Kastrieren ohne Betäubung?

Hinter den Kulissen

Kastrieren ohne Betäubung?

In den meisten Betrieben, die Schweine halten, ist es Usus, neugeborene männliche Ferkel ohne Betäubung zu kastrieren. Das Tierschutzgesetz lässt diese Ausnahme bis zum siebten Lebenstag zu. Obwohl es Alternativen gibt, müssen die Ferkel immer noch unter dieser schmerzhaften Prozedur leiden.

  • Autor: Nadia Wattad, Redaktion DU UND DAS TIER

Das Tierschutzgesetz sollte Tiere schützen. So heißt es im Paragraf 5 unter anderem: „An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden.“ Wie auch bei vielen anderen Paragrafen lässt das Gesetz aber Ausnahmen zu. Bis zu ihrem siebten Lebenstag dürfen demnach männliche Ferkel noch bis zum 31. Dezember 2018 ohne Betäubung kastriert werden. Die Tatsache, dass einem Tier bei vollem Bewusstsein die Hoden amputiert werden, ist grausam, aber rechtlich tatsächlich völlig unproblematisch.

Wissenschaftler waren lange der Auffassung, dass neugeborene Säugetiere noch nicht über ein voll entwickeltes Schmerzempfinden verfügen – dies steht heute nicht mehr zur Diskussion. Die chirurgische Kastration stellt einen sehr schmerzhaften Eingriff dar – der Deutsche Tierschutzbund kann die Ausnahmeregelung in keiner Weise nachvollziehen. Warum die Ferkel überhaupt kastriert werden, weiß Dr. Stefanie Zimmermann, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft vom Deutschen Tierschutzbund: „Manche Menschen sind empfindlich für Geruchs- und Geschmacksabweichungen im Fleisch unkastrierter Eber. Dieser ‚Ebergeruch‘ tritt jedoch nur bei einem geringen Prozentsatz der geschlachteten Eber auf. Dennoch werden die Tiere vorbeugend kastriert, damit die Hoden keine geschlechtsspezifischen Hormone mehr bilden können, die den Ebergeruch hervorrufen könnten.“

Dabei gibt es längst Alternativen wie eine Kastration mit Betäubung, die Mast unkastrierter Eber und die Impfung gegen den Ebergeruch. Diese Alternativen funktionieren bereits erfolgreich in der Praxis und werden von den Landwirten geschätzt. Das zeigen auch die Erfahrungen mit dem Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes.

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