Autor: Verena Jungbluth, Chefredakteurin DU UND DAS TIER
Mit ihrer stattlichen Figur, ihrem beeindruckenden Geweih und dabei gleichzeitig sanftmütigen Gesichtsausdruck strahlen Elche eine Eleganz aus, die ihresgleichen sucht. Diese prachtvollen Wesen, die allein schon durch ihre Größe beeindrucken, dabei aber auch etwas Niedliches an sich haben, sind etwas ganz Besonderes. Mit ihren langen Beinen schreiten sie je nach Jahreszeit stolz durch grüne Wiesen, trockenes Unterholz, morastiges Gelände oder metertiefen Schnee. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts wandern die Tiere, die hierzulande lange als ausgestorben galten, auch immer wieder durch Deutschland. „Zuerst wurden sie auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und in den 90er-Jahren dann in Ostdeutschland und Bayern gesichtet. Seit etwa 15 Jahren kehren sie verstärkt zurück“, so Katrin Pichl, Referentin für Artenschutz beim Deutschen Tierschutzbund. Einer der bekanntesten Elche Deutschlands war vermutlich „Knutschi“, der in den Jahren 2008 und 2009 durch weite Teile von Sachsen, Thüringen, Hessen sowie Niedersachsen wanderte und zahlreiche Schlagzeilen in den Medien machte. Leider fanden Spaziergänger ihn im Herbst 2009 im Reinhardswald tot auf – woran er gestorben ist, bleibt unklar. 2014 hatte sich sogar ein Elch in eine Kantine in Dresden verirrt und ebenfalls bekannt aus den Medien ist „Bert“, der sich 2018 einer Kuhherde in Brandenburg angliederte. Seitdem lässt er sich, inzwischen mit einem Sender ausgestattet, immer wieder auf Weiden in einem Gebiet zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg blicken, und hielt sich Anfang des Jahres im Naturpark Nuthe-Nieplitz auf.
So werden seit Jahren immer wieder Elche in Deutschland gesichtet, zum Beispiel im März 2020 auch in der Lausitz oder im September 2020 bei Görlitz.
Dabei vermuten sie, dass es sich immer wieder um einzelne Tiere aus etablierten Elchpopulationen in Nord- und Osteuropa handelt, die über die Grenzen wandern. Die meisten von ihnen kommen wahrscheinlich aus Polen, wo derzeit rund 25.000 Elche leben. Aber auch in Tschechien gibt es Elche, von denen es immer wieder einzelne Individuen über die Grenze nach Bayern treibt, wo es jedes Jahr Sichtungen im Bereich des Nationalparks Bayerischer Wald gibt. „In der Regel sind es junge Männchen, die vermutlich auf der Suche nach einem neuen Revier oder Weibchen sind“, erklärt Pichl. Einen gesicherten Nachweis, dass sich die Tiere hier in Deutschland schon fortgepflanzt haben, gibt es bisher aber nicht. „Bislang haben sich die Elche somit noch nicht wieder dauerhaft bei uns angesiedelt, einige bleiben aber durchaus einige Jahre in einem Gebiet.“
Mit einer beachtlichen Schulterhöhe von bis zu 2,30 Metern und einem Gewicht von bis zu 550 Kilogramm sind die männlichen Elche – gemeinsam mit den etwas kleineren und leichteren Elchkühen – die größten Vertreter der Familie der Hirsche und können in der Natur bis zu 25 Jahre alt werden. Besonders gut zu erkennen sind die mit einem dunkelbräunlichen Fellkleid ausgestatteten Tiere an ihrer charakteristischen langen Oberlippe. Die männlichen Tiere tragen zudem einen Elchbart und fallen besonders durch ihr imposantes Geweih auf, was bei älteren Bullen meist als mächtiges Schaufelgeweih ausgeprägt ist. Dabei kann es eine Spannweite von bis zu zwei Metern aufweisen und jede Schaufel bis zu 40 Kilogramm wiegen. Mit diesem imposanten Kopfschmuck beeindrucken die männlichen Tiere, die den Rest des Jahres vorwiegend als Einzelgänger leben, in der Brunftzeit im Herbst die Weibchen. Die Elchkühe bringen dann im darauffolgenden Mai ein bis zwei Kälber auf die Welt, sehr selten auch Drillinge, die rund ein Jahr bei ihren Müttern bleiben und mit ihnen gemeinsam kleinere Familienverbände bilden. Ihre Geweihe stoßen die Elchbullen nach der Brunft im Spätherbst ab und sparen so vermutlich über den Winter Energie. Im Frühjahr wachsen sie dann wieder nach – und das in einer erstaunlichen Geschwindigkeit von bis zu drei Zentimetern am Tag –, sodass die Tiere im nächsten Herbst wieder in voller Pracht vor den Weibchen stehen.
