Aktuell

Osterglück?

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Osterglück?

Hoffnung, Auferstehung, Neuanfang – dafür steht Ostern. Doch weil Lämmer, Kaninchen und Hühner ein fester Bestandteil unserer Bräuche sind, bedeutet das Fest für sie das Gegenteil. Ein Wegweiser für tierfreundliche Feiertage.

  • Autor: Nina Himmer, freie Autorin

Checkliste Einkauf von Eiern.

Checkliste Einkauf von Eiern.

Fuchs, Kranich und Kuckuck hatten Glück: Bis zum 17. Jahrhundert brachten sie gemeinsam mit den Hasen die Ostereier. Danach aber tauchen sie in den Geschichtsbüchern kaum noch auf, im christlichen Glauben setzte sich der Hase gegen seine Konkurrenz durch. Bis heute ist er untrennbar mit dem wichtigsten Fest im Kirchenjahr verknüpft, steht er doch für Fruchtbarkeit und Auferstehung, gilt als Frühlingsbote und versteckt bunte Eier. Eigentlich eine schöne Karriere, wären da nicht die Auswirkungen der religiösen Kunstfigur auf das Leben echter Tiere.

„Vor allem Kaninchen leiden sehr unter unseren Ostertraditionen“, sagt Dr. Esther Müller, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund. Zum einen müssten sie an Ostern oft als lebende Dekoration für Schaufenster und Streichelzoos in Einkaufszentren herhalten, zum anderen seien sie als Geschenk beliebt. Baumärkte und Zoohandlungen preisen die Tiere für wenig Geld an und zu viele landen letztlich neben Kollegen aus Stoff und Schokolade im Osternest.

Das ist fatal, denn trotz Knopfaugen, Riesenohren und Flauschfell: „Kaninchen sind denkbar ungeeignet als Haustiere für Kinder, weil sie sich nur in Gruppen wohlfühlen, in der Natur viel Zeit unter der Erde leben und es sie ängstigt, dauernd gestreichelt und gekuschelt zu werden“, sagt Dr. Müller. Zudem unterschätzen viele, dass Kaninchen zehn Jahre und älter werden können und durchaus anspruchsvolle Pflege brauchen. Ist die erste Euphorie verflogen, landen deshalb viele Langohren im Tierheim. Noch schlechter ergeht es den Tieren, die erst in der industriellen Kaninchenmast und später als Osterbraten auf dem Tisch landen.

Kaninchen leiden in Mastbetrieben enorm

„Etwa 30 Millionen Kaninchen werden in Deutschland jedes Jahr geschlachtet – und bis 2014 war ihre Haltung überhaupt nicht reguliert“, sagt Dr. Müller. Mittlerweile gibt es für die rund 60 deutschen gewerblichen Zucht- und Mastbetriebe gesetzliche Mindestanforderungen. Doch die Regelungen genügen den Bedürfnissen der Tiere bei Weitem nicht: Es mangelt an Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, jedes Tier hat nur etwas mehr Platz als ein DIN-A4-Blatt. „Die Kaninchen werden in Gitterkäfigen auf engstem Raum in schlecht belüfteten Hallen zusammengepfercht und verletzen sich gegenseitig, weil sie sich nicht ausweichen können und dauernd unter Stress stehen“, sagt Dr. Müller. Wegen des Ammoniaks haben viele Augenentzündungen, wegen der Rangkämpfe angenagte und entzündete Ohren. Außerdem leiden sie durch die falsche Ernährung mit Kraftfutter unter starken Verdauungsproblemen. Drei bis vier Monate dauert die Tortur, dann haben die Tiere durch Bewegungsmangel und Kraftfutter ihr Schlachtgewicht erreicht. Doch viele halten diese wenigen Monate gar nicht durch: „Aufgrund der Haltungsbedingungen ist die Mortalitätsrate hoch, sodass viele Tiere verenden oder vorzeitig getötet werden müssen“, sagt die Expertin.

