Tieren. Als die ersten Menschen samt Tieren in Deutschland ankamen, versorgten sie zweiMitgliedsvereine des Deutschen Tierschutzbundes, der Tierschutzverein für Berlin und Umgebung und Tierschutz Henstedt-Ulzburg, mit Futter und Sachspenden. Sie berieten sie und übernahmen medizinische Kosten für Tiere.
Mit über der Hälfte aller abgegebenen Stimmen wurde Sabine Eck mit ihrem Verein „Die Seelentröster – Tiere helfen Menschen“ von den Lesern der FUNK UHR und Super TV aus fünf Nominierten für den mit 1.000 Euro dotierten Leserpreis gewählt. Eck leitet seit zehn Jahren ehrenamtlich einen Begegnungshof in Altenberga in Thüringen. Dort finden Tiere mit schlimmer Vergangenheit nach und nach ihre Lebensfreude zurück. Einige von ihnen kommen dann sogar als Begleittiere für tiergestützte Interventionen bei der Therapie von teils schwersttraumatisierten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum Einsatz. Menschen und Tiere geben sich gegenseitig Halt, kuscheln, spielen und gewinnen neues Vertrauen.
Bildrechte: Artikelheader: Uwe Tölle für FUNK UHR/Super TV (Gruppenbild); Fotos: Uwe Tölle für FUNK UHR/Super TV (alle Bilder der Preisverleihung); Andreas Fotografie (Platz 1); Achtung für Tiere e.V. (Platz 3); Esel in Not e.V. (Platz 2); Tierschutzverein Die Seelentröster - Tiere helfen Menschen e.V. (Leserpreis); Marlene Steltner-Lange (Lebenswerk)