Aktuell

Fleischhunger

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Fleischhunger

Klimawandel und Ernährung der Weltbevölkerung – die Menschheit steht vor großen Herausforderungen. Wer sich vegan ernährt, trägt nicht nur zum Tierschutz bei, sondern auch zum Erhalt der Regenwälder und leistet einen großen Beitrag zum Klimaschutz.

  • Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER

308 Millionen Tonnen Fleisch – so viel produziert die globale Industrie jährlich. Das ist nicht nur die vierfache Menge als noch vor 50 Jahren, die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) erwartet mit der wachsenden Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 einen weiteren Anstieg auf 455 Millionen Tonnen. Alleine in Deutschland sterben schon heute jährlich etwa 700 Millionen Tiere, weltweit sind es 56 Milliarden – Meeresbewohner nicht eingerechnet. Auch wenn die Werbung nach wie vor den Eindruck von Idylle und Bauernhofromantik vermittelt, ist eigentlich jedem klar, dass diese Dimension der industriellen Fleischproduktion großes Tierleid verursachen muss. Auch auf den Rest der Welt hat der Fleischhunger der Menschheit besorgniserregende Auswirkungen.

Regenwälder verschwinden

Gigantische Weiden und mehr als 200 Millionen Rinder – Brasilien ist der weltweit größte Exporteur von Rindfleisch. Um immer neue Weideflächen zu erschließen, hat die Landwirtschaft bereits 80 Prozent des brasilianischen Regenwaldes vernichtet. Auch der Anbau von Getreide verschlingt unzählige Hektar Wald; Lateinamerika gehört zu den Hauptexporteuren. Dabei ist vor allem Soja aufgrund des hohen Eiweißgehaltes eines der Hauptfuttermittel für Tiere.

Verzehr von Tofu und Co. die Abholzung unterstützen, ist unbegründet. Tatsächlich werden nur etwa zwei Prozent der jährlichen Sojaproduktion direkt für die menschliche Ernährung verwendet. Und was hierzulande auf dem Teller landet, stammt in der Regel aus europäischem Anbau“, so Dr. Tanja Straka, Fachreferentin für Vegetarismus beim Deutschen Tierschutzbund. Obwohl die Regenwälder heute nur noch knapp vier Prozent der gesamten Erde bedecken, lebt in ihnen gut die Hälfte aller Tierarten.

Der ökologische Fußabdruck der Ernährung.

Mit dem Verschwinden der Wälder verlieren unzählige Tiere ihren Lebensraum. Schätzungen einiger Experten zufolge sterben täglich 70 Arten aus. In einer kürzlich erschienenen Studie haben österreichische Forscher untersucht, wie sich die unterschiedlichen Ernährungsformen auf die Regenwälder auswirken: Mit dem Ergebnis, dass am wenigsten Wälder sterben müssten, wenn sich die Weltbevölkerung vegan ernähren würde. „Auch wenn dieses Szenario eine hypothetische Welt beschreibt, wird zukünftig die Ernährung darüber entscheiden, wie viele der ursprünglichen Wälder erhalten bleiben“, so Dr. Straka weiter.

Zusätzlich beschleunigt das weltweite Abholzen den Klimawandel. Je mehr Bäume verschwinden, desto weniger Kohlenstoffdioxid (CO2) können sie binden. Eine höhere Konzentration von CO2 in der Atmosphäre trägt wiederum zur Erderwärmung bei. Methan-Emissionen aus der Tierhaltung, Dünger sowie Lachgas-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden – die Ernährungsgewohnheiten der Menschen haben einen wesentlich größeren Einfluss auf das globale Klima als bisher angenommen. Der Agrarsektor stößt mehr Treibhausgase aus als der gesamte Verkehrsbereich. Im Gegensatz zum Fleisch entstehen die meisten klimaschädlichen Gase bei pflanzlichen Produkten erst beim Transport – in ihrer Menge stehen sie in keinem Verhältnis zu dem, was die Tierhaltung produziert.

Hunger und Wassermangel

Die Massentierhaltung hat eine solche Dimension erreicht, dass die landwirtschaftlich genutzten Tiere mit den Menschen um die gleiche Nahrung „konkurrieren“. So bedarf es 13 Kilogramm Getreide und 30 Kilogramm Heu, um ein Kilogramm Rindfleisch zu produzieren. Von dem Getreide würden deutlich mehr Menschen satt werden. Aber: Die Fleischindustrie verlangt den Import riesiger Mengen Futter – auch aus Regionen, in denen Menschen hungern. Drei Viertel des globalen Ackerlandes dienen der Tierfütterung. Zusätzlich verbraucht die Landwirtschaft etwa 70 Prozent des weltweiten Trinkwassers. Experten schätzen, dass in den nächsten zehn Jahren rund 64 Prozent der Menschen von einem extremen Wassermangel betroffen sind. Um ein Kilogramm Fleisch zu produzieren, werden je nach Tierart bis zu 20.000 Liter Wasser benötigt. Für ein Kilogramm Weizen braucht ein Landwirt weniger als ein Zehntel davon. Laut einer Studie des Worldwatch Institute verbraucht eine Person mit einer Standardernährung in den USA pro Tag fast 14-mal mehr Wasser als jemand, der sich vegan ernährt.

Jeder Mensch hinterlässt auf dieser Erde einen ökologischen Fußabdruck. Dieser zeigt uns, wie groß die Fläche ist, die wir zum Leben brauchen, und er errechnet sich aus allen Ressourcen, die ein Mensch für den Alltag benötigt. Damit alle Menschen und Tiere auf dieser Welt genügend Platz haben und unser Planet eine Zukunft hat, sollte jeder nicht nur an sich selbst, sondern auch an den Rest der Welt denken. Wer Fleisch von seinem Speiseplan streicht, reduziert seinen ökologischen Fußabdruck der Nahrung schon um die Hälfte – das wäre doch schon ein kleiner Anfang.