Zu Besuch in Rumänien

Positive Signale geben Hoffnung

Aus dem Print-Magazin
Zu Besuch in Rumänien

Positive Signale geben Hoffnung

Regelmäßig reist eine Delegation des Deutschen Tierschutzbundes mit zwei Politikerinnen nach Rumänien, um sich für Straßentiere zu engagieren. Auch 2023 traf sie sich mit Vertreter*innen aus Politik, Tierschutz sowie Verwaltung und warb für einen tierschutzgerechten Umgang mit Hunden und Katzen.

  • Autor: Nadine Carstens, Redakteurin DU UND DAS TIER

Auf dem Programm standen auch Termine mit Vertreter*innen der lokalen und nationalen Politik sowie der Veterinärbehörden.

Ein langer Atem und viel Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit. Menschen, die sich im Tierschutz engagieren, wissen nur zu gut, dass beides nötig ist. Doch es lohnt sich, auch für vermeintlich kleine Fortschritte zu kämpfen. Das gilt auch für Rumänien, wo hunderttausende Straßentiere leben, und Tierschutz angesichts zahlreicher anderer politischer und sozialer Probleme oftmals eine eher untergeordnete Rolle spielt. Bereits seit 2015 reist eine Delegation um Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Anette Kramme, Parlamentarische Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit und Soziales, und Ute Vogt, ehemalige Bundestagsabgeordnete und Präsidentin der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft, regelmäßig in das Land am Balkan, um sich mit Verantwortlichen aus Politik, Tierschutz und Verwaltung über das Schicksal und den Schutz dieser Tiere auszutauschen. Aus Sicht des Deutschen Tierschutzbundes ist das Prinzip „Fangen, Kastrieren, Freilassen“ essenziell, um die hohe Zahl der Straßenhunde tierschutzgerecht und nachhaltig zu reduzieren und ihr Leid zu mindern. In Rumänien wird dies jedoch nicht praktiziert: Seit 2013 verbietet ein Gesetz, Straßenhunde nach einer Kastration wieder freizulassen. Stattdessen können die Tiere nach Ablauf einer 14-tägigen Frist getötet werden.

Außerdem richtete die Delegation eine Konferenz mit Bürgermeister*innen aus dem Landkreis Argeș aus.

Tötungsaktionen sind tierschutzwidrig und zwecklos

„Nach zehn Jahren erkennen die Menschen jedoch, dass das Töten tausender Straßenhunde landesweit nicht die versprochenen Verbesserungen gebracht hat, da sich unkastrierte Tiere weiterhin unkontrolliert und exponentiell vermehren“, berichtet Luca Secker, Referentin für Auslandstierschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Dass sowohl die Bevölkerung als auch Politik und Verwaltung zunehmend offener für andere Lösungen sind, war ein positives Fazit der diesjährigen Rumänienreise. Die Delegation traf sich vor Ort mit Vertreter*innen der lokalen und nationalen Politik, der Veterinärbehörden sowie mit dem stellvertretenden deutschen Botschafter Christian Plate und Tierschützer*innen. Dabei stellten sie ein entsprechendes Modellprojekt für den Landkreis Argeș vor, das in Zusammenarbeit mit der Tierhilfe Hoffnung, Mitgliedsverein des Deutschen Tierschutzbundes, unter ihrem Vorsitzenden Matthias Schmidt und den lokalen Behörden entstanden ist. Neben breit angelegten Kastrationsaktionen soll es unter anderem die Aufklärung der Bevölkerung umfassen – etwa durch Bildungsarbeit an Schulen. „Während unsere Gesprächspartner*innen früher öfters ausweichend reagierten, freuen wir uns diesmal über mehr Unterstützung, beispielsweise vonseiten der Deutschen Botschaft“, resümiert Schröder. „Wir hoffen nun auch aufgrund des Interesses der nationalen und lokalen Veterinärbehörden auf eine bessere Zusammenarbeit auf allen Ebenen, damit wir und unser Mitgliedsverein Tierhilfe Hoffnung unser Gesamtkonzept anhand des Modellprojekts im Landkreis Argeș umsetzen können.“ Auf dem Programm stand zudem eine Konferenz, an der Bürgermeister*innen aus ganz Argeș sowie Vertreter*innen der örtlichen Tierärztekammer und der Tierpolizei – einer Art Ordnungsamt für Tiere – teilnahmen. „Dort betonten wir, dass es in Rumänien, anders als in Deutschland, eine Kastrations-, Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für alle Hunde mit Besitzer*innen gibt. Die Gesetzeslage ist also vorhanden, es scheitert aber an der Umsetzung. Gemeinsam mit den Gemeinden möchten wir uns daher dafür einsetzen, Hürden abzubauen“, sagt Melanie Thill, Referentin für EU-Koordination beim Deutschen Tierschutzbund. Dass dies bislang nicht geschehen ist, mag daran liegen, dass manche an den Tötungen verdienen. Sinnvoller und natürlich tiergerechter wäre es jedoch, in die Umwandlung von Tötungsstationen in Kastrationszentren zu investieren, die Straßentiere nach dem Eingriff wieder freizulassen und dies auch im Gesetz zu bewilligen.

Die Gruppe traf sich auch mit dem stellvertretenden deutschen Botschafter Christian Plate.

Auch die Bevölkerung überzeugen

Dass sich die Bevölkerung allmählich ebenfalls überzeugen lässt, zeigte eine weitere Begegnung. Als Schmidt, weitere Mitstreiter*innen der Tierhilfe Hoffnung und der Deutsche Tierschutzbund in Argeș unterwegs waren, entdeckten sie in einem Garten eine Hündin in schlechtem Zustand. Sie litt nicht nur an einer Augenerkrankung, sondern hatte auch einen Tumor im Bereich ihrer Zitzen. Das Tier benötigte also dringend medizinische Hilfe, doch seine Halter*innen waren zunächst dagegen. „Es ist oft viel Aufklärungsarbeit nötig, um Vertrauen aufzubauen“, so Secker. Die Tierschützer*innen erklärten, dass der Tumor tödlich sein könne, und boten an, das Tier kostenlos operieren und in diesem Zuge auch kastrieren zu lassen. Doch das Paar hatte Angst, dass die Tierschützer*innen die Hündin nicht mehr zurückbringen würden. Nach längerem Zögern ließen der Mann und die Frau sie doch behandeln und waren schließlich so dankbar, dass sie nun auch ihre Mitmenschen davon überzeugen möchten, ihre Tiere kastrieren zu lassen.

Die Tiere brauchen Sie

Bildrechte: Artikelheader: Deutscher Tierschutzbund e.V. – Münch; Fotos: Deutscher Tierschutzbund e.V. – Münch (alle)