Die Verbraucher haben die Wahl

Was also können Verbraucher tun, wenn sie all das nicht mittragen wollen? „Am besten ist es, ganz auf den Kaninchenbraten zu verzichten“, rät Dr. Müller. Allzu schwer dürfte das nicht fallen, denn im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, Italien oder Spanien ist Kaninchenfleisch hierzulande keine Delikatesse. Die Nachfrage steigt zu Ostern an und verebbt dann wieder. Wer nicht auf den Osterbraten verzichten will, sollte auf die Herkunft des Fleisches achten. Rund 20 Prozent des in Deutschland verzehrten Kaninchenfleisches stammen aus Osteuropa und China, wo man sich noch weniger Gedanken um die Haltung macht als hier. Das Herkunftsland muss auf dem Etikett verzeichnet sein.

Allerdings darf ein „D“ auch für Tiere vergeben werden, die aus dem Ausland stammen, aber in Deutschland zerteilt wurden. Ohnehin ist nicht auf alle Informationen auf dem Etikett Verlass: Das Siegel der „Qualitätsgemeinschaft Kaninchen“ ist wenig aussagekräftig, weil es von den Mastbetrieben selbst kommt. Bessere Orientierung bieten die Kennzeichnungen der Bioverbände Naturland, Demeter oder Bioland. Hier sind die Haltungsanforderungen höher, Käfighaltung ist verboten. „Generell sollte man Kaninchenfleisch am besten im Biomarkt oder von privaten Erzeugern kaufen, die eine artgerechte Haltung und Fütterung sowie kurze Transportwege zum Schlachter vorweisen können“, rät Dr. Müller.

Diese drei Lämmer haben Glück, da sie im Herdenverband im Freien aufwachsen dürfen.

Diese drei Lämmer haben Glück, da sie im Herdenverband im Freien aufwachsen dürfen.

Doch nicht nur Hasen leiden unter unseren Osterbräuchen. Auch bei Lämmern klafft eine gewaltige Lücke zwischen Vorstellung und Realität. Rund eine Million Schafe werden jährlich in Deutschland geschlachtet – darunter viele Lämmer. Der Lammbraten ist für viele der Klassiker zum Osterfest und hat im christlichen Glauben Tradition. Lämmer gelten als Symbol für Unschuld und Sanftheit und sind in vielen Religionen ein beliebtes Opfertier. Christen übernahmen den Brauch und essen bis heute zu Ostern Lamm – auch als Erinnerung an Jesus, das Lamm Gottes. Für die Tiere ist es eine zweifelhafte Ehre: „Um pünktlich zu Ostern das Schlachtgewicht zu erreichen, werden Osterlämmer im Winter geboren. Da Weidehaltung in Deutschland während der Wintermonate meist nicht möglich ist, werden die Lämmer etwa bis zu einem Alter von vier bis sechs Monaten vorwiegend im Stall ohne Weidegang gemästet“, sagt Kathrin Zvonek, Referentin für Tiere in der Landwirtschaft beim Deutschen Tierschutzbund.

Statt für Wiederkäuer geeigneter Nahrung erhalten sie große Mengen Kraftfutter, um möglichst schnell Gewicht anzusetzen. Dies kann zu Erkrankungen des Verdauungstraktes und des Stoffwechsels führen. „Außerdem werden die Jungtiere oft sehr früh – teils schon nach wenigen Tagen – von den Muttertieren getrennt“, kritisiert Zvonek. Dieses Vorgehen verspricht am meisten Profit, weil das Lamm gemästet und die Milch der Mutter verkauft werden kann. Für die Tiere bedeutet es enormen Stress, schließlich trinkt in der Natur ein Lamm bis zu sechs Monate Muttermilch. In der Schafhaltung ist es zudem oft Standard, junge Böcke zu kastrieren und insbesondere den weiblichen Tieren die Schwänze zu kupieren – beides erfolgt oft ohne Betäubung. Wer sich trotzdem nicht mit einem Osterkuchen in Lammform begnügen will – das vegane Rezept dazu finden Sie auf Seite 22 – sollte Lammfleisch möglichst regional kaufen. „Wer vor Ort kauft, kann sich die Haltungsbedingungen oft selbst ansehen“, sagt Zvonek.