Elche ernähren sich von Grünpflanzen, Baumfrüchten, Baumrinde, Knospen, Zweigen, Gräsern sowie Pilzen und Tannennadeln – also eigentlich von allem, was der Lebensraum Wald für sie bereithält. Hinzu kommen Wasserpflanzen. Denn Elche sind nicht nur hervorragende Schwimmer und können im Wasser locker mehrere Kilometer am Stück zurücklegen, sondern auch bis zu sechs Meter tief tauchen. Auch sumpfige Gelände stellen für sie dank ihrer dehnbaren und langen Schalen, also den zwei Hauptklauen, aus denen ihre Hufe bestehen, und den dazwischenliegenden Schwimmhäuten kein Hindernis dar. Der wichtigste Orientierungssinn auf ihrer Wanderschaft, bei der sie täglich zehn bis 15 Kilometer zurücklegen, ist ihr Gehör. Aber auch ihr Geruchssinn ist sehr gut entwickelt und ermöglicht es ihnen, ihre natürlichen Feinde wie Wölfe und Bären schon von der Ferne aus zu riechen und auch untereinander über Gerüche zu kommunizieren. Eine weitere Besonderheit: Im Winter können die Tiere ihren Nahrungsbedarf und ihre Stoffwechselaktivität reduzieren, sodass sie Temperaturen von bis zu minus 50 Grad aushalten.
Generell sind Elche sehr anpassungsfähig, wodurch auch eine dauerhafte Ansiedlung in Deutschland in Zukunft möglich ist. Grundsätzlich bieten die dünn besiedelten Landschaften von Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern den Tieren gute Lebensbedingungen. Gemäß der Berner Konvention gehören Elche, wie alle Hirscharten, hierzulande zu den geschützten Tierarten. „Zusätzlich sind sie im Bundesnaturschutzgesetz als heimische Art gelistet und die Wiederbesiedlung Deutschlands durch den Elch zählt zu den Zielen des Naturschutzes“, so Pichl. Wie viele andere Tiere unterliegen auch Elche dem Bundesjagdgesetz, wobei für sie keine Jagdzeit festgelegt ist und somit eine ganzjährige Schonzeit gilt. „Aktuell sind Elche bei uns insbesondere durch den Straßenverkehr gefährdet“, erklärt Pichl. Im Naturpark Nuthe-Nieplitz, in dem Bert sich in den letzten Monaten aufhielt, wurde inzwischen das erste offizielle Warnschild aufgestellt, um Autofahrer auf die Gefahr eines Zusammenstoßes aufmerksam zu machen. „Das fordern wir für alle Gebiete, in denen es wahrscheinlich ist, dass Elche dort leben.“ Spaziergänger sollten sich bei einer Begegnung mit Elchen ruhig verhalten und Abstand nehmen, insbesondere in der Brunftzeit im Herbst. „Elche sind sehr friedliche Tiere, aber allein durch ihre Körpergröße sind sie in der Lage, Menschen zu verletzen“, erklärt Pichl. Darüber hinaus ist es wichtig, Gebiete zu erhalten und zu schaffen, in denen die Tiere ungestört leben können. Dafür braucht es unter anderem unbedingt mehr Querungshilfen und Grünbrücken, etwa über Autobahnen, die auch vielen anderen Wildtieren zugutekommen würden. Nur so kann den Elchen eine sichere Wanderschaft und Ausbreitung ermöglicht werden. In Bayern wurde vor mehreren Jahren bereits ein Strategieplan erarbeitet, der vorsieht, Meldungen zentral zu sammeln, verschiedene Interessengruppen sowie die Bevölkerung aufzuklären und den Umgang mit den Tieren somit zu regeln. Auch in Brandenburg existiert ein Elch-Managementplan, der die Grundlagen für ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Mensch und Elch sowie Empfehlungen für den künftigen Umgang mit den Tieren enthält. In seiner derzeitigen Fassung hatte dieser jedoch nur eine Laufzeit bis 2018 und wurde seitdem nicht aktualisiert.
, fordert Pichl. Schließlich sollten wir uns alle glücklich schätzen, dass die Tiere nach so vielen Jahren wieder zu uns zurückkehren.