Was sind die Herausforderungen für die Pferde?

Hinter den Kulissen

Was sind die Herausforderungen für die Pferde?

Claudia Pauel, Leiterin des Zentrums für Therapeutisches Reiten Köln, erzählt in einem Interview von ihrer Arbeit. Was sind die besonderen Herausforderungen für die Pferde im Therapeutischen Reiten? Wie kommen die Pferde mit der Belastung zurecht?

  • Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER

Was sind die Herausforderungen für die Pferde im Therapeutischen Reiten?

Die Besonderheit für die Pferde liegt darin, dass die Reiter ihnen nicht immer die Rückkopplung geben, die sie brauchen. Das Pferd braucht eine Idee, was der Reiter von ihm möchte. Und das bringen die Jugendlichen zum Teil nicht mehr mit. Das ist ein großes Manko in der Kommunikation. Das, was die Pferde am meisten belastet, sind zu viele und gegensätzliche Botschaften, die die Pferde verwirren.

Unsere Pferde haben gelernt eher nicht zu reagieren, als zu überreagieren. Das gewährleisten wir weitestgehend mit der charakterlichen Auswahl und der Ausbildung der Pferde. Das hintereinanderher Reiten löst die Problematik in der Kommunikation gut auf. Das Pferd ist im Herdenverband, läuft mit und folgt dem Vorderpferd. Wir achten darauf, dass wir den Einsatz der Pferde, gerade im Reiten, so gering halten, dass die Pferde nicht verwirrt werden. Zusätzlich sorgen wir für einen entsprechenden Ausgleich. So bleiben die Pferde wach und haben Spaß an der Sache.

Claudia Pauel, Leiterin des Zentrums für Therapeutisches Reiten Köln, putzt gemeinsam mit Kindern ein Pferd.

Claudia Pauel, Leiterin des Zentrums für Therapeutisches Reiten Köln, putzt gemeinsam mit Kindern ein Pferd.

Wie kontrollieren Sie, wie und ob die Pferde mit der Belastung zurechtkommen?

Die Pferde reiten wir jeden Montag. Wir haben die Pferde so aufgeteilt, dass jeder seine Bezugspferde hat. Das heißt, wir reiten die Pferde und setzen sie auch nur selbst in den Therapiestunden ein. So weiß ich zum Beispiel, Freitag hat der Anfänger auf dem Pferd gesessen, das war nicht so komfortabel. Dann fange ich Montag selbst mit lösenden Aufgaben an. Da geht es dann um Takt, Losgelassenheit und Anlehnung. Wenn das ein Problem ist, dann reite ich auch die nächsten Tage noch selbst.

Zusätzlich wähle ich dann ganz genau aus, wen ich in den Therapiestunden auf das Pferd setze. Das Pferd bekommt dann erst einmal nicht so schwierige Reiter. Wenn wir merken, dass ein Pferd Ruhe braucht, bekommt dieses auch in der Woche, zusätzlich zum Wochenende, noch einen zusätzlichen Ruhetag.

Haben Sie auch schon einmal ein Pferd wieder ganz aus dem Therapeutischen Reiten herausgenommen?

Ja, in drei Fällen. Insgesamt waren das aber nur diese drei Pferde in 25 Jahren.

Wie viele Kinder und Erwachsene kommen zu Ihnen?

Rund 200 Kinder, Jugendliche und Erwachsene kommen wöchentlich zu uns. Es gibt eine große Warteliste, vor allem im Kinderbereich. Wir haben viele Anfragen und müssen leider vielen Eltern absagen. Jegliche Werbung ist für uns eigentlich nicht gut, weil wir den Ansturm dann nicht mehr bewältigen können.

Eine Vergrößerung unseres Therapiezentrums steht allerdings nicht im Raum. Jetzt ist das Schöne, dass wir Hand in Hand arbeiten können. Ich kenne alle Kinder, die hierher kommen mit Namen. Das ist das Persönliche, was uns hier ausmacht.

Wird die Therapie von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen?

Nein, die Krankenkasse zahlt nichts. Unsere Arbeit wird zwar gesehen, aber das Problem ist, dass das Therapeutische Reiten nicht im Heil- und Hilfsmittelkatalog zu finden ist. Um dort aufgenommen zu werden, muss eine Therapiemaßnahme in ganz Deutschland überall flächendeckend möglich sein. Das Angebot für das Therapeutische Reiten ist aber ungleichmäßig verteilt. Da man nicht so viele Therapieeinheiten macht und es nicht so viele Zentren gibt, weil diese sich finanziell nicht tragen, wird das Angebot auch nie flächendeckend werden.

Buchtipp

Buch: Das Pferd im Therapeutischen Reiten von Claudia Pauel und Imke Urmoneit, FN Verlag.

Umfangreiche Informationen zum Thema therapeutisches Reiten finden Sie in dem Buch „Das Pferd im Therapeutischen Reiten“ von Claudia Pauel und Imke Urmoneit. Die Autoren beschreiben nicht nur die Anforderungen an die Pferde und die Therapeuten, sondern beleuchten zudem viele Aspekte rund um die richtige Auswahl der Tiere und deren korrekte Ausbildung. Darüber hinaus informiert das Buch über die artgerechte Haltung von Pferden und diskutiert ethische Aspekte des Einsatzes der Pferde im therapeutischen Reiten.

Claudia Pauel,
Imke Urmoneit,
Das Pferd im Therapeutischen Reiten
Anforderungen – Auswahl – Ausbildung,
ISBN 978-3-88542-881-7, 2015,
FNverlag, 24,90 Euro