Ob der Brauch aus religiöser Sicht haltbar ist, ist übrigens selbst unter gläubigen Christen umstritten. Denn in der Bibel lassen sich auch Stellen wie diese aus dem Buch Jesajas finden: „Was soll ich mit euren vielen Schlachtopfern, spricht der Herr. Die Widder, die ihr als Opfer verbrennt, und das Fett eurer Rinder habe ich satt; das Blut der Stiere, der Lämmer und Böcke ist mir zuwider. (…) Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, Rauchopfer, die mir ein Gräuel sind.“ Etwas weniger blutig geht es in Sachen Ostereier zu, doch auch diese Tradition hat ihre Tücken: „Die Industrie nutzt die fehlende Kennzeichnungspflicht bei verarbeiteten Eiern und verwendet hier immer noch Käfigeier, die der Verbraucher schon lange ablehnt“, sagt Dr. Müller. Weil verarbeitete Eier nicht der gewohnten Kennzeichnungspflicht für die Haltungsform unterliegen, schlummert unter der farbenfrohen Schale oft immenses Tierleid. „Wer sichergehen will, sollte Eier mit dem Tierschutzlabel ‚Für mehr Tierschutz‘ des Deutschen Tierschutzbundes oder Bio-Eier kaufen und diese selbst kochen und färben“, rät Dr. Müller.

Grausamer Trend: Überwiegend in Südostasien werden Küken mit Farbe übergossen oder sie wird ins Ei injiziert, damit die Tiere als Spielzeug oder Deko-Objekt herhalten.

Grausamer Trend: Überwiegend in Südostasien werden Küken mit Farbe übergossen oder sie wird ins Ei injiziert, damit die Tiere als Spielzeug oder Deko-Objekt herhalten.

Brutaler Ostertrend

Doch nicht nur Eier, auch Küken sind Teil eines besonders perfiden Trends, der sich gerade aus Asien über die Türkei bis nach Europa ausbreitet und auch in den USA bereits Anhänger hat. Dort werden Küken eingefärbt und als Dekoration und Spielzeug verkauft. Eine in Florida ansässige Tierschutzorganisation kritisierte schon mehrfach, dass die örtlichen Tierheime nach Ostern mit bunten Küken geflutet würden. Damit ihr Gefieder pink, blau oder grün leuchtet, wird Farbe in das noch unbebrütete Ei gespritzt – oder die Tiere werden schlicht damit übergossen. „Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie das für die Tiere ist“, so Dr. Müller. Dass der Trend nach Deutschland kommt, hält sie aber für unwahrscheinlich.

Zu guter Letzt ist da noch die Sache mit dem Osterfeuer. Igel, Kröten, Mäuse und Vögel nutzen die großen Holzstapel gerne als Nist- und Rückzugsort – vor allem, wenn sie wochenlang herumliegen. Deswegen sollten die Stapel erst unmittelbar vor dem Anzünden errichtet oder zumindest noch einmal umgeschichtet werden, um den Kleintieren die Flucht zu ermöglichen.

Weiterführende Informationen

  • Hier haben wir für Sie Verbrauchertipps für Eier, Fleisch und Co. zusammengestellt. Außerdem finden Sie hier ein Rezept für einen veganen Osterzopf und weitere Hintergrundinformationen zum Thema Ostern.
    www.tierschutzbund.de/ostern

Bildrechte: Artikelheader: Edenwithin - Fotolia; Floydine - Fotolia, Checkliste: Deutscher Tierschutzbund e.V., Artikelbild "Eier": Stockfotos-MG - Fotolia, Artikelbild "Lämmer": Peter Chadwick 2014 - Fotolia, Artikelbild "Bunte Küken": picture alliance / Frank Rumpenhorst