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Es geht um die Wurst!

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Es geht um die Wurst!

Was Lebensmittelkennzeichnung angeht, setzt die CDU Niedersachsen auf den „mündigen Verbraucher“. Allerdings muss man der CDU bescheinigen, sich in der Vergangenheit nicht gerade durch verbraucherschutzfreundliches Verhalten hervorgetan zu haben.

  • Autor: Roman Kolar, stellvertretender Leiter der Akademie für Tierschutz

Was Lebensmittelkennzeichnung angeht, setzt die CDU Niedersachsen auf den „mündigen Verbraucher“. Dieser soll seine Kaufentscheidung auf der Grundlage transparenter Information eigenständig treffen. Ernährung wird als Privatsache deklariert.

Allerdings muss man der CDU bescheinigen, sich in der Vergangenheit hinsichtlich der Kennzeichnung tierischer Produkte nicht gerade verbraucherschutzfreundlich verhalten zu haben. Erst letztes Jahr hat sie einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt, mit dem irreführende Bilder von Bauernhofidylle und romantisierende Handelsmarken verboten werden sollten.

Vor diesem Hintergrund verwundert es, wenn die CDU Niedersachsen aktuell ein neues Betätigungsfeld entdeckt hat, um trügerische Verbraucherinformation zu verhindern. So zieht sie gegen vegane und vegetarische Produkte zu Felde, deren Bezeichnungen sich an konventionelle Fleischprodukte anlehnen. Mit Begriffen wie „Irreführung“ und „Täuschung“ unterstellt sie den Produzenten von Sojaschnitzel, Tofuwurst und Co., dass hier dem Verbraucher die – aus ihrer Sicht offenbar überlegene – Qualität „echter“  Fleischprodukte vorgegaukelt werden soll. Sie fordert in einem Antrag nicht nur Lebensmittelkontrollen und Marktüberwachung, sondern „aktiv und offensiv Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Gefahr einer Irreführung in diesem Bereich hinzuweisen“.

Sie folgt damit offenbar einer entsprechenden Initiative des Deutschen Fleischerverbandes, des Deutschen Bauernverbandes und des Internationalen Metzgermeister-Verbandes. Und diese bekanntermaßen heldenhaften Vorreiter für einen umfassenden Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher liefern auch einen Hinweis auf die Motivation der CDU Niedersachsen. Dies ist die Klientel, die sie in Wirklichkeit schützen will. Denn Niedersachsen ist das bedeutendste Bundesland für die Fleischproduktion. Allein im größten Geflügelschlachthof Europas in Wietze bei Celle werden Tag für Tag 400.000 Tiere für den menschlichen Verzehr getötet.

Offenbar machen der hiesigen CDU die aktuellen Zahlen Sorge. Schließlich belegen diese, dass auch in Deutschland immer mehr Menschen immer weniger Fleisch essen. Da will man zumindest bei den sogenannten Fleischersatzprodukten einen Vorstoß wagen, um den leidgeprüften Verbraucherinnen und Verbrauchern die maßlose Enttäuschung zu ersparen, dass sie blindlings einer Attrappe aufgesessen sind. Auf dass sie wieder auf den rechten Weg des vorbehaltlosen Fleischkonsums zurückfinden.